31 Mrz

Die Suche nach dem gemeinsamen Nenner

VON MARLENE KADACH

Ein Treffpunkt unter Bäumen, Mehrgenerationenwohnen sowie Bike- und Carsharing: Das wünschen sich Holzkirchner für das geplante Quartier „Winklbauerhöfe“ am Valleyer Weg. Die Bürgerbeteiligung zu dem Projekt wurde gut angenommen. Die Skepsis einiger Anwohner aber bleibt.

Holzkirchen – Die Wahrnehmung ist unterschiedlich. „Die Interessenlage ist jetzt zwar klarer“, sagt Anwohner Christoph Gerz. „Aber die Lage hat sich nicht grundlegend geändert.“ Max von Bredow, Vorstandsvorsitzender der Quest AG, sieht die Sache positiver: Zwar hätten gerade direkte Nachbarn Ängste geäußert. Bei vielen Bürgern überwiege aber der Wunsch nach bezahlbarem Wohnraum. Und: „Wir haben sehr viel über die Wünsche der Menschen und über die Bedürfnisse der heutigen Bewohner gelernt.“

Diese klopfte Bauträger Quest nun im Rahmen einer Bürgerbeteiligung zur geplanten Wohnbebauung „Winklbauerhöfe“ am Valleyer Weg ab. Drei Veranstaltungen fanden statt. Bei der digitalen Bürger- und Nachbarschaftswerkstatt nahmen laut Bredow jeweils rund 25 Haushalte teil. Beim Ideenbüro – bei dem Bürger am Modell bauen durften – machten circa 15 Haushalte mit. „Uns freut, dass die Beteiligung auch digital sehr gut funktioniert hat und so viele Menschen teilgenommen haben“, betont Bredow.

Wie berichtet, bebaut Quest eine Wiese zwischen Valleyer Weg und Angerstraße. Geplant sind fünf Mehrfamilienhäuser mit insgesamt 60 bis 70 Wohnungen. Einen Teil davon erwirbt die Gemeinde. Ein Knackpunkt ist die Verkehrssituation. Die Erschließung soll über Frühlingstraße und Valleyer Weg erfolgen. Anrainer befürchten ein Verkehrschaos, zumal es sich jetzt schon am Bahnübergang staue. Gemeinde und Quest wollen mit einem Mobilitätskonzept gegensteuern, das unter anderem Autoverzichtserklärungen enthält. Anwohner hatten zudem die Massivität der Bebauung kritisiert.

Im Zuge der Bürgerbeteiligung, die Korbinian Kroiss von nonconform übernahm, haben sich laut Planer folgende Themen als wichtig herauskristallisiert: Zum einen würden sich viele Bürger einen Treffpunkt für alle wünschen. „Mit der Möglichkeit, unter Bäumen zu sitzen“, meint Bredow. Auch der Platz am Bahnübergang spiele eine wichtige Rolle. „Dort finden bei geschlossener Schranke spontane und informelle Treffen statt.“ Nach Ansicht der Bürger soll das neue Wohnquartier für alle Menschen „durchwegbar sein“. Es soll viel Grün, eine hohe Aufenthaltsqualität und Raum für Aktivitäten geben. Ein Gemeinschaftsgarten und Obstbäume seien gewünscht, genau wie ein Mehrgenerationenwohnen, eine Betreuung durch Pflegedienste oder eine ambulant betreute Wohngemeinschaft. Außerdem sprachen sich die Leute laut Bredow für ein Mobilitätskonzept aus, von dem auch die jetzigen Bewohner über Car- oder Bikesharing profitieren. Und: Der Bahnübergang sollte modernisiert werden.

Anwohner Gerz, der bei Nachbarschaftswerkstatt und Ideenbüro mitmachte, bleibt zurückhaltend. „Die Idee mit den Klötzchen war zwar gut“, sagt er. Allerdings sei bei der Betrachtung des Modells genau das herausgekommen, was er befürchtet habe: „Die Bebauung wird zu massiv.“ Er hat festgestellt: „Das Modell war immer dann am schönsten, wenn noch ein paar Klötzchen übrig geblieben sind.“ Heißt: Je weniger, desto besser. „Da bin ich nicht der Einzige, der das so sieht.“ Würde sich die Gemeinde hier „einen Ticken“ bewegen, wäre schon eine Verbesserung spürbar, glaubt Gerz.

Auch für den zweiten „Brocken“, die Verkehrssituation, gebe es keine Lösung. Die Gemeinde habe „übertrieben optimistische Vorstellungen“, was das Mobilitätskonzept angehe. Das Prinzip Autoverzicht funktioniere vielleicht in der Stadt mit U-Bahn. „Hier auf dem Land sind die Leute einfach aufs Auto angewiesen“, sagt Gerz.

Für Bredow steht fest: „Wir sind jetzt in der Bringschuld.“ Gemeinsam mit Architekt Christoph von Oefele und dem Landschaftsarchitekten Uwe Schmidt soll jetzt weitergeplant werden, unter der Berücksichtigung der Bürgerwünsche. „Wir versuchen, den größten gemeinsamen Nenner zu finden.“ Zusätzlich soll Verkehrsexperte Matthias Reintjes ein Verkehrsgutachten und ein detailliertes Mobilitätskonzept erstellen. Der städtebauliche Entwurf soll bei einer digitalen Abschlusspräsentation am 26. April der Öffentlichkeit gezeigt werden. Dann ist der Gemeinderat am Zug. Laut Gerz warten viele Anwohner nun auf das Ergebnis: „Wir sind gespannt und in Lauerstellung.“

[Merkur, 31.03.2021]