Chance auf Wohneigentum
Rottach-Egern – Bezahlbarer Wohnraum oder gar bezahlbares Wohneigentum sind Mangelware im gesamten Tegernseer Tal und freilich auch in Rottach-Egern. Deshalb erwägt der Gemeinderat seit Juni, in Haslau ein gemeindliches Wohnhaus zu bauen und ein „Einheimischenprojekt“ zu entwickeln. Bis zur Planungsreife wird es aber noch dauern.
Die Fläche, die der Gemeinderat dafür im Auge hat, ist 5400 Quadratmeter groß. Derzeit stehen darauf zwei Gemeindehäuser (Haslau 26 und 27), im westlichen Bereich befinden sich Unterstellplätze für Fahrzeuge. Weil die derzeitigen Mieter wieder untergebracht werden müssen, möchte die Gemeinde im Westen des Grundstücks ein gemeindliches Mietshaus errichten, sodass der Rest des Grundstücks, nachdem die beiden Bestandshäuser abgerissen sind, für ein Einheimischenprogramm zur Verfügung stehen würde. Dort wäre Platz beispielsweise für drei Doppelhäuser, zwei Einfamilienhäuser und ein Mehrfamilienhaus. Soweit die Idee.
„Das ist nicht die endgültige Planung“, sagte Bürgermeister Christian Köck (CSU) jetzt im Gemeinderat und zeigte auf die Pläne. Voraussichtlich müsse man auch für das Einheimischenmodell einen Bebauungsplan aufstellen. Bis man die Planungsreife erreiche, werde es noch dauern. Auch angesichts des Drucks auf dem Wohnungsmarkt bat er die Bürger, nicht sofort mit ihren Bewerbungen für das Einheimischenprojekt das Rathaus zu stürmen. Er rechnet damit, dass die Bewerbungsphase erst in der zweiten Hälfte 2023 beginnt. „Es muss alles vorbereitet werden. Das geht nicht zeitgleich, sondern nur Step by Step“, stellte Köck klar. Der genaue Ablaufplan müsse erst noch im Gemeinderat erarbeitet werden.
Die Verwaltung legte außerdem einen groben Ablaufplan vor, nach dem erst im Laufe dieses Jahres das Gemeindehaus geplant werden und die Ausschreibungen stattfinden sollen, damit im Frühjahr 2023 mit dem Bau begonnen werden kann. Immerhin: Der erste Schritt für das Großprojekt war nun im Gemeinderat mit dem Grundsatzbeschluss getan.
Der fiel aber nicht einstimmig. Dritte Bürgermeisterin Gabriele Schultes-Jaskolla und ihr Fraktionskollege Andreas Erlacher von den Freien Wählern waren zwar grundsätzlich dafür, neuen Wohnraum zu schaffen. Aber sie würden an besagter Stelle lieber mehr bezahlbare Mietwohnungen sehen als Eigentum. „Das Konzept“, sagte Schultes-Jaskolla und deutete auf die Pläne, „halte ich für maximal die zweitbeste Lösung.“ Rottach bräuchte weiterhin mehr bezahlbaren Wohnraum für rund 8,50 Euro pro Quadratmeter. Der Grund in Haslau wäre ein idealer Platz für Mietwohnungen, die obendrein auch noch vom Staat gefördert würden und zeitnäher realisiert werden könnten als der Wohnraum auf den kleinen Grundstücken. Bei der Abwägung zwischen Mietwohnungen und der Schaffung von Wohneigentum würde sie dem Bau von Mietwohnungen den Vorrang geben wollen.
Bürgermeister Köck zeigte Verständnis: „Du hast Recht. Der Bedarf nach bezahlbarem Wohnraum steigt. Und man könnte mit weiteren Mietshäusern – eventuell auch im Rahmen genossenschaftlichen Bauens oder durch Kommunalunternehmen, wie es andere Talgemeinden machten – viele Menschen und nicht nur Einzelne glücklich machen. Aber es liegt uns auch am Herzen, dass Einheimische sich ein Eigenheim schaffen können.“ Das sei auch ein Thema bei der zurückliegenden Wahl gewesen, und dieses Versprechen möchte er nun einhalten. Viele Berufsgruppen könnten sich Wohneigentum außerhalb eines Einheimischenmodells gar nicht leisten. Überdies plädierte Köck für eine strukturelle Mischung aus Mietshäusern und Eigentum über Erbbaurecht. „Ich denke, wir werden sogar noch mehr Einheimischenprogramme auflegen müssen“, prognostizierte der Bürgermeister. „Eigentum auf dem freien Markt zu erwerben, wird einfach immer schwieriger.“
[Merkur, 11.01.2022]