18 Feb

Älterer Hausbesitzer sucht Wohnung

Die Kinder sind längst ausgezogen, und das große Haus samt Garten ist zur Last geworden. So ergeht es vielen älteren Bürgern in Holzkirchen – während junge Familien dringend Wohnraum suchen. Die Quest AG tritt als Vermittler in solchen Fällen auf.

Holzkirchen/Weyarn – Johann Walser hat es nie bereut. „Ich bin sehr zufrieden mit der Geschichte“, sagt der 63-Jährige. Früher wohnte er in einem Haus in Holzolling, mit schönem Garten und Teich. „Das Garteln war mein Hobby“, erzählt der Rentner. Doch als er älter wurde, fiel ihm diese Arbeit immer schwerer. Das schöne Grün wurde plötzlich zur Last. Heute lebt Walser mit seiner Frau in einer Wohnung am Weyarner Klosteranger. Garten gießen, Schneeräumen, Mülltonne rausstellen, mehrere Stockwerke putzen: All das fällt weg. „Ich genieße es, dass ich mich jetzt um nichts mehr kümmern muss.“

Denn Walser, übrigens der ehemalige Geschäftsleiter im Weyarner Rathaus, hat ein Angebot angenommen, das die Quest AG aus Kolbermoor ihm gemacht hat. Die Firma, die den Klosteranger bebaute, half ihm während seines Einzugs in die neue Wohnung dabei, sein altes Haus zu veräußern. Dort zog eine Familie mit Kind ein. Dieses „Häusertausch-Projekt“ möchte Quest nun auch in Holzkirchen aufziehen. Dort bebaut der Investor die Wiese am Valleyer mit Mehrfamilienhäusern (wir berichteten).

Die Problematik greift auch das Ortsentwicklungskonzept der Marktgemeinde auf. „In älteren Einfamilienhausgebieten leben meist viele ältere Alleinstehende oder Paare“, heißt es dort. „Die Häuser wurden für Familien gebaut, sind aber oft nicht mehr entsprechend genutzt.“ Kinder sind ausgezogen, Ehepartner womöglich schon gestorben. Die Verbliebenen schaffen es im Alter oft nicht mehr, ihr Anwesen zu bewirtschaften. Zudem sind die Häuser meist nicht barrierefrei. „Ein eigenständiges Leben im Alter ist aufgrund dieser Rahmenbedingungen oftmals erschwert.“ Daher sei es wichtig, in unmittelbarer Nähe attraktive Alternativen für diese Bevölkerungsgruppe anzubieten, empfiehlt das Konzept. Mit barrierefreien Wohnungen in passender Größe. „Gleichzeitig werden die Einfamilienhäuser für junge Familien frei.“

Genau hier setzt Quest an, wie Vorstandsvorsitzender Max von Bredow erklärt: „Wir haben gemerkt, dass sich die Zeiten geändert haben.“ Früher wollten die Leute nicht aus ihrem Eigenheim heraus. Heutzutage aber hingen viele nicht mehr so an ihrem Eigentum, berichtet Bredow. Im Gegenteil: Die meisten machen sich bereits mit 60 Gedanken darüber, wo sie ihren Lebensabend verbringen. Sie befreien sich also frühzeitig von zu groß gewordenen Häusern und suchen sich eine kleinere, barrierefreie Wohnung. Am liebsten im eigenen Viertel, damit sie im sozialen Umfeld bleiben.

Deshalb sehe das Ortsentwicklungskonzept Quartierszentren vor, ähnlich dem, was am Valleyer Weg entstehe. Geschäfte, Ärzte und Bushaltestellen seien von dort aus fußläufig erreichbar. Denkbar seien in diesen Zentren ferner ambulant betreute Wohngruppen.

Doch gerade im Alter fällt eine Veränderung oft schwer. Haus verkaufen, neue Wohnung finden, die Finanzierung. Ein stressiges Unterfangen. Quest begleitet und unterstützt Interessierte bei diesem Prozess, verlangt dafür aber eine Provision. Schon am Weyarner Klosteranger trat Quest als Vermittler auf.

In Bad Feilnbach im Kreis Rosenheim, wo Quest ebenfalls eine Wohnanlage baut, wird das Projekt über einen Immobilienzirkel verfeinert. Also eine Internetplattform, wo beispielsweise ein älterer Mann sein Einfamilienhaus anbietet und zugleich Einheimischen einen Vorkaufszeitraum einräumt. Nur wer sich bei Quest anmeldet, bekommt Zugang zur Plattform. Ähnliches sei für das neue Wohnquartier am Valleyer Weg denkbar.

Bürgermeister Christoph Schmid (CSU) befürwortet den Vorstoß. „Das ist eine pfiffige Marketingidee.“ Die Gemeinde habe damit allerdings wenig zu tun. Immerhin sei Quest ein privater Bauträger. Einem, dem das Konzept gut gefällt, ist Grünen-Gemeinderat Robert Wiechmann: In den 50er und 60er Jahren, als Holzkirchen wuchs, habe man noch ganz anders gebaut, sagt er. Das Einfamilienhaus mit großem Grundstück galt damals als Maßstab. Inzwischen aber würden sich viele ältere Leute beklagen. „Das sind keine Einzelfälle.“ Quest packe dieses Problem an. „Das ist bestimmt nicht uneigennützig, aber ja auch nicht unlauter.“

[Merkur, 18.02.2021]