23 Jun

Mehr Chancen für Ortsansässige

Holzkirchen – Bürgermeister Christoph Schmid (CSU) zeigte sich zufrieden: „Wir geben einen großen Wert der Gemeinde in Erbpacht weiter“, sagte er. Und nach „ein paar „Zwischentiefs“ – die Gemeinde musste sich bei Haushalts- und EU-Beihilferecht juristisch beraten lassen, um sich nicht die Finger zu verbrennen – sei es nun geschafft. Die finalen Vergabeunterlagen für das Konzeptverfahren an der Maitz stehen. Damit beschäftigte sich nun der Gemeinderat in der Sitzung. Natalie Schaller vom Beraterbüro, der stattbau münchen GmbH, stellte alle Kriterien und Eckpunkte vor. 

Hintergrund ist der Wunsch der Gemeinde, günstigen Wohnraum primär für Ortsansässige zu schaffen. Wie berichtet, vergibt der Markt 2300 Quadratmeter gemeindlichen Baugrund am westlichen Ortsrand von Holzkirchen nicht an Höchstbietende, sondern für 80 Jahre in Erbpacht an Gruppen mit einem überzeugenden Konzept für gemeinschaftliches Wohnen. Unter anderem gewürzt mit pfiffigen Ideen in Sachen Gemeinwohl. Zudem müssen Interessenten eine Stellplatzreduzierung von 25 Prozent vorweisen sowie ein Mobilitätskonzept. Sie sollen ferner eine professionelle Begleitung nennen und hinsichtlich Realisierbarkeit und Finanzierbarkeit ihres Projektes überzeugen, erklärte Schaller. Die besten Konzepte gewinnen. 

Zwei Häuser sollen entstehen. Beide sollen an Baugenossenschaften gehen, Baugemeinschaften wurden ausgeschlossen. Auf diese Weise verhindert es die Gemeinde, angesichts der Unterwertvergabe, gegen das Haushaltsrecht zu verstoßen.

Ein Gutachter habe einen Verkehrswert des Grundstücks von 3 510 000 Euro ermittelt. Die Wirtschaftlichkeitsberechnung ergab bei einer Zielmiete von zwölf Euro pro Quadratmeter einen Erbpachtzins von 0,65  Prozent pro Jahr. Der ortsübliche liegt bei 2,5 Prozent. „Damit wäre kein bezahlbares Wohnen möglich gewesen“, meinte Schaller.

Die Abwicklung über eine Genossenschaft verhindere es zudem, gegen das EU-Beihilferecht zu verstoßen. Laut Marktbaumeister Florens Hintler verbietet dieses Gemeinden, Grund zu vergünstigten Konditionen an einen beschränkten Teilnehmerkreis zu vergeben. Zusätzlich sichere sich die Gemeinde über einen Betrauungsakt ab, in dem sauber dargestellt sei, warum es sich hier nicht um einen beihilferechtlichen Vorgang handle.

50 Prozent der künftigen Bewohner sollen einen Ortsbezug haben. Das ist nach Ansicht der Juristen verträglich mit dem EU-Beihilferecht. Ursprünglich hatte die Gemeinde vorgeschlagen, dass Bewerber für mindestens ein Jahr mit Hauptwohnsitz in Holzkirchen leben oder hier arbeiten müssen. Auch Personen, die ein Jahr in Holzkirchen ein Ehrenamt ausführen, sollten zum Zug kommen. Doch diese Vorgaben waren vielen Gemeinderäten zu lasch. 

Michael Wohlschläger (CSU) fand ein Jahr zu kurz. Ihm würden vier bis fünf Jahre besser gefallen. Fraktionskollege Sebastian Franz nickte, man solle die Bedingungen für Ortsansässigkeit verschärfen. Auch Simon Ammer (SPD) möchte Einheimische stärker fördern, genau wie Torsten Hensel (FWG). Dieser glaubt, dass sich das Konzept „als Blaupause für weitere Projekte eignet“. Ähnlich denkt Elisabeth Dasch (SPD). Dann habe sich der Aufwand gelohnt. Robert Wiechmann (Grüne): „Auf das Ergebnis kommt es an.“ 

Ammer fragte, wie man das Kriterium Ehrenamt genau definiert. Schmid räumte ein, dass es schwer sei, Tätigkeiten zu vergleichen. Zumal es aktive und passive Mitglieder in Vereinen gibt. Johannes Dörder (CSU) gab zu bedenken, dass viele Ehrenamtliche vom Wohnungsmarkt verdrängt wurden. Diesen müsste man Chancen geben.

Am Ende einigte sich der Gemeinderat darauf, die Kriterien Hauptwohnsitz, Arbeitsplatz und Ehrenamt auf drei Jahre festzulegen. Einmütig stimmte er dafür, die Grundstücke zu genannten Voraussetzungen zu vergeben. Anhand der Unterlagen soll die Verwaltung das Vergabeverfahren einleiten. 

Termine

Veröffentlichung der Ausschreibungsunterlagen: Freitag, 25. Juni; Abgabefrist für Rückfragen zu den Ausschreibungsunterlagen: Montag, 5. Juli; Rückfragenkolloquium (der Link wird rechtzeitig veröffentlicht): Donnerstag, 15. Juli; Ende der Bewerbungsfrist: Freitag, 1. Oktober. Für Januar 2022 ist der Beschluss des Gemeinderats geplant, im Februar 2022 könnte die Reservierungsphase beginnen. 

[Merkur, 23.06.2021]