Neues Quartier an Baumgarten-/Tölzer Straße: Droht Verkehrskollaps?
Mehr als 200 Wohnungen, eine Kita und ein Supermarkt: Zwischen Tölzer Straße und Baumgartenstraße soll eines der größten Wohnbauprojekte Holzkirchens entstehen. Jetzt ist die Bauleitplanung auf der Zielgeraden.
Holzkirchen – Bürgermeister Christoph Schmid (CSU) rechnet damit, dass die Bauleitplanung Ende des Jahres beziehungsweise Anfang 2024 abgeschlossen ist. Dann ist das Areal baureif, und es steht fest, was die sechs Eigentümer des fast vier Hektar großen Areals bauen dürfen. Ursprünglich war ein Baubeginn 2021 avisiert, doch die Gespräche mit den Grundbesitzern zogen sich bis jetzt.
Wann die Bauarbeiten beginnen, ist indes noch unklar: „Das hängt von den privaten Grundbesitzern ab, denen ich nicht vorgreifen kann“, sagt Schmid. Es sei dann an ihnen, einen Bauantrag zu stellen. In der Vergangenheit sei das sehr flott gegangen. Derzeit komme es aber aufgrund hoher Zinsen und Baukosten zu Kalkulations- und Vertriebsschwierigkeiten, weshalb eine Prognose zum Bauantragsverfahren schwierig sei. Auch die Marktgemeinde selbst hat sich Grund auf dem Areal gesichert. Schmid geht davon aus, dass die Eigentümer die zulässige Wohnungszahl – insgesamt sind 230 als Richtwert geplant – tatsächlich ausschöpfen, nicht zuletzt, weil Boden teuer sei.
Die Dimension des neuen Ortsteils stößt manchen Anliegern sauer auf. Vor allem die Zahl von 330 Tiefgaragenplätzen – sowie zahlreiche weitere Parkplätze an der Oberfläche – alarmiert sie: „Durch die massive Bebauung ist ein Verkehrskollaps Richtung Ortsmitte und Oskar-von-Miller-Platz zu erwarten“, heißt es in einer Stellungnahme, die der Redaktion vorliegt. Noch bis 25. Mai hat die Öffentlichkeit die Möglichkeit zum Bebauungsplan Nummer 150 Stellung zu nehmen und Einwände vorzubringen.
Schon jetzt komme es zu bestimmten Tageszeiten auf der Tölzer Straße und der Baumgartenstraße zu Staus – mit negativen Folgen wie Lärm und Luftverschmutzung. „Gibt es Planungen, wie man das lösen möchte?“, heißt es in dem Schreiben. Letztlich, so die Befürchtung, könnten auch Roggersdorfer Straße und Haidstraße verstopfen, weil anzunehmen sei, dass diese als Umgehung des Nadelöhrs Oskar-von-Miller-Platz genutzt würden. Dann müsse über den Bau eines Radwegs an der Roggersdorfer Straße nachgedacht werden, um Gefahren für Radler zu minimieren. Obendrein: Mehrung von Wohnungen in den Mehrfamilienhäusern ebenfalls an der Baumgartenstraße.
Schmid betont: „Wir nehmen die Einwände sehr ernst.“ Man werte alle Anregungen und Stellungnahmen aus und wäge sie ab. „Wir schauen auch, ob Einwände kommen, an die wir selbst nicht gedacht haben“, so Schmid. Er kann die Befürchtungen der Nachbarn des neuen Ortsteils nachvollziehen: „Die Sorgen sind berechtigt“, sagt er. Schon jetzt gebe es zu Stoßzeiten Verkehrsprobleme. „Vor allem bei Ausflugswetter nutzen auch Tagestouristen aus München die Baumgartenstraße gern als Alternative zur Tölzer Straße.“
Dennoch ist Schmid zuversichtlich, dass es nicht so schlimm kommt, wie Anwohner befürchten. „Die Idee ist ja, dieses Gebiet autark zu gestalten.“ Durch Kita (acht Gruppen sind in dem Bau an der Tölzer Straße geplant) und einen Nahversorger entstehe eine Gebiet der kurzen Wege.
Ob das Verkehrsgutachten des Büros Kaulen aus dem Jahr 2019 jetzt – nach dem Aus zu Umgehungsstraßen per Bürgerentscheid – überhaupt noch aussagekräftig ist, vermag Schmid aktuell nicht zu beantworten.
Wie berichtet, hatte sich beim städtebaulichen Wettbewerb 2019 ein Entwurf durchgesetzt, der sich in zwei Abschnitten realisieren lässt. Im ersten ist der Bau von 140 Wohnungen vorgesehen. Im zweiten könnten 90 weitere dazukommen, allerdings erst, wenn die Landwirtschaft im Norden des Areals nicht mehr betrieben wird. Vorgesehen sind mehrere Baukörper – darunter vier Wohnhöfe – um einen Grünanger mit Streuobstwiese herum.
Die Tiefgarage soll laut Plan über fünf Zufahrten erschlossen werden: Zwei an der Baumgartenstraße, zwei an der Holzstraße und eine an der Tölzer Straße. An der Tölzer Straße sind außerdem eine oder zwei Linksabbiegespuren zur Erschließung des Areals geplant. Zwar könne die Tölzer Straße ersten Berechnungen zufolge mehr als die aktuell 13 700 Fahrzeuge täglich verkraften, die Ausfahrt aus der Tiefgarage sei jedoch kritisch, heißt es in den Unterlagen, die derzeit im Bauamt ausliegen. Hier sei in der Spitzenstunde mit Rückstaus zu rechnen.
[Merkur, 13.05.2023]