22 Feb

Dauerbrenner, Aufreger & Co.

Wohnen, Verkehr, Kitas und der Eissport: Es sind die großen Themen, die bei der Bürgerversammlung in Holzkirchen am Mittwoch (wieder) zur Sprache kamen. Rathauschef Olaf von Löwis gab einen kompakten Überblick darüber, was die Marktgemeinde bewegt, aber auch über das, was sie ausbremst.

Holzkirchen – Die Marktgemeinde Holzkirchen hat jede Menge Projekte vor der Brust. Einige kleine, viele große. Was sie alles vorhat, wie es vorangeht und woran es in Einzelfällen hakt, zeigte Bürgermeister Olaf von Löwis am Mittwoch bei der Bürgerversammlung in seinem zweieinhalbstündigen Vortrag auf. Gut 200 Holzkirchner waren in den Oberbräu-Festsaal gekommen. Ein kurzer Abriss eines ausführlichen Abends mit emotionalem Schlussakt.

Der Dauerbrenner
Es ist das Thema, das die Marktgemeinde umtreibt wie kein zweites: Wohnraum. Preisgünstige Wohnungen sind rar, aber akut nachgefragt. Die Gemeinde selbst hat am Sommerfeld 16 gebaut. Als nächstes geht sie die Entwicklung eines Wohnquartiers „für Jung und Alt“ (Löwis) an der Tölzer Straße an. Hohe Wohnqualität „zu günstigen Preisen“. „Der Fokus liegt nicht auf Gewinnmaximierung“, versicherte der Bürgermeister. Das sei mit den anderen Grundeigentümern abgesprochen. Damit griff er einem Antrag zuvor, der später am Abend behandelt werden sollte. Die Bürgerinitiative Gemeinsam anders wohnen regte wie berichtet an, dass die Gemeinde ihren Grund nicht mehr verkaufen darf, sondern fortan in Erbpacht vergeben soll. „So bleibt gemeindlicher Grund auf Jahre in gemeindlicher Hand“, erläuterte Sprecher Sebastian Oppermann. Doch auch der Bürgermeister bekräftigte seinen Standpunkt: Ziel sei es, kurz- bis mittelfristig preisgünstige Wohnungen zu bauen. Aber: „Eine solch pauschale Regelung bietet uns nicht die nötige Flexibilität, um auf Eigenheiten der jeweiligen Situation reagieren zu können“, sagte Löwis. Zudem gingen „erhebliche“ Einnahmen aus Grundstücksverkäufen verloren. Die Bürgerversammlung stimmte dem Antrag mit dünner Mehrheit dennoch zu. Somit muss nun der Gemeinderat über den Verkaufsstopp befinden. Für die Tölzer soll derweil ein Architektenwettbewerb Entwürfe liefern. Löwis: „Das Preisgericht hat schon getagt.“

Das Endlos-Ärgernis
Bürgermeister Löwis und sein Otterfinger Amtskollege Jakob Eglseder haben sich was vorgenommen: Sie wollen irgendwann einmal gemeinsam über den Radweg im Teufelsgraben radeln, der ihre Gemeinden eigentlich seit Jahren verbinden sollte. Nachdem erst der Naturschutz den Bau aufgehalten hatte, sind es nun Leitungen der Deutschen Bahn, die neben den Gleisen verlegt sind. „Was wir als Routine angesehen haben, entpuppt sich als echtes Hindernis“, sagt Löwis. Die Bahn müsse erst zustimmen, bevor die Bauarbeiten anlaufen können. „Aktuell eine Mammutaufgabe“, sagte Löwis und fügte an: „Wir wollen doch nur einen Radweg.“

Die Unnachgiebigen
Eigentlich hatten sich Gemeinderat und Runder Tisch Sport ja auf ein Vorgehen geeinigt: Die Gemeinde gibt einen Sportentwicklungsplan in Auftrag, in dem der Status quo der örtlichen Sportstätten aufgezeigt und die Wünsche der beteiligten Vereine überprüft werden. Die Eis- und Mehrzweckhalle landet nun jedoch vorher schon im Gemeinderat. Ein Bürger hatte beantragt, in der nächsten Sitzung „bestehende Konzepte inklusive eines möglichen Standorts“ für eine Halle für „Kultur und Sport“ zu behandeln. Ein solches hat der Verein Holzkirchner Halle bekanntlich bereits ausgearbeitet. Löwis’ Hinweise, dass weder eine geeignete Fläche noch Finanzmittel bereit stehen, die sich eh in einer „nicht vorstellbaren“ Größenordnung bewegen, änderte nichts an der breiten Zustimmung für den Antrag. Am lautesten jubelten die jungen Eissportfans, die bei der Abstimmung energisch ihr Hände gehoben hatten, als ihm zugestimmt wurde.

Der Aufreger
Zum Abschluss wurde es hitzig. Ein Anwohner der Flinspachstraße nutzte eine Wortmeldung, um eine verkehrsberuhigte Spielstraße am dortigen Spielplatz zu beantragen. Als ihm Löwis erklärte, dass Anträge vorab eingereicht werden müssen, berief er sich auf die Gemeindeordnung. Was für Kopfschütteln bei Rathausgeschäftsführer Robert Haunschild sorgte. Zur Erinnerung: Die Gemeinde räumt seit jeher eine Frist für Anträge und Anfragen ein; heuer Anfang Februar. Das wollte der Spontan-Antragssteller nicht akzeptieren. Sein lautstarker Protest ging aber im Stühlerücken und Jackengeraschel derer unter, die sich auf den Heimweg machten. Löwis versicherte ihm jedoch – erst am Pult, später im persönlichen Gespräch –, dass man die Anregung mitnehme.

[Merkur, 22.02.2019]

19 Feb

Verkaufsstopp für Gemeindegrund?

Statt sie zu verkaufen, soll die Marktgemeinde ihre Grundstücke fortan in Erbpacht vergeben. Das fordert die Bürgerinitiative Gemeinsam anders wohnen in einem Antrag für die morgige Bürgerversammlung. Dem Bürgermeister ist dieser Weg zu rigoros.

Holzkirchen – Wer in Holzkirchen Bauland ergattern will, braucht entweder viel Glück oder noch viel mehr Geld. Bezahlbarer Wohnraum ist rar, wenngleich enorm gefragt, wie sich jüngst am Sommerfeld gezeigt hat. Für die acht kommunalen Wohnungen, die die Marktgemeinde frei vermietet, sind über 500 Bewerbungen eingegangen (https://www.merkur.de/lokales/region-holzkirchen/holzkirchen-ort28831/nachfrage-ist-riesig-ueber-500-bewerber-fuer-acht-wohnungen-in-holzkirchen-11755585.html). Damit das Leben im Ort nicht zu einem Luxus mutiert, fordert die Bürgerinitiative Gemeinsam anders wohnen nun einen Verkaufsstopp für gemeindeeigene Grundstücke. In ihrem Antrag „Für bezahlbaren Wohnraum, gegen den Ausverkauf“, den die Initiative für die Bürgerversammlung am morgigen Mittwoch (19.30 Uhr) eingereicht hat, plädiert sie stattdessen für eine Verpachtung von Grundstücken über einen Zeitraum von mindestens 80 Jahren. Ein Erbpacht-Modell also, das für größere wie kleinere Grundstücke gelten soll, welche die Gemeinde einer Bebauung zuführen will. Unabhängig vom Bauträger: Privatperson, Investor oder Genossenschaft. So ließe sich (Grundstücks-)Spekulationen ein Riegel vorschieben. „Die Gemeinde behält langfristig einen Daumen auf dem Grund“, erklärt Sebastian Oppermann, Sprecher der Bürgerinitiative, auf Anfrage. „Sie kann Investoren so daran hindern, bloß am meisten Profit aus den Grundstücken zu ziehen.“ Er sieht Vorteile für alle Beteiligten: Der Bauträger, etwa Holzkirchner mit mittlerem Einkommen, müsse kein teures Grundstück kaufen, sondern finanziere das Haus und bezahle die Erbpacht an die Gemeinde. Die wiederum bleibe im Besitz des Grunds und könne vertraglich Einfluss auf die mögliche Miete nehmen. Ein Verkauf, heißt es in dem Antrag, dürfe nur in „ganz besonderen Ausnahmefällen“ durchgeführt werden und bedarf demnach einer Zweidrittelmehrheit des Marktgemeinderats. Der Vorstoß der Bürgerinitiative zum jetzigen Zeitpunkt ist nicht ganz uneigennützig.

Für ihr Mehrgenerationen-Wohnprojekt sucht sie seit einiger Zeit nach einem geeigneten Grundstück (https://www.merkur.de/lokales/region-holzkirchen/holzkirchen-ort28831/trotz-plaenen-und-kooperationspartner-buergerinitiative-findet-aber-keinen-baugrund-10222032.html). An der Tölzer Straße entwickelt die Gemeinde aktuell ein Wohnquartier. 35 Prozent der Fläche gehören ihr. Wer die Parzellen bebaut, steht noch nicht fest. Investoren haben bereits Interesse angemeldet – ebenso die Initiative (https://www.merkur.de/lokales/region-holzkirchen/holzkirchen-ort28831/naechste-bitte-hier-plant-marktgemeinde-ein-neues-wohnbaugebiet-10279678.html). „Wir haben die Befürchtung, dass wenn ein Investor baut, kein bezahlbarer Wohnraum entsteht“, sagt Oppermann. In einem Wettbieten um die Bauflächen rechnet sich die Initiative keine Chancen aus. Das Modell Erbpacht käme ihr hingegen entgegen. Der Idee steht Bürgermeister Olaf von Löwis grundsätzlich offen gegenüber. Von einem Verkaufsstopp als Ultima Ratio hält er aber nichts. „Wir sollten den Gemeinderat nicht auf irgendeine Art und Weise beschneiden“, sagt er und wirbt dafür, sich „so viel Spielraum wie möglich zu erhalten, um bezahlbaren Wohnraum schaffen zu können“. Selbst bei einem Verkauf an Investoren ließe sich die Miete vertraglich regeln. Wie viel Gemeinde-Fläche an der Tölzer Straße überhaupt für Wohnbebauung zur Verfügung steht, ist eh unklar. Im Quartier soll eine Kita entstehen. Und die, betont Löwis, muss auf Gemeindegrund gebaut werden.

[Merkur, 19.02.2019]