29 Jun

Jetzt klettern die Preise für normale Lagen

BODENRICHTWERTE 2022 – Ausschuss legt wegen Grundsteuerreform bereits jetzt neue Zahlen vor

Anstiege im gesamten Landkreis: Die Grafik zeigt pro Kommune (in alphabetischer Reihenfolge) die Entwicklung des Indexwertes, wobei Lila den jeweils aktuellen Wert zum Stichtag 1. Januar 2022 angibt. Der Ausgangswert 100 basiert auf den Werten des Jahres 2010. Die blaue Kurve beschreibt dagegen, wie sich die Wertsteigerung in Prozent von der vorherigen Bodenrichtwertermittlung 2020 bis zur aktuellen entwickelt hat. Am Beispiel von Miesbach mit dem Indexwert 323 bedeutet das, dass sich der Wert seit 2010 um 223 Prozent gesteigert hat. im Vergleich zum letzten Stichtag 31. Dezember 2020 erhöhten sich die Preise um 17 Prozent. Grafik: Landratsamt Miesbach

Landkreis – Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg, fragile Lieferketten – die Welt ist unsicher geworden, doch auf eines ist trotzdem oder gerade deswegen Verlass: Die Immobilienpreise im Landkreis Miesbach steigen weiter. Das ist das Ergebnis der Bodenrichtwerterhebung, die der Gutachterausschuss am Landratsamt zum Stichtag 1. Januar 2022 ermittelt hat.

Waren es zuletzt vor allem die Premiumlagen an Tegernsee und Schliersee, die starke Preissteigerungen erzielten, sind es nun die sogenannten B-Lagen, die seit der vorherigen Erhebung zum Stichtag 31. Dezember 2020 teils kräftig anzogen. „Die bisherigen Toplagen sind weiter stabil“, berichtet Bernhard Mayer, der Vorsitzende des Gutachterausschusses. „Jetzt findet der Preisanstieg in den normalen Lagen statt, wo die Preise zuvor noch einigermaßen normal waren.“ Was aber nicht heißt, dass See- und Bergblick weniger gewünscht sind. „Die landschaftlich reizvollen Lagen an den Seen sind noch immer besonders nachgefragt.“

Dass nun auch normale Wohngegenden vom Preishoch erfasst werden, lässt sich nachvollziehen. Der Immobilienmarkt in der Landeshauptstadt ist leer. Wer also in München nichts findet, sucht im Umland – und ist bereit, auch hier Münchner Tarife zu zahlen. „Diese Leute sind andere Preise gewohnt und haben vor allem den Norden des Landkreises entdeckt“, erklärt Mayer. Wobei er betont: „Es gibt auch hier Vorzugslagen.“ Nicht alles sei gleich.

Dies belegen die tatsächlich getätigten Verkäufe im Landkreis, die der Gutachterausschuss allesamt ausgewertet hat. Für Bereiche, in denen keine Immobilienveräußerungen ausgewertet werden konnten, haben die zwölf Mitglieder des Ausschusses – ehrenamtlich tätige Sachverständige und Architekten – eine Entwicklung auf Basis des Trends zugrunde gelegt, die letztlich nicht dem Markt entsprechen muss. Mayer: „Das ist dann vielleicht ein Anstieg um 15 Prozent, obwohl der Markt 25 Prozent hergibt.“

Dass bereits jetzt stichtagsbezogen nach nur einem Jahr und einem Tag bereits neue Werte veröffentlicht werden – und nicht wie sonst üblich im Zwei-Jahres-Rhythmus –, liegt an der bundesweiten Reform der Grundsteuer. Wie Mayer erklärt, hat die Finanzbehörde „zum Zwecke der Besteuerung des Grundbesitzes einen Hauptfeststellungszeitpunkt im Bewertungsgesetz zum 1. Januar 2022 festgesetzt“. Dabei bestehe zwischen aktuellem Bodenrichtwert und Grundsteuer gar keine Zusammenhang. „In Bayern ist das Flächenmodell eingeführt“, erklärt Mayer weiter. „Relevant sind die Flächen des Grundstücks und der Bebauung sowie die Nutzung.“ Ein Thema, zu dem es oft Fragen aus der Bevölkerung gebe. Dem Gesetzgeber gehe es beim Zeitpunkt eher um den Länderfinanzausgleich. Dafür seien Sparkassen und Banken sehr daran interessiert, auf möglichst aktuelle Bodenrichtwerte zurückgreifen zu können, denn „diese fließen bei der Finanzierung von Immobilien mit ein“.

Stabil sind dagegen die Preise bei den Gewerbeflächen. Was sich laut Mayer ebenfalls erklären lässt: „Hier gibt es nur wenige Angebote. Zudem ist der Markt durch direkte Verkäufe durch die Kommunen und deren Bauleitplanung sehr stark gesteuert.“

Wie vorgeschrieben, hat der Gutachterausschuss die Zahlen aktualisiert und das Werk bereits veröffentlicht. Darüber hinaus werden die Bodenrichtwerte bei den Kommunen jeweils für einen Monat zur Einsichtnahme ausgelegt. Die Städte und Gemeinden machen dies ortsüblich bekannt und entscheiden selbst über den exakten Zeitraum.

Das Abrufen der Werte ist kostenpflichtig und erfolgt vorrangig über www.boris-bayern.de sowie über die Geschäftsstelle des Gutachterausschusses. Mayer: „Jedermann kann Auskunft über die Bodenrichtwerte erlangen.“ Für die Zukunft findet die Erhebung wieder im Zwei-Jahres-Turnus statt. Nächster Stichtag ist der 1. Januar 2024.

Weitere Hinweise zu den Bodenrichtwerten sind auf der Homepage des Landkreises unter www.landkreis-miesbach.de/gutachterausschuss einsehbar.

[Merkur, 29.06.2022]