Von Schrankenbankerln und Miesepetern
Holzkirchen – Die Gefühle nach der Veranstaltung waren gemischt. Manche Zuhörer waren begeistert und schrieben „es war mega“ und „weiterhin so gute Information und Transparenz“. Wieder andere waren enttäuscht: „Auf die Größe wurde in keinem Punkt eingegangen. Inakzeptabel.“ Ein Bürger wünschte sich „nicht so große Häuserriegel sonder lieber kleinere“, ein anderer „Stellplatzangebote für Bewohner am Parkplatz Industriestraße“. Und einer fand: „Den ewigen Miesepetern wird man es nie recht machen.“ Neue Ideen und Konzepte für zukunftsfähiges Wohnen und Leben seien erforderlich.
Mit diesem Feedback endete die digitale Abschlusspräsentation zur Bürgerbeteiligung für das neue Wohngebiet „Winklbauer Höfe“ am Valleyer Weg. Circa 54 Haushalte nahmen am Livestream teil. Dabei wurden der städtebauliche Entwurf sowie das Mobilitäts- und Freiraumkonzept präsentiert, in die Bürgerwünsche eingeflossen waren. Auch Korbinian Kroiss von nonconform, der die Bürgerbeteiligung übernahm, Architekt Christoph von Oefele, Landschaftsarchitekt Uwe Schmidt, Verkehrsexperte Matthias Reintjes und Bürgermeister Christoph Schmid (CSU) waren zugeschaltet. Und natürlich Max von Bredow, Vorstandsvorsitzender der Quest AG, dem Bauträger. „Wir setzen auf kooperatives Bauen“, erklärte dieser.
Wie berichtet, bebaut Quest eine Wiese zwischen Valleyer Weg und Angerstraße. Geplant sind fünf Mehrfamilienhäuser mit insgesamt bis zu 70 Wohnungen. Einen Teil davon erwirbt die Gemeinde. Der Knackpunkt ist die Verkehrssituation. Anrainer befürchten ein Verkehrschaos, zumal es sich jetzt schon am Bahnübergang staue. Gemeinde und Quest wollen mit einem Mobilitätskonzept gegensteuern, das auch Autoverzichtserklärungen enthält. Anwohner hatten zudem die Massivität der Bebauung kritisiert.
Im Rahmen der digitalen Bürgerbeteiligung für das Quartier konnten Bürger und insbesondere Nachbarn Ende März ihre eigenen Vorstellungen in Form digitaler Ideenwerkstätten einbringen. Hier beteiligten sich insgesamt circa 50 Haushalte. Bei einem Ideenbüro in einem Zelt auf dem Projektgrundstück konnten Anwohner am Modell mittels Bauklötzchen die Winklbauer Höfe nach ihrem Geschmack bauen. Diese Aktion besuchten rund 15 Haushalte. „Ziel der Bürgerbeteiligung war es, frühzeitig die Holzkirchner und vor allem die umliegenden Nachbarn in die Planungen mit einzubeziehen und deren Wünsche und Vorstellungen der zukünftigen Winklbauer Höfe abzufragen“, erklärt Bredow gegenüber unserer Zeitung. „Denn nur so ist es möglich, ein Quartier für Holzkirchner Bürger zu entwickeln.“
Dabei kristallisierten sich viele verschiedene Ansätze heraus, die laut Bredow in die Planungen eingeflossen sind: So entstand für die Freiflächen zum Beispiel die Idee eines „Schrankenbankerls“ im südwestlichen Eck des Grundstückes, um das Warten am Bahnübergang erträglicher zu machen. Auch eine Art Quartierspark, wo man unter Bäumen sitzen und Leute treffen kann, wünschten sich die Bürger. Im Gespräch ist ein Gemeinschaftsgarten oder ein gemeinsamer Backofen zum Pizzabacken. Ferner sollen drei öffentliche Durchwegungen des Grundstücks für eine lockere Atmosphäre sorgen. Es soll Geschosswohnungsbau mit kleinen, barrierefreien Wohnungen entstehen. Die Wandhöhe ist auf neun Meter festgelegt. „Dabei ist ein großer Wert auf eine zeitgemäße und regionaltypische Architektur zu legen“, so Bredow.
Auch soziale Funktionen tauchen in dem Konzept auf: So plant Quest eine Quartiersanlaufstelle. Angedacht ist etwa ein Kiosk – betrieben von Bewohnern, Omas oder Vereinen. Und eine Abholstelle für Pakete. Auch der Wunsch nach einem Mehrzweckraum für Yoga, Musik oder Turnen für Anwohner werde in das Konzept integriert. Genau wie Mehrgenerationenwohnen oder eine Form des Pflegewohnens.
Alternative Mobilitätsangebote in Form von Bike- und Carsharing werden angeboten, berichtet Bredow. Großzügige oberirdische Fahrradabstellmöglichkeiten sollen kommen. Eine Tiefgarage lasse Autos unterirdisch verschwinden, um mehr Aufenthaltsqualität zu ermöglichen. Die Straßen werden als multifunktionale Flächen angesehen. Verkehrsberuhigte Bereiche werden angestrebt.
Am morgigen Dienstag geht die Planung in den Gemeinderat. Und dieser entscheidet dann über das weitere Vorgehen.
[Merkur, 10.05.2021]