Neue Wege zu bezahlbarem Wohnraum
Holzkirchen geht neue Wege: Zwei Grundstücke in der Maitz will die Marktgemeinde an das beste Konzept für bezahlbaren Wohnraum vergeben. Dabei sollen ausschließlich inhaltliche Kriterien zählen.
Holzkirchen – Nach solchen Filetstücken würde sich mancher Investor die Finger lecken: Der Marktgemeinde Holzkirchen gehören im Neubaugebiet in der Maitz zwei unbebaute Grundstücke. 988 und 1288 Quadratmeter sind sie groß, zwei Mehrfamilienhäuser mit einer Grundfläche von je 260 Quadratmetern lässt der Bebauungsplan zu. Würde die Marktgemeinde die Flächen meistbietend verkaufen, könnte sie viel Geld verdienen. Wie Marktbaumeister Florens Hintler im Hauptausschuss sagte, will Holzkirchen in der Maitz aber neue Wege gehen und bezahlbaren Wohnraum schaffen. Das heißt: Die Gemeinde wird eine Konzeptvergabe durchführen. Dabei bekommt nicht der Bewerber mit dem meisten Geld den Zuschlag, sondern eben der mit dem besten Konzept. Welches das beste Konzept ist, ermittelt die Gemeinde anhand eines Kriterienkatalogs. Dazu zählen zum Beispiel die anvisierte Miethöhe, Mietpreisbindung und Nutzungsvielfalt, aber auch Ökologie, Qualität und Integration in die Umgebung.
Außerdem können Konzepte auf Zielgruppen wie Studenten oder Senioren ausgerichtet werden. So wäre es zum Beispiel möglich, dass ein Bewerber ein Konzept mit 20 mittelgroßen Wohnungen, niedrigen Mieten und einer Kindertagesstätte im Erdgeschoss vorlegt, ein anderer eines mit 25 kleineren Wohnungen für Studenten und einen Gemeinschaftsraum. Die Gemeinde entscheidet, welches gebaut wird. Damit es dabei fair zugeht, wird das Rathaus im Vorfeld festlegen, wie die Kriterien gewichtet werden. Hintler sieht in dieser Art der Vergabe „eine große Chance für Holzkirchen“, weil sie der Marktgemeinde viele Steuerungsmöglichkeiten lasse.
Konzepte einreichen dürfen Genossenschaften und Baugemeinschaften, also Zusammenschlüsse privater Bauherren, die ein Vorhaben gemeinsam planen und umsetzen. Das fördere die soziale Durchmischung und die Identifikation der Bewohner mit der Anlage, sagte Hintler. Außerdem entständen so besonders innovative Ideen. Damit die Marktgemeinde ausschließlich nach inhaltlichen Kriterien entscheiden kann, legt sie den Preis der Grundstücke im Vorfeld fest. Diese will sie auf 99 Jahre in Erbpacht vergeben. Die Gemeinde verkauft die Flächen also nicht, sie überlässt sie dem Sieger-Konzept gegen einen Erbbauzins zur Nutzung. Der „Gewinner“ spart sich dadurch den teuren Ankauf und kann die Ersparnis in Form niedriger Mieten an die Bewohner weitergeben – denn nur so lassen sich die vordefinierten Kriterien erfüllen. Nachdem Holzkirchen durch den Verkauf von Grundstücken zuletzt den Finanzbedarf von Großinvestitionen wie der Geothermieanlage gedeckt habe, könne es sich die Marktgemeinde nun leisten, diesen Weg zu gehen, sagte Bürgermeister Olaf von Löwis (CSU).
Die Idee stieß im Hauptausschuss auf breite Zustimmung. Ulrike Küster (Grüne) sagte, sie habe die Vorlage „mit wachsender Begeisterung gelesen“. Elisabeth Dasch (SPD) gefiel das genossenschaftliche Konzept, weil die Marktgemeinde mit ihren eigenen Bauprojekten gut ausgelastet sei. Christoph Schmid (CSU) unterstützte die Idee, mahnte aber, die Qualität der Bewerber in die Kriterien aufzunehmen. Birgit Eibl (FWG) plädierte für eine schlanke Ausschreibung, weil zu viele Wünsche die Baukosten treiben – und die Kosten der Mieter trage.
Einig waren sich die Ausschuss-Mitglieder auch darin: Der Erfolg des Projekts hängt an den Kriterien, die die Gemeinde definiert. Welche das sein werden, ist noch unklar. Bis zur Sommerpause wollen die Fraktionen Ideen entwickeln. Dann soll ein Arbeitskreis die Kriterien festzurren, damit der Gemeinderat über die Ausschreibung entscheiden kann. Diesen Plan beschloss der Hauptausschuss einstimmig.
[Merkur, 04.07.2019]