Wohnungsbau: Planer sehen genug Potenzial
München – Im Großraum München ist in den kommenden 20 Jahren noch Platz für 360 000 zusätzliche Einwohner. Zu diesem Ergebnis kommt der Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum München (PV) in einer neuen Untersuchung. „Es ist genug Platz für die zusätzlichen Einwohner da, besonders im Umland“, sagt PV-Geschäftsführer Christian Breu. Grundlage für diese Bewertung ist die Bevölkerungsprognose des Landesamts für Statistik, wonach die Einwohnerzahl in der Region München bis zum Jahr 2040 um rund 225 000 Personen steigen könnte.
Bei der letzten Untersuchung vor fünf Jahren war der Planungsverband noch pessimistischer. Doch seitdem wurden die Bevölkerungsprognosen etwas nach unten korrigiert. Gingen die Statistiker von 2015 bis 2035 noch von einer Einwohnersteigerung um 15 Prozent aus, sind es von 2020 bis 2040 nur noch knapp acht Prozent. Und die Wohnbauflächenreserven der Kommunen sind laut Planungsverband sogar größer geworden.
Grundlage für die Berechnungen des Verbands sind die unbebauten Wohnbauflächen in den Flächennutzungsplänen der Kommunen. Der Planungsverband umfasst neben Stadt und Landkreis München auch die umliegenden Kreise Dachau, Freising, Erding, Ebersberg, Starnberg, Fürstenfeldbruck und Landsberg. Die Planer rechnen damit, dass etwa die Hälfte aller noch nicht bebauten, aber ausgewiesenen Flächen aus den Flächennutzungsplänen realistisch für den Wohnungsbau infrage kommen. Dazu kommen die Innenverdichtung, die sogenannten Konversionsflächen etwa auf ehemaligen Militäranlagen und das errechnete Wohnbaupotenzial für die Stadt München. Ergibt laut PV rund 108 000 Wohneinheiten in den Landkreisgemeinden und 72 500 Wohneinheiten in der Landeshauptstadt. Bei einer Wohnungsbelegung von im Schnitt zwei Personen kommt der Planungsverband so auf den Platz für rund 360 000 zusätzliche Einwohner. „Und das ist konservativ geschätzt“, betont Breu.
Das Potenzial für genügend Wohnraum wäre demnach also vorhanden. „Unser Problem ist: Nicht alle Potenziale können auch gehoben werden“, sagt aber beispielsweise Dachaus Landrat Stefan Löwl (CSU). „Nicht alle Flächen aus den Flächennutzungsplänen sind auch verfügbar.“ Etwa wenn der Eigentümer gar nicht bauen oder verkaufen will. Oder wenn statt mehreren Mehrfamilienhäusern lieber eine große Villa auf den Flächen entstehen soll. „Für die Kommunen ist das nicht immer steuerbar“, sagt Löwl.
Er beobachtet, dass gerade auf dem Land kleinere, bezahlbare Wohnungen fehlen. „Die bräuchten wir aber, um Menschen aus der unteren Mittelschicht in unsere Region zu locken. Wir brauchen die Krankenschwester und die Erzieherin, um unsere Infrastruktur aufrecht zu erhalten.“ Wenn stattdessen nur noch Gutverdiener bauen und sich die Kommunen den sozialen Wohnungsbau nicht mehr leisten können – „dann mache ich mir Sorgen, dass für die Menschen, die wir zum Leben brauchen, kein Platz mehr ist“.
Um das zu verhindern, brauche es mehr planerische Möglichkeiten. „Natürlich ist es nicht unbedingt schön, wenn auf einem Villengrundstück plötzlich drei neue Sechs-Parteien-Häuser entstehen. Aber es ist auch mit Blick auf den Flächenverbrauch immer noch besser, wenn diese Gebäude eben nicht im Außenbereich gebaut werden müssen.“
Auch beim Planungsverband will man die jüngsten Untersuchungsergebnisse nicht als Entwarnung verstanden wissen. „Die Kommunen können sich nicht zurücklehnen“, sagt Christian Breu. „Sie müssen auch weiterhin Wohnbauflächen ausweisen, um so eine Entspannung auf dem Wohnungsmarkt zu unterstützten.“
[Merkur, 17.02.2022]