Rekord bei Wohnraumrettung
München hat seit 1972 eine sogenannte Zweckentfremdungssatzung. Diese regelt, dass Wohnraum auch als solcher genutzt werden muss. Verwendet jemand beispielsweise eine Wohnung als Büro oder als Praxis, ist das nicht erlaubt. Das gilt auch für Vermieter, die Wohnraum mehr als acht Wochen im Jahr als Ferienwohnung anbieten. Ebenfalls ahndet die Stadt, wenn Wohnraum länger als drei Monate leer steht.
2020 hat die Verwaltung 441 dieser Räume mit einer Fläche von rund 29 000 Quadratmetern wieder dem Wohnungsmarkt zugeführt. Ferner wurden Zwangsgelder in Höhe von mehr als einer Million Euro angedroht, Zwangsgelder in Höhe von rund 278 000 Euro eingenommen und Bußgelder in Höhe von fast 740 000 festgesetzt. Das geht aus einem Bericht hervor, der dem Stadtrat am Donnerstag vorgelegt werden soll. Das stellt einen neuen Rekord dar. Zum Vergleich: 2019 hatte die Stadt 350 Wohnungen gerettet, 2018 waren es 359.
Seit 2018 betreibt die Stadt die Plattform www.raum-fuermuenchen.de, auf der jedermann, auch anonym, mutmaßlich zweckentfremdete Objekte melden kann. Dort sind insgesamt 2922 Meldungen eingegangen, 1736 anonym. Bei 785 Hinweisen handelte es sich um Mehrfachmeldungen, das heißt: Hinweise mit Bezug auf denselben Wohnraum. 1254 Hinweise gingen ein wegen des Verdachts, eine Wohnung stehe dauerhaft leer. In 781 Fällen gab es einen Verdacht auf illegale Nutzung als Büro, Praxis oder Arbeiterunterkunft. 81 Mal wurde mutmaßlicher Medizintourismus gemeldet, in 840 Fällen der Verdacht auf eine illegale Nutzung als Ferienwohnung.
Die Verwaltung geht aber auch anderen Hinweisen nach, sodass die Mitarbeiter des Außendienstes 2020 insgesamt 10 047 Wohneinheiten, also im Durchschnitt rund 27 Wohneinheiten pro Kalendertag, geprüft haben. Von den 441 vor einer Zweckentfremdung bewahrten Wohneinheiten waren 75 für gewerbliche Zwecke genutzt worden. 225 Wohnungen standen leer, in 141 Fällen lag eine illegale Nutzung als Ferienwohnung vor.
Grünen-Stadträtin Clara Nitsche sagte am Sonntag, dass sich die Stadt dem Entzug der Wohnungen vom Mietmarkt weiterhin entschlossen entgegenstellen müsse. „Wir fordern daher auch die Landesregierung auf, hier nachzuschärfen, um die Zweckentfremdung noch wirkungsvoller unterbinden zu können. Dazu gehört zum Beispiel eine Registrierungspflicht für Ferienwohnungen.“ Wie berichtet, hatte der Freistaat jüngst eine Verschärfung der Münchner Satzung wieder einkassiert. SPD-Stadtrat Christian Könings Kommentar dazu: „Fatal bleibt leider, dass die Vorgaben der Staatsregierung weiteren kommunalen Handlungsspielraum verhindern. Wir wollen in München alles dafür tun, dass Wohnraum nicht einfach dem Markt entzogen werden kann.
[Merkur, 17.05.2021]