Das Prizip der Sozialgerechten Bodennutzung (SoBoN) ist ein wichtiges Instrument der Wohnungspolitik. Es stellt sicher, dass es gerade in Boom-Regionen bezahlbare Wohnungen gibt. Jetzt hat der Gemeinderat die Einführung einer SoBoN-Richtlinie beschlossen.
Wird Grünland zu Bauland, kommt das in Metropolregionen einer Vergoldung gleich. Um sicherzustellen, dass nicht nur Investoren davon profitieren, sondern Wohnraum entsteht, den sich Otto-Normal-Bürger leisten können, hat der Gemeinderat Holzkirchen in seiner jüngsten Sitzung beschlossen, eine sogenannte SoBoN-Richtlinie einzuführen. Sie hat neben der Schaffung von günstigen Wohnungen auch das Ziel, die planungsbegünstigten Eigentümer an den (Folge-)Kosten zu beteiligen, die bei der Schaffung von Baurecht entstehen.
Wie berichtet, hatte die Verwaltung mit einer spezialisierten Rechtsanwaltskanzlei eine entsprechende Richtlinie ausgearbeitet. In der Sitzung am Donnerstag stellte Gerhard Spieß von der Münchner Kanzlei Döring Spieß die Richtlinie nun dem Gesamtgemeinderat vor. Der Hauptausschuss hatte sich bereits damit befasst (wir berichteten). Sie zielt auf große Bauvorhaben ab einer Geschossfläche von 500 Quadratmetern ab. „Kleinteilige Nachverdichtung im Bestand fällt nicht unter das SoBoN-Prinzip“, erklärte Spieß. Die Richtlinie sieht zwei Instrumente vor, die je nach Situation zum Einsatz kommen können: das Erwerbsmodell und das Vertragsmodell.
Bei Ersterem erwirbt die Gemeinde vom planungsbegünstigten Eigentümer mindestens 50 Prozent des zur Disposition stehenden Bruttobaulands, und zwar vor Einleitung des Bauleitplanverfahrens zu einem gutachterlich ermittelten Verkehrswert. Innerhalb von fünf Jahren müssen Gemeinde und Eigentümer (auf seinen Restflächen) das Baugebiet dann umsetzen.
Sepp Sappl sen. schienen mindestens 50 Prozent zu hoch. Er befürchtete eine drosselnde Wirkung, stimmte dem Beschluss aber dann doch zu. Auch, weil Rechtsanwalt Spieß deutlich machte, dass die Details der Richtlinie angepasst und künftig geändert werden könnten: „Probieren Sie es aus“, riet er den Gemeinderäten.
Er betonte zudem, dass der Vorwurf der Enteignung, der von SoBoN-Kritikern zuweilen erhoben werde, unzutreffend sei. „Über allem schwebt der Angemessenheitsgrundsatz.“ Dadurch verbleibe beim Eigentümer stets ein angemessener Wert, der mit Blick auf die Wertsteigerung, die Boden durch Baurecht erfahre, erklecklich sei. Zudem sei Sozialgerechte Bodennutzung ein klarer Auftrag der Bauleitplanung.
Beim Vertragsmodell gibt es derweil zwei Varianten. Spielart eins sieht vor, dass die Gemeinde mindestens 40 Prozent der neu gebauten Wohnungen zum Herstellungspreis erwirbt. Bei der zweiten Variante des Vertragsmodells erwirbt die Gemeinde nichts, aber bindet die Eigentümer mit einem städtebaulichen Vertrag. Sie kann so Belegungsrechte, eine Mietpreisbremse oder eine Vermietung nur an Einheimische zur Bedingung machen. Der Nachteil an diesem Modell ist, dass die Bindung in aller Regel nach 25 Jahren entfällt.
Robert Wiechmann (Grüne) erntete zustimmendes Kopfnicken im Gremium, als er die Richtlinie folgendermaßen lobte: „Es kann nicht sein, dass die Steigerung von Bodenwerten privatisiert und die Kosten sozialisiert werden.“ Zudem schaffe sie Transparenz im Bauleitplanverfahren: „Man hätte unken können, dass in den Hinterzimmern irgendwas gemauschelt wird.“ Denn tatsächlich regelte die Gemeinde die soziale Komponente des Städtebaurechts bei größeren Baulandentwicklungen schon zuvor. Die Details wurden stets projektbezogen in städtebaulichen Einzelverträgen getroffen. Jetzt hat sie einheitliche und vorzeigbare Kriterien für die Wohnbaulandentwicklung an der Hand. „Das gibt den Bauträgern Sicherheit, weil sie wissen, was auf sie zukommt“, so Spieß.
Gemeinderat beschließt Arbeitskreis Wohnraum
Die Anwendung der SoBoN-Richtlinie (siehe Text oben) ist eines der Themen, mit denen sich der neue Arbeitskreis Wohnraum befassen wird. In der Sitzung am Donnerstagabend hat sich der gemeinderat Holzkirchen geeinigt, einen solchen Arbeitskrei (AK) in der Größe eines Ausschusses einzurichten. er folgt damit der Empfehlung des Hauptausschusses (wir berichteten). Der AK soll mit Gemeinderäten anhand des Spiegelbildlichkeitsprinzips besetzt werden. Elisabeth Dasch (SPD) kritisierte die Besetzung nur durch Gemeinderatsmitglieder und schlug eine Besetzung auch mit Experten vor – analog zum Mobilitätsausschuss auf Kreisebene: „Die Politiker spinnen, die Experten bringen sie wieder auf den Boden. Das ist befruchtend“, so Dasch, die auch im Kreistag sitzt. Bürgermeister Christoph Schmid (CSU) entgegnete: „Unterschätzen Sie die Expertise der Gemeindeverwaltung nicht.“
Die Frage nach dem Bedarf an fachlicher Expertise soll nun bei der ersten Zusammenkunft des neuen AK geklärt werden, erläuterte Marktbaumeisterin Karolina Holzbach. Außerdem sollen dabei die Themen priorisiert werden. Dazu zählen unter anderem Nachverdichtung, die Frage, wie es nach dem Umzug des Bauhofs mit dem innerörtlichen Bauhofgelände weitergeht, und die Zukunft der gemeindlichen Wohnanlage an der Baumgartenstraße.
[Merkur, 16.12.2023]