16 Sep

Maitz-Wohnprojekt: Genossen gesucht

Informationsabend: Bauherrin erklärt, welche Voraussetzungen Interessierte erfüllen müssen

Holzkirchen – Die Idee, auf zwei kommunalen Grundstücken an der Maitz genossenschaftlichen Wohnungsbau zu realisieren, wird konkret. Bei einem Informationsabend am Mittwoch im Rathaus haben die Projektgruppe „GeMaitzam“, die Münchner Genossenschaft „VielLeben“, unter deren Dach die Projektgruppe geschlüpft ist (wir berichteten) sowie Bürgermeister Christoph Schmid (CSU) die Modalitäten erklärt. Hier die wichtigsten Fragen der Bürger:

Wie viele Wohnungen sind noch frei?

Zehn von insgesamt 17 geplanten Wohnungen zwischen 30 und 110 Quadratmetern. Wie berichtet, sind die Grundrisse flexibel: Je nach Lebenssituation lassen sich Zimmer zuschalten oder abstoßen. Atmendes Wohnen nennt man das.

Muss ich als Genosse Holzkirchner sein?

Nein. Die Gemeinde, die das Vorhaben über einen günstigen Erbpachtzins in Höhe von 0,6 Prozent des Verkehrswerts des Grunds subventioniert, hatte sich zwar ausbedungen, dass 50 Prozent der Genossenschaftsmitglieder Holzkirchner sind, aber diese Quote ist bereits erfüllt.

Wie werde ich Mitglied?

Indem man der Vielleben eG per E-Mail oder Post einen Steckbrief samt Foto schickt. Die Bewerber erhalten dann eine Einladung zum Online-Vorstellungsgespräch mit der Projektgruppe am 21. September. Bei gegenseitiger Sympathie kann man Mitglied werden – und erwirbt mit den Genossenschaftsanteilen ein Wohnrecht.

Was kostet das?

Zu leisten ist zunächst ein Betrag von 1700 Euro, der sich aus 1500 Euro für die mitgliedsschaftbegründenden Genossenschaftsanteile sowie 200 Euro Aufnahmegebühr zusammensetzt. Zum Erwerb der nutzungsbezogenen Geschäftsanteile brauchen künftige Genossen ein Eigenkapital von 40 Prozent der Entstehungskosten des Bauvorhabens. Das sind etwa 2000 Euro pro Quadratmeter, der dann bewohnten Wohnung. Das Eigenkapital kann kreditfinanziert werden, wie der kaufmännische Leiter der Vielleben, Raju Patel, erklärte. „Zu empfehlen ist die KfW-Bank, die über ein Programm zur Förderung genossenschaftlichen Wohnens sehr gute Konditionen gewährt.“ Die Zahlung des Eigenkapitals erfolgt in drei Tranchen, die erste wird bei Abschluss des Vorvertrags fällig, die letzte einen Monat vor Baubeginn. Wer aus der Genossenschaft später wieder austritt, bekommt den Gegenwert aller Geschäftsanteile zurück. Monatlich fällig wird ein Nutzungsentgelt – eine Art Miete. Derzeit rechnet die Vielleben mit 12 bis 15 Euro pro Quadratmeter. Den Löwenanteil des Nutzungsentgelts machen die Finanzierungskosten aus: Die Vielleben finanziert den Bau der beiden zweigeschossigen Häuser in Holz-Hybrid-Bauweise auch mit Bankkapital.

Was passiert mit meinen Anteilen, wenn ich sterbe?

Die Genossenschaftsanteile sind Teil der Erbmasse. Gibt es mehrere Erben, müssen die sich einigen, wer vom Wohnrecht profitiert – wie im Erbfall einer nicht-genossenschaftlichen Immobilie auch. Der Auswahlprozess durch die bestehenden Genossen erübrigt sich dann.

Kann ich für meine Eltern Anteile erwerben?

Ja. Den Steckbrief für den Bewerbungsprozess müssen dann die Eltern als künftige Bewohner ausfüllen. Die Genossenschaft fragt nicht, woher diese ihr Kapital nehmen.

Wie ist der Zeitplan?

Bis zum Jahreswechsel soll der Erbpachtvertrag mit der Gemeinde unterzeichnet werden und die Finanzierung stehen. Die Vielleben beginnt mit dem Bau erst dann, wenn sie für die noch freien Wohnungen Genossen gefunden hat. Sie rechnet damit, dass das Mitte 2024 der Fall sein wird. Die Bauzeit beträgt voraussichtlich eineinhalb Jahre. „Wir streben den Bezug im Jahr 2026 an“, so Vielleben-Architekt Markus Borst.

Was passiert, wenn der Erbpachtvertrag ausläuft?

Das Erbbaurecht ist auf 80 Jahre angelegt. „Das Rechtsverhältnis kann aber verlängert werden“, so Bürgermeister Schmid, dem das Projekt ein persönliches Anliegen ist und der aus seiner Berufserfahrung als Bankkaufmann mit Schwerpunkt Baufinanzierung über Expertise verfügt. Ob die Gemeinde den Pachtvertrag nach Ablauf von 80 Jahren verlängert, dazu äußerte er sich nicht: „Ich bin dann nicht mehr da.“

Interessierte

wenden sich an die Vielleben e.G., Volkartstraße 63, 80636 München. E-Mail: hallo@bzw-dorf.org, 0 89 / 4 61 33 45-10

[Merkur, 16.09.2023]

01 Aug

Zahl der Sozialwohnungen sinkt weiter

Die Zahl an Sozialwohnungen ist im vergangenen Jahr weiter gesunken. Dabei hat die Ampel-Koalition eigentlich ambitionierte Ziele. Kritik gibt es an der Umsetzung der Wohnungsbaupolitik.

Die Zahl der Sozialwohnungen in Deutschland ist im vergangenen Jahr abermals gesunken. Ende 2022 gab es bundesweit rund 1,09 Millionen solcher Wohnungen für Menschen mit kleinen Einkommen – rund 14.000 weniger als ein Jahr zuvor. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Frage der Bundestagsfraktion der Linken hervor, die der Nachrichtenagentur dpa vorliegt.

Trotz des Neubaus von 22.545 Sozialwohnungen im vergangenen Jahr ergebe sich demzufolge eine negative Bilanz, da rund 36.500 Preisbindungen 2022 ausliefen, so die Wohnungspolitik-Expertin der Linken, Caren Lay. Sie hatte die Anfrage gestellt. Die Bundesregierung hatte angekündigt, jedes Jahr für 100.000 neue Sozialwohnungen zu sorgen.

[…]

https://www.tagesschau.de/wirtschaft/wohnungsbau-zahl-der-sozialwohnungen-sinkt-100.html

[Tagesschau, 01.08.2023]

17 Jul

Holzkirchen: Baulücke auf Postbräu-Areal schließt sich

Zwei Häuser stehen schon, bald schließt sich auch die letzte Baulücke auf dem Postbräu-Areal: Der Holzkirchner Bauausschuss hat sich jüngst mit dem Antrag für den zweiten Bauabschnitt befasst. 23 weitere Wohnungen sind geplant.

Holzkirchen – Noch stehen Bauzäune auf dem Areal zwischen Marktplatz und Steindl-Allee. Doch dahinter sind bereits die nahezu fertiggestellten Neubauten sowie die Tiefgarage zu sehen. Auch die Vermarktung der insgesamt 28 Wohnungen mit Flächen von 36 bis 167 Quadratmetern läuft bereits. Die stolzen Preise – eine Zwei-Zimmer-Wohnung mit 65 Quadratmetern im Erdgeschoss kostet 1110 Euro Kaltmiete – scheint die Bürger nicht abzuschrecken: Zehn Wohnungen sind bereits vergeben, wie der Homepage zum „Postbräu-Quartier“ zu entnehmen ist.

Demnächst kommen weitere 23 dazu: Der Bauwerber hat einen Antrag auf Vorbescheid für die Errichtung eines weiteren Mehrfamilienhauses sowie für den Anbau eines Wohn- und Geschäftshauses an den Gasthof Alte Post eingereicht. Außerdem ist eine zweite Tiefgarage mit Ein- und Ausfahrt an der Tegernseer Straße geplant.

Das Mehrfamilienhaus mit 21 Wohnungen auf drei Geschossen und einem Dachgeschoss soll nördlich von den bereits fertigen Neubauten errichtet werden. Der Anbau an den bestehenden gastronomischen Betrieb umfasst zwei Wohneinheiten, eine im dritten und eine im vierten Obergeschoss, Büros und im Erdgeschoss eine Gewerbeeinheit. Außerdem ist eine Nutzung des Anbaus als Schank- und Speisewirtschaft sowie als Beherbergungsbetrieb geplant. Das Pultdach des Anbaus nimmt die Dachneigung des bestehenden Gebäudes auf, sodass ein symmetrisches Satteldach entsteht, das beide Gebäudeteile zu überspannen scheint.

Der Bauausschuss stimmte auf Empfehlung der Verwaltung den für das Vorhaben erforderlichen Befreiungen vom Bebauungsplan im Wesentlichen zu. Wolfgang Huber (SPD) und Martin Taubenberger (FWG) dagegen verweigerten ihre Zustimmung. Nicht, weil sie ein Problem mit der Sache an sich hatten, zum Beispiel ging es um Dachgauben, sondern aufgrund der Vorgeschichte des Projekts: „Ich sage Nein, weil keine Bereitschaft des Bauwerbers vorliegt, den innerörtlichen Verkehr zu entlasten“, betonte Huber. Auch Taubenberger zürnte noch: „Nicht einmal ein Radweg zwischen Thanner Straße und Tegernseer Straße war möglich.“ Wie berichtet, hatte sich die Gemeinde im Zuge der Erschließung des Areals vor einigen Jahren eine Querverbindung zwischen Thanner Straße und Tegernseer Straße gewünscht, doch die Gespräche mit den Grundbesitzern brachten keine Einigung in dieser Frage.

Robert Wiechmann (Grüne) kritisierte die Haltung Hubers und Taubenbergers: „Das ist Sandkastenlogik: Weil du mir dein Förmchen nicht gegeben hast, bin ich jetzt nicht nett zu dir.“

Bürgermeister Christoph Schmid (CSU) erklärte, dass es sich bei den gewünschten Ausnahmen vom Bebauungsplan um minimale Abweichungen handele: „Das sind Petitessen.“ Es sei ein gutes Zeichen, dass der Bauwerber schon in seinem Antrag auf Vorbescheid konkrete Fragen nach der Zulässigkeit stelle. „Das beweist Sensibilität für das Thema.“

Lediglich der gewünschten Neigung der Tiefgaragenrampe stimmte der Bauausschuss nicht zu, da er sie insbesondere für Radler als zu steil erachtet. Sie überschreitet die in Holzkirchen zulässige Rampenneigung von 15 Prozent um drei Prozent.

[Merkur, 17.07.2023]

14 Jun

Senioren haben viel mehr Wohnraum als Jüngere

Senioren in Deutschland haben am meisten Platz: Im Schnitt verfügen sie über fast 70 Quadratmeter Wohnraum. Jüngere haben deutlich weniger Wohnraum zu Verfügung – am wenigsten Platz haben die 25- bis 44-Jährigen.

Senioren haben in Deutschland deutlich mehr Wohnraum zur Verfügung als jüngere Generationen. Haushalte, in denen die Haupteinkommensbezieher mindestens 65 Jahre alt waren, nutzten im vergangenen Jahr pro Person durchschnittlich 68,5 Quadratmeter Wohnfläche, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Bei den 45- bis 64-Jährigen waren es demnach 54,8 Quadratmeter. 25- bis 44-Jährige hatten mit 44,7 Quadratmetern am wenigsten Wohnfläche pro Person zur Verfügung, bei den unter 25-Jährigen waren es im Schnitt 45,4 Quadratmeter.

„Neben der Größe des Haushalts wirken sich auch das jeweilige Einzugsjahr sowie die Frage, ob es sich um Wohneigentum handelt, auf den zur Verfügung stehenden Wohnraum aus“, sagte der Experte für den Bereich Wohnen beim Statistischen Bundesamt, Daniel Zimmermann. „Ältere Menschen leben in sechs von zehn Fällen bereits länger als 20 Jahre in ihrer Wohnung und besonders häufig auch allein – unter anderem deshalb steht dieser Gruppe pro Kopf auch durchschnittlich die größte Wohnfläche zur Verfügung.“

Je weniger Personen, desto mehr Fläche

Wegen der vor allem in den Großstädten vorhandenen Wohnungsnot hat es zuletzt aus der Politik Vorschläge gegeben, eine neue Option auf Wohnungstausch von Senioren und jungen Familien im Mietrecht zu verankern. Dies wird beispielsweise von der Linkspartei und dem Deutschen Mieterbund gefordert.

Die verfügbare Fläche pro Kopf wird dem Statistikamt zufolge umso größer, je weniger Personen in einem Haushalt leben. Alleinlebende, die gut 39 Prozent aller Haushalte in Deutschland ausmachen, haben im Schnitt 73,4 Quadratmeter zur Verfügung. Dagegen beträgt die Pro-Kopf-Wohnfläche in Haushalten mit mindestens vier Personen lediglich 29,9 Quadratmeter.

Menschen ab 65 Jahren leben nicht nur besonders häufig allein, sie haben unter den Alleinlebenden auch im Schnitt den größten Wohnraum zur Verfügung: pro Kopf 83,0 Quadratmeter. Gut ein Viertel (27 Prozent) der Alleinlebenden in der Altersgruppe 65 plus wohnten auf mindestens 100 Quadratmetern. Zum Vergleich: In der Altersgruppe der 45- bis 64-Jährigen waren es lediglich 19 Prozent.

https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/senioren-wohnraum-100.html

[Tagesschau, 14.06.2023]

26 Mai

Bürgerversammlung: Fernwärme im Fokus

Redemarathon bei der Bürgerversammlung: Mehr als drei Stunden hat Holzkirchens Bürgermeister am Donnerstagabend referiert und 20 Anfragen beantwortet. Im Zentrum des Interesses: der Ausbau des Fernwärmenetzes.

Holzkirchen – Bürgermeister Christoph Schmid (CSU) räuspert sich, schenkt sich Ingwertee aus seiner Thermoskanne nach – ein Catering gibt es wegen Fachkräftemangels in der Gastronomie nicht an diesem Abend im Oberbräu-Festsaal – und legt wieder los. Kommunale Bauvorhaben, Energie- und Umweltthemen, Ortsentwicklung, Sport und Freizeit. Keine fünf Minuten Pause gönnt er sich nach seinem eineinhalbstündigen Referat, bevor er sich Anträgen und Anfragen widmet – sonst hätte sich die Versammlung wohl bis Mitternacht gezogen. Hier die wichtigsten Themen:

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Maitz

Die Projektgruppe „geMaitzam Wohnen“, die an der Maitz bezahlbaren Wohnraum schaffen wollte, das aber wegen Finanzierungsschwierigkeiten nicht weiterverfolgte (wir berichteten), hat sich mit einer bestehenden Wohnbaugenossenschaft zusammengeschlossen. Diese treibt das Vorhaben nun voran. Um welche Wohnbaugenossenschaft es sich handelt, will Schmid noch nicht sagen. Er ist zuversichtlich, dass ihr die Realisierung trotz schlechter Rahmenbedingungen gelingt. „Sie hat im Gegensatz zur Projektgruppe langjährige Erfahrung bei der Realisierung solcher Vorhaben.“ Anfang 2024 will die Genossenschaft ihren Entwurf präsentieren, der sich laut Schmid nicht wesentlich von dem der Projektgruppe unterscheidet. Wenngleich er kostengünstiger sein dürfte: „Die Wohnbaugenossenschaft weiß, dass nicht jeder Wunsch berücksichtigt werden kann, wenn man günstig wohnen will.“

Caritas-Hort

Sanierung und Aufstockung des Caritas-Kinderhortes an der Frühlingstraße 6 werden zurückgestellt. „Aktuell sind wir leider gezwungen, beim Haushalt selektiver vorzugehen“, sagt Schmid. Ende 2022 hatte der Gemeinderat beschlossen, das Gebäude im Zuge einer Sanierung aufzustocken, um Dienstwohnungen zu schaffen.

[…]

Wohnen Tölzer Straße

Für das Bauvorhaben „Wohnen zwischen Tölzer Straße und Baumgartenstraße wird ein neues Verkehrsgutachten erstellt. Das alte datiert auf 2019, ist also vor dem Bürgerentscheid zu Umgehungsstraßen erstellt worden. Wie berichtet, fürchten Anwohner einen Verkehrskollaps, wenn dort wie geplant rund 200 Wohnungen und mehr als 300 Tiefgaragenplätze entstehen.

[Merkur, 26.05.2023]

13 Mai

Neues Quartier an Baumgarten-/Tölzer Straße: Droht Verkehrskollaps?

Mehr als 200 Wohnungen, eine Kita und ein Supermarkt: Zwischen Tölzer Straße und Baumgartenstraße soll eines der größten Wohnbauprojekte Holzkirchens entstehen. Jetzt ist die Bauleitplanung auf der Zielgeraden.

Holzkirchen – Bürgermeister Christoph Schmid (CSU) rechnet damit, dass die Bauleitplanung Ende des Jahres beziehungsweise Anfang 2024 abgeschlossen ist. Dann ist das Areal baureif, und es steht fest, was die sechs Eigentümer des fast vier Hektar großen Areals bauen dürfen. Ursprünglich war ein Baubeginn 2021 avisiert, doch die Gespräche mit den Grundbesitzern zogen sich bis jetzt.

Wann die Bauarbeiten beginnen, ist indes noch unklar: „Das hängt von den privaten Grundbesitzern ab, denen ich nicht vorgreifen kann“, sagt Schmid. Es sei dann an ihnen, einen Bauantrag zu stellen. In der Vergangenheit sei das sehr flott gegangen. Derzeit komme es aber aufgrund hoher Zinsen und Baukosten zu Kalkulations- und Vertriebsschwierigkeiten, weshalb eine Prognose zum Bauantragsverfahren schwierig sei. Auch die Marktgemeinde selbst hat sich Grund auf dem Areal gesichert. Schmid geht davon aus, dass die Eigentümer die zulässige Wohnungszahl – insgesamt sind 230 als Richtwert geplant – tatsächlich ausschöpfen, nicht zuletzt, weil Boden teuer sei.

Die Dimension des neuen Ortsteils stößt manchen Anliegern sauer auf. Vor allem die Zahl von 330 Tiefgaragenplätzen – sowie zahlreiche weitere Parkplätze an der Oberfläche – alarmiert sie: „Durch die massive Bebauung ist ein Verkehrskollaps Richtung Ortsmitte und Oskar-von-Miller-Platz zu erwarten“, heißt es in einer Stellungnahme, die der Redaktion vorliegt. Noch bis 25. Mai hat die Öffentlichkeit die Möglichkeit zum Bebauungsplan Nummer 150 Stellung zu nehmen und Einwände vorzubringen.

Schon jetzt komme es zu bestimmten Tageszeiten auf der Tölzer Straße und der Baumgartenstraße zu Staus – mit negativen Folgen wie Lärm und Luftverschmutzung. „Gibt es Planungen, wie man das lösen möchte?“, heißt es in dem Schreiben. Letztlich, so die Befürchtung, könnten auch Roggersdorfer Straße und Haidstraße verstopfen, weil anzunehmen sei, dass diese als Umgehung des Nadelöhrs Oskar-von-Miller-Platz genutzt würden. Dann müsse über den Bau eines Radwegs an der Roggersdorfer Straße nachgedacht werden, um Gefahren für Radler zu minimieren. Obendrein: Mehrung von Wohnungen in den Mehrfamilienhäusern ebenfalls an der Baumgartenstraße.

Schmid betont: „Wir nehmen die Einwände sehr ernst.“ Man werte alle Anregungen und Stellungnahmen aus und wäge sie ab. „Wir schauen auch, ob Einwände kommen, an die wir selbst nicht gedacht haben“, so Schmid. Er kann die Befürchtungen der Nachbarn des neuen Ortsteils nachvollziehen: „Die Sorgen sind berechtigt“, sagt er. Schon jetzt gebe es zu Stoßzeiten Verkehrsprobleme. „Vor allem bei Ausflugswetter nutzen auch Tagestouristen aus München die Baumgartenstraße gern als Alternative zur Tölzer Straße.“

Dennoch ist Schmid zuversichtlich, dass es nicht so schlimm kommt, wie Anwohner befürchten. „Die Idee ist ja, dieses Gebiet autark zu gestalten.“ Durch Kita (acht Gruppen sind in dem Bau an der Tölzer Straße geplant) und einen Nahversorger entstehe eine Gebiet der kurzen Wege.

Ob das Verkehrsgutachten des Büros Kaulen aus dem Jahr 2019 jetzt – nach dem Aus zu Umgehungsstraßen per Bürgerentscheid – überhaupt noch aussagekräftig ist, vermag Schmid aktuell nicht zu beantworten.

Wie berichtet, hatte sich beim städtebaulichen Wettbewerb 2019 ein Entwurf durchgesetzt, der sich in zwei Abschnitten realisieren lässt. Im ersten ist der Bau von 140 Wohnungen vorgesehen. Im zweiten könnten 90 weitere dazukommen, allerdings erst, wenn die Landwirtschaft im Norden des Areals nicht mehr betrieben wird. Vorgesehen sind mehrere Baukörper – darunter vier Wohnhöfe – um einen Grünanger mit Streuobstwiese herum.

Die Tiefgarage soll laut Plan über fünf Zufahrten erschlossen werden: Zwei an der Baumgartenstraße, zwei an der Holzstraße und eine an der Tölzer Straße. An der Tölzer Straße sind außerdem eine oder zwei Linksabbiegespuren zur Erschließung des Areals geplant. Zwar könne die Tölzer Straße ersten Berechnungen zufolge mehr als die aktuell 13 700 Fahrzeuge täglich verkraften, die Ausfahrt aus der Tiefgarage sei jedoch kritisch, heißt es in den Unterlagen, die derzeit im Bauamt ausliegen. Hier sei in der Spitzenstunde mit Rückstaus zu rechnen.

[Merkur, 13.05.2023]

07 Mai

Genossen in Finanznot

Genossenschaften galten lange als letztes Bollwerk gegen die absurd hohen Mieten in der Stadt. Jetzt machen die Kostensteigerungen im Bau auch ihnen zu schaffen. Neue Projekte stehen auf der Kippe und Bestandsmieter müssen tiefer in die Tasche greifen.

Die allgemeine Kostensteigerung – unter anderem wegen des Ukraine-Krieges – schläft auch bei den Genossenschaften voll durch. Zusätzlich dürfte die Zinsentwicklung nicht spurlos an den Genossen vorbeigehen. Mehrere der sozialen Bauträger erhöhen deshalb ihre Mieten. Sowohl Wogeno als auch Wagnis und die Wohnungsgenossenschaft München West kündigen Preissteigerungen an. „Es wird Zähneknirschen geben“, sagt Thomas Kremer, Vorstand der Wogene, „die Belastungen sind groß. In der Massivität, wie wir jetzt erhöhen, ist das außer der Reihe.“

Wie stark genau die Mietpreise steigen, erfahren die Wogeno-Mitglieder heute in einer Online-Konferenz. In einem Schreiben kündigt die Genossenschaft an: „Die stark gestiegenen Energie- und Baukosten, die immer noch steigenden Zinsen und Verbraucherpreise und Lohnerhöhungen setzen uns unter Druck. Daher sehen wir uns gezwungen, die Nutzungsgebühren im Bestand in den nächsten Monaten anzupassen.“

Bei Wagnis bezahlen die Bewohner der Projekte Wagnis Art, Wagnis 3 und Wagnis 4 bald mehr als bei ihrem Einzug, wobei es vor allem die Mieter von frei finanzierten Wohnungen trifft. Sie haben es künftig mit 14,30 Euro pro Quadratmeter zu tun (aktuell: 13 Euro). Das liegt zwar immer noch spürbar unter dem Marktdurchschnitt, aber die Werte nähern sich an.

Auch die Wohnungsgenossenschaft München West erhöht stärker als sonst. „Bei uns steigen die Mieten turnusmäßig alle zwei Jahre“, sagt Vorstand Thomas Schimmel, „diese Erhöhung hat letztes Jahr schon sechs Prozent betragen statt vier wie noch 2020.“ Das allerdings von einem niedrigen Sockel aus – bei der München West liegt der Preis im Schnitt noch bei 6,80 Euro.

„Das Hauptproblem sind die Zinsen“, sagt Natalie Schaller, Leiterin der städtischen Mitbauzentrale. „Gerade jüngere Wohnungsgenossenschaften stemmen Projekte nicht aus Eigenkapital, weil sie ihre Grundstücke nicht beleihen können. Inzwischen zahlt man für Darlehen aber drei Mal so viel wie vor einem Jahr.“ Was für die Zinsen anfällt, fehlt dann bei Betrieb und Instandhaltung der Bestandsbauten, die ebenfalls teurer werden – weshalb die Mieter einspringen müssen.

Die Genossenschaften erhöhen aber nicht nur die Mieten: Sie bauen auch nicht mehr. Obwohl man die Ausschreibungen lange erwartet hatte, bewarben sich 2022 zum Beispiel weder Wogeno noch Wagnis noch München West um ein Grundstück im Neubaugebiet Neufreimann. Eine dichte Bebauung mit Hochhäusern und Einzelhandel bedeute ein zu hohes Kostenrisiko. Zwar hat die Stadt im Februar ein Hilfspaket über 270 Millionen Euro für laufende Bauprojekte mit Niedrigmieten beschlossen. Dieses kam aber für viele Genossenschaften, die in Neufreimann oder auch im Kreativquartier an der Dachauer Straße gern zugeschlagen hätten, zu spät. Und: „Die Anstrengungen der Stadt sind anerkennenswert“, sagt Vorstand Kremer, „aber wir brauen gerade mit Anstrengung ein Projekt in Freiham fertig. Alles Weitere können wir uns in den nächsten Jahren nicht leisten.“

[Merkur, 07.05.2023]

20 Apr

Weg vom Markt

Von Bernd Kastner

Der Markt macht’s, aber er macht es nicht gut. Millionen Menschen in Deutschland tun sich schwer, das Grundbedürfnis Wohnen zu erfüllen. Sie kriegen, was übrig ist, eine kleine Bleibe mit undichten Fenstern an einer lauten Straße – und oft ist die auch zu teuer. Gut drei Millionen Haushalte müssen von ihrem Einkommen 40 Prozent oder mehr für Miete ausgeben, hat das Statistische Bundesamt errechnet. Da reicht es Familien dann oft nicht mehr für gesundes Essen, für einen Wochenendausflug mit den Kindern oder Schulmaterial. In München stieg der Mietspiegel binnen zwei Jahren um 21 Prozent. Studierende haben zu kämpfen: In Berlin etwa schnellte der Preis für ein WG-Zimmer in eineinhalb Jahren um fast ein Drittel nach oben, auf durchschnittlich 640 Euro.

Als technische Aufgabe wird Wohnen derzeit auf der Baumesse in München behandelt. Bevor Architekten und Installateurinnen smarte Häuser schaffen, müssen Politikerinnen und Politiker ihre Arbeit gut machen, eben weil die soziale Dimension des Wohnens so groß ist und damit auch die politische. Je größer der Unterschied zwischen denen in den komfortablen Wohnungen und jenen am Rand wird, desto instabiler wird eine Gesellschaft, desto mehr Einfluss gewinnen extreme politische Kräfte. Die AfD freut sich.

Die Lösung? Bauen, bauen, bauen? Das ist eine Scheinlösung, nicht nur aus ökologischen Gründen. Irgendwann ist keine Wiese mehr frei. Dann sinkt der Preis vielleicht tatsächlich, aber deshalb, weil selbst München als Betonwüste unattraktiv wäre. Man kann weiter an gesetzlichen Möglichkeiten drehen, versuchen, die Preise zu bremsen, die Modernisierungsumlage beschränken. Alles richtig, aber der Trend zur voneinander getrennten Wohngesellschaft stoppt das nicht.

Eine einfache Universallösung gibt es nicht. Aber es ist Zeit, dass Bund, Länder und Kommunen Werkzeuge mit größerer Wirkung einsetzen. Dafür müssen sie nichts neues erfinden, es gibt solche Werkzeuge, an ihnen können sich sogar liberale Marktfreunde erfreuen, weil sie die Eigeninitiative und -verantwortung der Bürger stärken – Baugenossenschaften.

Alter Hut? Ja, genau. Aus dem 19. Jahrhundert stammt das Konzept, heute kommt es mal bieder daher, mal hip, aber es wird für sehr gut befunden. Mieter sind ihre eigenen Vermieter, das Unternehmen gehört seinen Mitgliedern. Nicht umsonst werden alle, die eine Genossenschaftswohnung ergattern, von jenen beneidet, die 20 Euro Miete für den Quadratmeter zahlen. In Genossenschaften hingegen bleiben die Kosten dauerhaft moderat.

Es gibt ein weiteres Modell, das nach dem Prinzip der Eigenverantwortung funktioniert: das Mietshäusersyndikat. Entstanden ist es in den 80er-Jahren in der Freiburger Hausbesetzerszene, längst ist es im Bürgertum angekommen. Knapp 200 Projekte gibt es bundesweit, ihr Motto: „Die Häuser denen, die drin wohnen.“

Das Interesse an Genossenschaften und Syndikaten wächst. Aber auch diese Projekte leiden unter steigenden Grundstücks-, Bau- und Kreditkosten, sie müssen Preise erhöhen und sogar Bauvorhaben absagen. Dem gilt es gegenzusteuern: Die öffentliche Hand sollte diese Selbsthilfeorganisationen viel stärker als bisher unterstützen, sodass sie auch Bestandshäuser kaufen können. Bloß, mit welchem Geld soll der Staat helfen?

Da gibt es Möglichkeiten. Eine wäre, die Spekulationsgewinne drastisch zu reduzieren. Derzeit verdienen Investoren in begehrten Lagen viel, viel Geld, da die Bodenpreise enorm steigen, ganz egal, was sie mit ihren Grundstücken machen. Der Staat sollte diese Gewinne weitgehend abschöpfen. Das würde heftige Debatten auslösen, es ist ein Eingriff ins Eigentum. Aber es gibt kein Grundrecht auf maßlosen Profit.

Die Wertsteigerung des Bodens ist der Leistung der Allgemeinheit zu verdanken. Wenn eine Kommune gute Infrastruktur schafft, profitieren davon bisher vor allem private Investoren. Dieser leistungslose Gewinn sollte nicht ganz abgeschafft, aber doch stark beschränkt werden. So würden nicht nur Spekulation und Wohnkosten gebremst. Mit dem Geld könnte die öffentliche Hand Flächen und Häuser von Privaten kaufen und sie günstig an gemeinwohlorientierte Akteure weiterreichen.

Etwa fünf Millionen Menschen leben in Häuser der 2000 Wohnbaugenossenschaften in Deutschland. Einkommen, Status und Herkunft der Bewohner spielen eine geringere Rolle als üblich. Diese Solidaritätsunternehmen sind zugleich zivilgesellschaftliche Akteure. Natürlich ist auch in deren Hausgemeinschaften nicht alles perfekt, aber oft beleben sie mit ihrem Engagement das sie umgebende Quartier. Diese Initiativen massiv zu fördern, das wäre eine wirksame Antwort des Staates auf die soziale Frage dieser Zeit.

[Süddeutsche Zeitung, 20.04.2023]

31 Mrz

Neue Wohnungen für rund 100 Holzkirchner

Landhandel Sperl schließt spätestens Ende Juni – An Erlkamer Straße sollen fünf Mehrfamilienhäuser entstehen

Wohnungen statt Saatgut und Futtermittel: Auf dem Areal von Landhandel Sperl an der Erlkamer Straße in Holzkirchen soll ein Neubaugebiet entstehen. Der Bauausschuss hat in seiner jüngsten Sitzung dem Antrag auf Vorbescheid für den Neubau von fünf Mehrfamilienhäusern mit gemeinsamer Tiefgarage sein Einvernehmen erteilt.

Hintergrund ist, dass der Inhaber des landwirtschaftlichen Großhandels, Ludwig Schaal, das Geschäft spätestens Ende Juni aufgibt. „Aus gesundheitlichen Gründen“, wie der 57-jährige auf Nachfrage mitteilte. Sein Großonkel Englhard Sperl hatte den Landhandel 1921 gegründet. Einen Nachfolger gibt es nicht.

Wann die fünf Mehrfamilienhäuser gebaut werden und wer sie baut, ist noch unklar. Sobald der Vorbescheid erteilt ist, hat der aktuelle Eigentümer des Areals – oder auch ein Kaufinteressent – aber eine gewisse Planungssicherheit. Er weiß dann, dass der Neubau von fünf Mehrfamilienhäusern grundsätzlich zulässig ist. Baurecht besteht ohnehin auf dem als Mischgebiet definierten Gelände. Auch die erlaubten Dimensionen sind dann klar. Laut Antrag sind vier der Häuser mit Flachdach, eines mit Satteldach geplant. Die beiden größten Gebäude haben demnach eine Wandhöhe von knapp zwölf Metern.

Wie Bürgermeister Christoph Schmid (CSU) auf Nachfrage erklärte, könnten in den Häusern 40 bis 50 Wohnungen entstehen, in denen etwa 100 Menschen leben könnten. Wie viele Stellplätze eingeplant werden müssen, hängt vom Mobilitätskonzept ab, das die Gemeinde vom Bauwerber erwartet. Bietet er Alternativen wie Carsharing an, kann er die Zahl der Stellplätze deutlich reduzieren.

Dass die Marktgemeinde die fünf Mehrfamilienhäuser selbst hochzieht, schließt Schmid aus: „Die Kommune ist in aller Regel nicht der beste Bauherr. Wir wollen aber mit unserer Bauplanungshoheit Einfluss nehmen, dass hier etwas Gutes entsteht“, so der Bürgermeister. Die im Antrag skizzierten Neubauten passen laut Schmid zur Entwicklung des Bahnhofareals. Die Gemeinde wünscht sich hier außerdem einen Nahversorger, damit die Ostseite des Bahnhofs versorgt ist.

Martin Taubenberger (FWG) bedauerte das Aus von Landhandel Sperl: „Landwirte haben dann keine Möglichkeit mehr, in Holzkirchen einzukaufen.“

[Merkur, 31.03.2023]

15 Feb

Wir steuern auf eine große Wohnungsnot zu

München – Mit 30 000 Wohnungen zählt die aus der GBW hervorgegangene Dawonia zu den größten Wohnungsunternehmen in München und Süddeutschland. Trotz Wohnungsmangels könnte das Unternehmen aber bald Neubauprojekte auf Eis legen, wie Dawonia-Chef Claus Lehner erläutert.

Am Wohnungsmarkt sieht es düster aus: Die Regierung hat ihr Neubauziel von 400 000 Wohnungen im Jahr krachend verfehlt, die Baugenehmigungen sinken weiter. Investiert die Dawonia überhaupt noch in neue Gebäude?
Wir haben aktuell 44 Baustellen, alle in Bayern. Seit wir vor zehn Jahren von der Bayerischen Landesbank verkauft worden sind, haben wir 3600 Wohnungen gebaut, das sind im Schnitt 360 im Jahr – übrigens das Drei- bis Vierfache wie zu Zeiten, als unser Eigentümer die BayernLB war.

Sie bauen kräftig weiter?
Leider nicht. Mit unseren 44 Baustellen befinden wir uns aktuell auf einem Höhepunkt. Das wird in Zukunft nicht mehr so weitergehen können. Wegen gestiegener Zinsen, vieler neuer Belastungen und höherer Baukosten überprüfen wir gerade jedes geplante Neubauprojekt.

Deutschlands größter Wohnkonzern Vonovia hat angekündigt, in diesem Jahr gar keine Neubauprojekte mehr starten zu wollen. Haben Sie Ihre Vorhaben auch alle verschoben?
Nein, noch nicht. Denn gleichzeitig sehen wir eine hohe Nachfrage nach Wohnraum.

Wie zeigt sich das?
Ein Beispiel: Wir hatten Ende Januar eine Besichtigung für eine Musterwohnung in München, es kamen 500 Interessenten – an einem Tag wohlgemerkt. Das ist selbst für München viel. Es ging um ein Bauprojekt mit 250 Wohnungen, ein Drittel davon gefördert. Selbst wir waren überrascht von dem großen Interesse.

Steuern wir auf eine große Wohnungsnot zu?
So hart das klingt: ja, leider. Ich erwarte, dass in den kommenden Jahren trotz der hohen Nachfrage noch weniger neue Wohnungen gebaut werden. Die Zahl dürfte bei unter 200 000 im Jahr liegen.

Woran liegt das?
Zum einen an den gestiegenen Zinsen: Wir hatten vergangenes Jahr in drei Quartalen Zinserhöhungen insgesamt in Höhe von drei Prozentpunkten – das ist in der Geschichte der Bundesrepublik einmalig. Aber der Staat trägt ebenfalls wesentlich dazu bei, dass Bauen zu teuer wird.

Was spricht noch gegen den Neubau?
Die hohen Baukosten. Immer häufiger steigen während der Bauphase die Preise. Handwerker sagen mir auf der Baustelle, ich müsse jetzt zehn, zwanzig Prozent mehr für Material bezahlen, ansonsten sei ihr Betrieb gefährdet.

Verlieren Investitionen in Immobilien auch wegen der Mietpreisbremsen an Attraktivität?
Natürlich. Eine Mietpreisbremse erschwert eine Investition in Immobilien, das ist einfach so. Und das Problem ist nicht nur die Mietpreisbremse: Die Regulatorik insgesamt hat das Bauen verteuert.

Haben Sie ein Beispiel?
Allein die Anhebung der Grunderwerbsteuer in fast allen Bundesländern auf 6,5 Prozent hat zu deutlich höheren Kosten geführt. Bayern hat das zum Glück nicht getan. Und jetzt kommen wir zum eigentlichen Problem: Man hat vor allem im Bund in den vergangenen Jahren immer so getan, als ob wir ewig Boom hätten. In dieser Zeit fiel es kaum auf, dass die Auflagen für Bauherren weiter verschärft wurden, eine Mietpreisbremse eingeführt wurde und Berlin sogar einen Mietpreisdeckel erhielt. Das hat in Berlin aber dazu geführt, dass der Markt zusammengebrochen ist und die Wohnungsnot verschärft wurde. Glücklicherweise ist das Experiment dann von Karlsruhe gekippt worden.

Das heißt, Wohnungsgesellschaften sind auf hohe Mieten angewiesen?
Eine einfache Rechnung: Wenn wir aktuell bauen wollen, kostet uns das etwa 4500 Euro pro Quadratmeter. Da sind sämtliche Kosten, also auch für Architekt und Planung, miteingerechnet. Hinzu kommen die Grundstückskosten: Im Speckgürtel von München sind das über den Daumen gepeilt etwa 1500 Euro pro Quadratmeter. In Summe macht das etwa 6000 Euro pro Quadratmeter. Wenn ich hier eine Rendite von nur drei Prozent erzielen will, was weit unter der heutigen Inflation und unter den Kreditzinsen liegt, müsste die Miete bei mindestens 15 Euro liegen.

Und in München?
Hier kostet der Quadratmeter Grundstück mindestens 2500 Euro, wenn es gut läuft. Da kommt man dann auf 18 Euro Miete pro Quadratmeter. Für den Großteil der Bevölkerung ist das nicht mehr bezahlbar. Das zeigt das ganze Dilemma des überregulierten Bauens und des Marktes.

Der Engpass bei Mietwohnungen wird noch größer?
Ja, leider, genauso ist es. Hinzu kommt der Bevölkerungszuwachs. Vor zehn Jahren gingen wir von einer Schrumpfung auf unter 80 Millionen aus, jetzt gehen wir wegen der Zuwanderung in Richtung 85 Millionen. Dies macht den Markt zusätzlich eng.

Welche Rolle spielt die Migration bei sozial gefördertem Wohnraum?
Zwischen Juni und Dezember 2022 haben wir eine Million Mitbürger dazubekommen. Grob gerechnet heißt das, dass wir hierdurch einen zusätzlichen Bedarf von einer halben Million vor allem geförderter Wohnungen haben. Allein in Bayern fehlen dadurch 50 000 geförderte Wohnungen.

Der Freistaat wollte bis 2025 über die BayernHeim 10 000 neue Wohnungen bauen, jetzt sind gerade einmal 682 realisiert. Ist das nicht ein Armutszeugnis?
Eine Wohnungsbaugesellschaft ist ein langsames Schiff. Als die BayernHeim gegründet wurde, fand ich die Idee sehr gut. Aber das Ziel von 10 000 Wohnungen in kurzer Frist klang schon damals sehr ambitioniert. Die BayernHeim wird irgendwann Schlagkraft haben, aber eben nicht in drei, vier Jahren sondern in zehn, 15 Jahren.

Wenn das Wohnangebot begrenzt bleibt, die Nachfrage aber hoch: Heißt das, dass die Mieten noch weiter in die Höhe schießen?
Das ist so. Die Mieten werden weiter steigen. In den Ballungsräumen sicherlich zwischen zwei und fünf Prozent im Jahr. Darüber freut sich niemand, wir auch nicht.

Dieser Anstieg gilt auch für Ihre Dawonia-Mieter?
Wenn wir Mieten anpassen, müssen wir uns ans Gesetz halten. Wir dürfen ja nur 15 Prozent in drei Jahren anpassen. Im Schnitt liegt die Mietentwicklung über alle unsere 30 000 Wohnungen bei 2,3 bis 2,5 Prozent im Jahr. Vergleichen Sie das mal mit der Inflationsentwicklung. Auch unsere Kosten steigen.

Trotzdem gibt es Berichte von Mietern, die beklagen, die Dawonia würde den gesetzlichen Rahmen für Mieterhöhungen maximal ausnutzen – in München kam es schon zu Protesten. Wie passt das zusammen?
Es ist richtig, in München haben wir am Ackermannbogen nahe dem Olympiapark ein Gebäude mit geförderten Wohnungen, hier kam es tatsächlich zu Diskussionen. Wir hatten dort die Mieten an die immer noch niedrigen Durchschnittsmieten angepasst, was auch zulässig ist. Mit dem Mieterverein München hatten wir zudem eine Einigung getroffen, dass wir beispielsweise bei großen Familien teilweise auf eine Anpassung verzichten und hier eine Deckelung vornehmen. Aber natürlich gibt es immer Mieter, die das ärgert und sich an die Medien wenden, wenn auch nicht immer zu Recht. Was auch gerne vergessen wird: Am Ackermannbogen liegen die Mieten heute noch immer zwischen circa 10,50 und 13,50 Euro pro Quadratmeter. Noch eines: Nicht selten stecken hinter den Demos politische Parteien, so auch in diesem Fall.

Bauministerin Klara Geywitz will jetzt mit günstigen KfW-Krediten den privaten Wohnungsbau ankurbeln, hinzu kommen 350 Millionen Euro Bauförderung für Familien.
Das ist zu wenig. Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein.

Wie viel müsste es stattdessen sein?
Fünf bis zehn Milliarden Euro Förderung mindestens. Der Staat müsste jetzt nicht nur richtig viel Geld in die Hand nehmen, der Fokus müsste auch auf dem geförderten Wohnungsbau liegen.

Manche sagen schon, der Bund bräuchte ein Sondervermögen von 50 Milliarden Euro.
Auch gut. Ich habe mit fünf bis zehn Milliarden einfach eine realistische Zahl gegriffen, die in Berlin durchsetzbar wäre. Aber klar, je mehr Geld, desto effektiver. Ganz wichtig wäre auch, Auflagen zu reduzieren. Und wir brauchen adäquate Grundstücke mit schnellem Baurecht. Die Projektplanung dauert heute zwei Jahre, der Bau noch einmal zwei Jahre. Das ist zu lang.

Ein Deutschland-Tempo auch beim Bauen?
Genau. Und wir bauen zu teuer und zu kompliziert. Ich bin selbst Architekt und habe zehn Jahre im Allgäu gelebt. Als ich Architektur studiert habe, bestanden die Wände von Häusern aus 30 Zentimeter Poroton, das sind Hohlraumziegel für eine bessere Isolierung. Ein Allgäuer Winter mit minus 20 Grad war für diese Wände kein Problem.

Und heute?
Heute verlangen die Behörden 40 bis 50 Zentimeter Wandaufbauten, teilweise mit 17 Zentimeter Styrodur als Isolierung. Diese Art zu bauen ist extrem teuer, aufwendig, und die Auflagen sind kompliziert. In Ländern wie Großbritannien oder Frankreich ist man da viel pragmatischer.

Rechnen Sie in den kommenden Jahren wegen der energetischen Bauweise mit noch höheren Kosten?
Ja. Das Problem ist, dass man in den vergangenen Jahren nicht beachtet hat, dass jede zusätzliche energetische Baumaßnahme nur noch eine minimale Energieersparnis bringt, aber die Kosten exorbitant nach oben treibt. Da hätte man gegensteuern müssen.

Werden Sie die Dawonia-Bestandswohnungen energetisch sanieren lassen?
In den nächsten 20 Jahren wollen wir als Dawonia klimaneutral sein. Wir prüfen daher gerade unseren Bestand und werden in den kommenden Jahren nach und nach Sanierungen umsetzen.

Bis dahin dürften die Nebenkostenabrechnungen Ihrer Mieter hoch bleiben.
Ja, aber dafür kann der Vermieter nichts. Wir versuchen, den Mietern zu helfen. Ein Beispiel: Wir hatten unsere Mieter, die über Gas versorgt werden, angeschrieben und sie gefragt, ob sie nicht frühzeitig eine freiwillige Erhöhung der Nebenkosten um 70 Cent pro Quadratmeter vornehmen wollen, um auf der sicheren Seite zu sein. Und tatsächlich haben 60 Prozent unserer Mieter das auch sofort gemacht.

Was machen Sie mit den 40 Prozent Mietern, denen jetzt eine hohe Nebenkostenabrechnung droht?
Wir bieten jedem Mieter an, das Gespräch mit uns zu suchen, sofern es bei der Nachzahlung Probleme gibt. Dann wird es ein Angebot zur Stundung geben. Das hatten wir auch in der Corona-Krise so gemacht. Wir wollen denen helfen, die Hilfe brauchen.

Es kommt nicht gleich zur Zwangsräumung?
Nein. Das wird definitiv nicht passieren. Unser Angebot, wenn ehrlich Not besteht, zum Beispiel später in Raten zu bezahlen, das steht.

Und was erwarten Sie für die Dawonia 2023?
Die höheren Zinsen und die hohen Baukosten waren ein Schock. Die gesamte Wohnungswirtschaft ist in einer Wartehaltung. Gerade jetzt im anstehenden Wahlkampf in Bayern dürfte das Thema Wohnen wieder einmal sehr emotional diskutiert und wohl auch instrumentalisiert werden. Wir bitten alle, genau hinzuschauen. Was wir brauchen, ist eine Förderkulisse, damit der Neubau wieder in Gang kommt. Wir als Dawonia stehen auf jeden Fall bereit, dann wieder mehr zu bauen.

Interview: Sebastian Hölzle, Georg Anastasiadis, Corinna Maier

[Merkur, 15.02.2023]