Verkaufsstopp für Gemeindegrund?
Statt sie zu verkaufen, soll die Marktgemeinde ihre Grundstücke fortan in Erbpacht vergeben. Das fordert die Bürgerinitiative Gemeinsam anders wohnen in einem Antrag für die morgige Bürgerversammlung. Dem Bürgermeister ist dieser Weg zu rigoros.
Holzkirchen – Wer in Holzkirchen Bauland ergattern will, braucht entweder viel Glück oder noch viel mehr Geld. Bezahlbarer Wohnraum ist rar, wenngleich enorm gefragt, wie sich jüngst am Sommerfeld gezeigt hat. Für die acht kommunalen Wohnungen, die die Marktgemeinde frei vermietet, sind über 500 Bewerbungen eingegangen (https://www.merkur.de/lokales/region-holzkirchen/holzkirchen-ort28831/nachfrage-ist-riesig-ueber-500-bewerber-fuer-acht-wohnungen-in-holzkirchen-11755585.html). Damit das Leben im Ort nicht zu einem Luxus mutiert, fordert die Bürgerinitiative Gemeinsam anders wohnen nun einen Verkaufsstopp für gemeindeeigene Grundstücke. In ihrem Antrag „Für bezahlbaren Wohnraum, gegen den Ausverkauf“, den die Initiative für die Bürgerversammlung am morgigen Mittwoch (19.30 Uhr) eingereicht hat, plädiert sie stattdessen für eine Verpachtung von Grundstücken über einen Zeitraum von mindestens 80 Jahren. Ein Erbpacht-Modell also, das für größere wie kleinere Grundstücke gelten soll, welche die Gemeinde einer Bebauung zuführen will. Unabhängig vom Bauträger: Privatperson, Investor oder Genossenschaft. So ließe sich (Grundstücks-)Spekulationen ein Riegel vorschieben. „Die Gemeinde behält langfristig einen Daumen auf dem Grund“, erklärt Sebastian Oppermann, Sprecher der Bürgerinitiative, auf Anfrage. „Sie kann Investoren so daran hindern, bloß am meisten Profit aus den Grundstücken zu ziehen.“ Er sieht Vorteile für alle Beteiligten: Der Bauträger, etwa Holzkirchner mit mittlerem Einkommen, müsse kein teures Grundstück kaufen, sondern finanziere das Haus und bezahle die Erbpacht an die Gemeinde. Die wiederum bleibe im Besitz des Grunds und könne vertraglich Einfluss auf die mögliche Miete nehmen. Ein Verkauf, heißt es in dem Antrag, dürfe nur in „ganz besonderen Ausnahmefällen“ durchgeführt werden und bedarf demnach einer Zweidrittelmehrheit des Marktgemeinderats. Der Vorstoß der Bürgerinitiative zum jetzigen Zeitpunkt ist nicht ganz uneigennützig.
Für ihr Mehrgenerationen-Wohnprojekt sucht sie seit einiger Zeit nach einem geeigneten Grundstück (https://www.merkur.de/lokales/region-holzkirchen/holzkirchen-ort28831/trotz-plaenen-und-kooperationspartner-buergerinitiative-findet-aber-keinen-baugrund-10222032.html). An der Tölzer Straße entwickelt die Gemeinde aktuell ein Wohnquartier. 35 Prozent der Fläche gehören ihr. Wer die Parzellen bebaut, steht noch nicht fest. Investoren haben bereits Interesse angemeldet – ebenso die Initiative (https://www.merkur.de/lokales/region-holzkirchen/holzkirchen-ort28831/naechste-bitte-hier-plant-marktgemeinde-ein-neues-wohnbaugebiet-10279678.html). „Wir haben die Befürchtung, dass wenn ein Investor baut, kein bezahlbarer Wohnraum entsteht“, sagt Oppermann. In einem Wettbieten um die Bauflächen rechnet sich die Initiative keine Chancen aus. Das Modell Erbpacht käme ihr hingegen entgegen. Der Idee steht Bürgermeister Olaf von Löwis grundsätzlich offen gegenüber. Von einem Verkaufsstopp als Ultima Ratio hält er aber nichts. „Wir sollten den Gemeinderat nicht auf irgendeine Art und Weise beschneiden“, sagt er und wirbt dafür, sich „so viel Spielraum wie möglich zu erhalten, um bezahlbaren Wohnraum schaffen zu können“. Selbst bei einem Verkauf an Investoren ließe sich die Miete vertraglich regeln. Wie viel Gemeinde-Fläche an der Tölzer Straße überhaupt für Wohnbebauung zur Verfügung steht, ist eh unklar. Im Quartier soll eine Kita entstehen. Und die, betont Löwis, muss auf Gemeindegrund gebaut werden.
[Merkur, 19.02.2019]