100 Jahre Baugenossenschaft Holzkirchen
Führungsriege im Interview über Herausforderungen und Pläne
Die Baugenossenschaft Holzkirchen feiert Jubiläum. Heuer vor 100 Jahren im ersten Jahr nach dem Ende des Ersten Weltkriegs in der noch jungen Republik, als große Wohnungsnot herrschte wurde sie gegründet, um preisgünstiges Wohnen in der Marktgemeinde zu ermöglichen. Heute zählt die Gemeinschaft 288 Mitglieder und 219 Wohnungen. Ehe die Genossenschaft am morgigen Samstag ihr Jubiläum mit einem Festabend mit Mitgliedern, Mietern und Ehrengästen begeht, trafen wir uns zum Gespräch über aktuelle Herausforderungen und Zukunftspläne mit Vorstandsvorsitzendem Bernd Weinmann und Aufsichtsratsvorsitzendem Werner Bauer.
Was sind derzeit die drängendsten Probleme auf dem Holzkirchner Wohnungsmarkt?
Weinmann: Dass die Kaltmiete auf dem freien Wohnungsmarkt bis zu 14 Euro pro Quadratmeter beträgt, stellt ein großes Problem dar. Wer kann sich denn so eine Miete leisten? Dann natürlich auch die Nähe zu München. Die Leute wollen auf dem Land leben, weil in München die Wohnsituation sehr schlimm ist. Das sorgt für einen großen Druck auf den Wohnungsmarkt. Wir haben derzeit über 200 Bewerbungen auf der Warteliste.
Was kann die Baugenossenschaft gegen diese Probleme tun?
Bauer: Wir versuchen. den Mietern günstigen Wohnraum anzubieten. Die teuersten Wohnungen vermieten wir mit einer Kaltmiete von 8,50 Euro pro Quadratmeter, viele Wohnungen sind aber günstiger, die meisten liegen derzeit bei 7,50 Euro. Unser Ziel ist es eigentlich, neuen Wohnraum zu schaffen. Aber die Grundstückspreise sind so teuer, dass es im Moment nicht geht. Daher liegt unser Augenmerk derzeit auf der Renovierung der bestehenden Wohnungen. Wir wollen sie auf einen modernen Standard heben. In den vergangenen zehn Jahren haben wir dazu acht Millionen Euro ausgegeben. Und jetzt sind wir fast fertig damit.
Herr Weinmann, seit 40 Jahren sind Sie Vorstandsvorsitzender und haben in Ihrer Zeit die Geschicke der Baugenossenschaft mitgestaltet. Gibt es Veränderungen, die Sie im Laufe der Zeit wahrgenommen haben? Etwa, was die Ansprüche der Mieter angeht?
Weinmann: Natürlich gibt es heute gewisse Standards, die eine Wohnung haben muss und die auch verlangt werden, etwa eine Zentralheizung. Auch einen Balkon oder eine Terrasse mögen die Leute gerne. Wir erleben aber auch, dass sich Mieter schwer damit tun, wenn eine Wohnung im dritten Stock keinen Aufzug hat. Wenn man Kinder hat, ist das auch schwierig. Vielfach wollen die Menschen sich auch nicht mehr für die Gemeinschaft engagieren. Früher haben die Hausbewohner zum Beispiel zusammen Schnee geschaufelt. Heute will man lieber einen Hausmeister für solche Tätigkeiten. Aber wir sind insgesamt sehr zufrieden mit unseren Mietern, die sind dankbar und kümmern sich. Das muss man auch einmal sagen.
Wie kommt man denn an eine Genossenschaftswohnung? Gibt es Kriterien für die Vergabe?
Bauer: Wenn jemand einen Aufnahmeantrag stellt, dann prüfen wir den zuerst. Dabei steht die Bedürftigkeit an erster Stelle. Wir schauen zum Beispiel auf das Einkommen oder ob jemand alleinerziehend ist. Neuerdings ist uns wichtig, Wohnraum für Menschen zu schaffen, die Berufe haben, über die immer nur geredet, aber für die nichts getan wird. Erzieherinnen, Altenpfleger oder Krankenschwestern etwa haben es oft schwer, eine Wohnung zu finden. Der Vorstand und der Aufsichtsrat entscheiden dann gemeinsam, wer in Frage kommt. Uns kommt es dabei auch darauf an, dass die neuen Mieter in die Gemeinschaft passen. Die Leute sollen ja zusammenkommen, ratschen und so den Genossenschaftsgedanken leben. Viele Menschen wohnen schon über 50 oder 60 Jahre in ihrer Wohnung. Daher gibt es nicht so oft Veränderungen.
Und wie geht es in Zukunft weiter? Wie sind die Pläne der Baugenossenschaft?
Bauer: Unser Ziel ist es Wohnraum zu schaffen. Wenn möglich, nehmen wir bald den Bau in der Lindenstraße in Angriff. Aber im Moment geht es noch nicht. Ansonsten schauen wir, dass die Sanierungen, wie bisher, gut vollendet werden.
Das Gespräch führte Andreas Wolkenstein
[Merkur, 27.09.2019]