Miete zehrt Kaufkraft auf
In München lässt es sich gut leben – und teuer. Zwar haben die Bewohner der bayerischen Landeshauptstadt die höchste Kaufkraft in der Republik, sie müssen aber noch weit mehr für die teuren Mieten an der Isar hinlegen.
München/Nürnberg – Die Kaufkraft in München ist am höchsten und liegt 33 Prozent über dem Durchschnitt in Deutschland. Allerdings liegt der Anteil der Miete zum Deutschlandschnitt bei 233 Prozent. Das heißt, ein Münchner muss eine um 133 Prozent höhere Miete zahlen als der Mittelwert von Deutschland. Letzterer würde bei einem Quadratmeterpreis von acht Euro für eine 75 m2 große Wohnung bei 600 Euro liegen. In der Isarmetropole würde eine gleichgroße Wohnung 1395 Euro Miete (18,60 Euro/m2) kosten, also mehr als doppelt so viel.
In vielen deutschen Großstädten verdient die Bevölkerung zwar überdurchschnittlich gut, die Mieten sind aber oft noch viel höher als im Bundesdurchschnitt. Vor allem in München und Frankfurt stehen die hohen Mieten in keinem angemessenen Verhältnis zur Kaufkraft. Das zeigt eine Analyse der Immowelt AG, bei der die angebotenen Kaltmieten mit der durchschnittlichen Kaufkraft pro Kopf verglichen wurden. Die Daten zur Kaufkraft stammen von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in Nürnberg aus dem Jahr 2020. Den größten Unterschied gibt es in München: Hier liegt die Kaufkraft bei 31 385 Euro pro Kopf und Jahr. Der Bundesdurchschnitt beträgt 23 637 Euro.
Ähnlich wie in München ist es auch in Frankfurt. Das verfügbare Einkommen pro Einwohner liegt, auch aufgrund gut dotierter Jobs in der Bankenbranche, 12 Prozent über dem Deutschlandwert – die Mieten übertreffen den Wert allerdings um 83 Prozent. Im Mittel 14,60 Euro pro Quadratmeter kostet in Frankfurt eine Mietwohnung.
In Berlin wurde aufgrund der zuletzt stark gestiegenen Mietpreise 2019 der Mietendeckel beschlossen. Laut Immowelt scheint der Mietendeckel bereits eine Auswirkung auf die Preise zu haben.
Dennoch gehen Mietpreise und Kaufkraft in der Hauptstadt weit auseinander. Mieter zahlen dort im Median 12,50 Euro pro Quadratmeter – 56 Prozent mehr als das Deutschlandmittel. Doch im Gegensatz zu München oder Frankfurt ist das verfügbare Einkommen unterdurchschnittlich. Die Kaufkraft pro Einwohner in Berlin liegt bei 21 829 Euro und somit acht Prozent unter dem Bundesmittel.
Auch beim Blick auf die reichsten Landkreise Deutschlands zeigt sich, dass die Strahlkraft der Großstädte häufig bis ins Umland reicht. Die Landkreise mit dem höchsten verfügbaren Einkommen liegen allesamt in den Einzugsgebieten von München, Frankfurt oder Stuttgart. Die Bewohner im reichsten Landkreis Starnberg haben zwar pro Kopf 41 Prozent mehr Kaufkraft als der Rest der Republik, sie müssen aber eine um 69 Prozent höhere Miete bezahlen (13,50 Euro). Im Landkreis München sind die Mietpreise mit 15 Euro pro Quadratmeter sogar noch teurer und fast doppelt so hoch wie im Deutschlandmittel. Die Kaufkraft liegt allerdings nur 36 Prozent über dem deutschlandweiten Durchschnitt.
Mietpreis-Prognose
Corona belastet durch Kurzarbeit, gestrichene Arbeitsplätze oder insolvente Unternehmen. Auf Dauer könnte das die Kaufkraft deutlich mindern. Die Mieten in den größten deutschen Städten klettern dagegen trotz Pandemie 2021 weiter nach oben. Grund dafür ist die anhaltend hohe Nachfrage nach Wohnungen bei gleichzeitig sinkendem Angebot. Die einzigen untersuchten Städte, in denen Rückgänge vorausgesagt werden, sind Berlin (-5 %/Mietendeckel) und Hamburg (- 1 %). In Hamburg machen sich die große Neubauaktivität und Sättigungseffekte bemerkbar.
[Merkur, 18.02.2021]