16 Dez

Waffe gegen explodierende Mietpreise

Das Prizip der Sozialgerechten Bodennutzung (SoBoN) ist ein wichtiges Instrument der Wohnungspolitik. Es stellt sicher, dass es gerade in Boom-Regionen bezahlbare Wohnungen gibt. Jetzt hat der Gemeinderat die Einführung einer SoBoN-Richtlinie beschlossen.

Wird Grünland zu Bauland, kommt das in Metropolregionen einer Vergoldung gleich. Um sicherzustellen, dass nicht nur Investoren davon profitieren, sondern Wohnraum entsteht, den sich Otto-Normal-Bürger leisten können, hat der Gemeinderat Holzkirchen in seiner jüngsten Sitzung beschlossen, eine sogenannte SoBoN-Richtlinie einzuführen. Sie hat neben der Schaffung von günstigen Wohnungen auch das Ziel, die planungsbegünstigten Eigentümer an den (Folge-)Kosten zu beteiligen, die bei der Schaffung von Baurecht entstehen.

Wie berichtet, hatte die Verwaltung mit einer spezialisierten Rechtsanwaltskanzlei eine entsprechende Richtlinie ausgearbeitet. In der Sitzung am Donnerstag stellte Gerhard Spieß von der Münchner Kanzlei Döring Spieß die Richtlinie nun dem Gesamtgemeinderat vor. Der Hauptausschuss hatte sich bereits damit befasst (wir berichteten). Sie zielt auf große Bauvorhaben ab einer Geschossfläche von 500 Quadratmetern ab. „Kleinteilige Nachverdichtung im Bestand fällt nicht unter das SoBoN-Prinzip“, erklärte Spieß. Die Richtlinie sieht zwei Instrumente vor, die je nach Situation zum Einsatz kommen können: das Erwerbsmodell und das Vertragsmodell.

Bei Ersterem erwirbt die Gemeinde vom planungsbegünstigten Eigentümer mindestens 50 Prozent des zur Disposition stehenden Bruttobaulands, und zwar vor Einleitung des Bauleitplanverfahrens zu einem gutachterlich ermittelten Verkehrswert. Innerhalb von fünf Jahren müssen Gemeinde und Eigentümer (auf seinen Restflächen) das Baugebiet dann umsetzen.

Sepp Sappl sen. schienen mindestens 50 Prozent zu hoch. Er befürchtete eine drosselnde Wirkung, stimmte dem Beschluss aber dann doch zu. Auch, weil Rechtsanwalt Spieß deutlich machte, dass die Details der Richtlinie angepasst und künftig geändert werden könnten: „Probieren Sie es aus“, riet er den Gemeinderäten.

Er betonte zudem, dass der Vorwurf der Enteignung, der von SoBoN-Kritikern zuweilen erhoben werde, unzutreffend sei. „Über allem schwebt der Angemessenheitsgrundsatz.“ Dadurch verbleibe beim Eigentümer stets ein angemessener Wert, der mit Blick auf die Wertsteigerung, die Boden durch Baurecht erfahre, erklecklich sei. Zudem sei Sozialgerechte Bodennutzung ein klarer Auftrag der Bauleitplanung.

Beim Vertragsmodell gibt es derweil zwei Varianten. Spielart eins sieht vor, dass die Gemeinde mindestens 40 Prozent der neu gebauten Wohnungen zum Herstellungspreis erwirbt. Bei der zweiten Variante des Vertragsmodells erwirbt die Gemeinde nichts, aber bindet die Eigentümer mit einem städtebaulichen Vertrag. Sie kann so Belegungsrechte, eine Mietpreisbremse oder eine Vermietung nur an Einheimische zur Bedingung machen. Der Nachteil an diesem Modell ist, dass die Bindung in aller Regel nach 25 Jahren entfällt.

Robert Wiechmann (Grüne) erntete zustimmendes Kopfnicken im Gremium, als er die Richtlinie folgendermaßen lobte: „Es kann nicht sein, dass die Steigerung von Bodenwerten privatisiert und die Kosten sozialisiert werden.“ Zudem schaffe sie Transparenz im Bauleitplanverfahren: „Man hätte unken können, dass in den Hinterzimmern irgendwas gemauschelt wird.“ Denn tatsächlich regelte die Gemeinde die soziale Komponente des Städtebaurechts bei größeren Baulandentwicklungen schon zuvor. Die Details wurden stets projektbezogen in städtebaulichen Einzelverträgen getroffen. Jetzt hat sie einheitliche und vorzeigbare Kriterien für die Wohnbaulandentwicklung an der Hand. „Das gibt den Bauträgern Sicherheit, weil sie wissen, was auf sie zukommt“, so Spieß.

Gemeinderat beschließt Arbeitskreis Wohnraum

Die Anwendung der SoBoN-Richtlinie (siehe Text oben) ist eines der Themen, mit denen sich der neue Arbeitskreis Wohnraum befassen wird. In der Sitzung am Donnerstagabend hat sich der gemeinderat Holzkirchen geeinigt, einen solchen Arbeitskrei (AK) in der Größe eines Ausschusses einzurichten. er folgt damit der Empfehlung des Hauptausschusses (wir berichteten). Der AK soll mit Gemeinderäten anhand des Spiegelbildlichkeitsprinzips besetzt werden. Elisabeth Dasch (SPD) kritisierte die Besetzung nur durch Gemeinderatsmitglieder und schlug eine Besetzung auch mit Experten vor – analog zum Mobilitätsausschuss auf Kreisebene: „Die Politiker spinnen, die Experten bringen sie wieder auf den Boden. Das ist befruchtend“, so Dasch, die auch im Kreistag sitzt. Bürgermeister Christoph Schmid (CSU) entgegnete: „Unterschätzen Sie die Expertise der Gemeindeverwaltung nicht.“

Die Frage nach dem Bedarf an fachlicher Expertise soll nun bei der ersten Zusammenkunft des neuen AK geklärt werden, erläuterte Marktbaumeisterin Karolina Holzbach. Außerdem sollen dabei die Themen priorisiert werden. Dazu zählen unter anderem Nachverdichtung, die Frage, wie es nach dem Umzug des Bauhofs mit dem innerörtlichen Bauhofgelände weitergeht, und die Zukunft der gemeindlichen Wohnanlage an der Baumgartenstraße.

[Merkur, 16.12.2023]

01 Dez

AK Wohnraum sucht Stein der Weisen

Bezahlbarer Wohnraum in Holzkirchen ist Mangelware geworden. Der neue Arbeitskreis Wohnraum des Gemeinderats soll sich Gedanken über Lösungen machen – eine Suche nach dem Stein der Weisen.

Holzkirchen – Wohnen ist im teuren Holzkirchen ein bewegendes Thema. Die Marktgemeinde versucht nicht nur auf Verwaltungsebene, etwa mit Sozialgerechter Bodennutzung gegenzusteuern. Marktbaumeisterin Karolina Holzbach schlägt auch einen Arbeitskreis Wohnraum aus Mitgliedern des Gemeinderats vor, um sich Gedanken zu machen, wo und wie im Gemeindegebiet die Schaffung von günstigem Wohnraum angestoßen werden kann. Der Hauptausschuss sprach sich mehrheitlich dafür aus, die Entscheidung wird im Gemeinderat fallen.

Holzbach selbst fehlte in der Sitzung des Hauptausschusses zwar erkrankt, Bauamtsmitarbeiter Kilian Lex führte den Vorstoß aber aus. „Aufgrund des angespannten und hochpreisigen Wohnungsmarktes ist es notwendig, weitere Potenzialflächen für den Wohnungsbau zu identifizieren“, schickte Lex voraus. Ein Arbeitskreis solle herausarbeiten, was es brauche, damit mehr bezahlbarer Wohnraum klimagerecht geschaffen werde. Die Marktbaumeisterin schlägt auch konkrete Themen vor: So sollen etwa bestehende Bebauungspläne auf Nachverdichtungspotenzial untersucht und innerörtliche Entwicklungsprojekte erörtert werden – etwa die Folgenutzung für den Bauhof, der in etwa einem Jahr in einen Neubau aussiedelt, oder eine Wohnanlage Baumgartenstraße. Themen, die auch bei einer Gemeinderatsklausur angesprochen worden waren.

Man wolle „politische Impulse mitnehmen“, erklärte Bürgermeister Christoph Schmid (CSU). Bei der Entwicklung von altem Bauhofareal und Wohnanlage Baumgartenstraße gebe es die Gelegenheit, die politische Richtung vorzugeben, die die Verwaltung dann ausarbeiten könne. Schmid schlug vor, den Arbeitskreis personengleich mit dem Hauptausschuss zu besetzen, stieß im Gremium jedoch auf Bedenken. Die Fraktionen sollen stattdessen selbst ihre Mitglieder für den neuen Arbeitskreis benennen; Experten sollen nach Bedarf hinzugezogen werden. Nur Elisabeth Dasch (SPD) stimmte gegen diese Vorgehensweise; sie vermisste ständige Fachexpertise in einem Arbeitskreis aus Gemeinderäten.

Dass Handlungsbedarf besteht, darin herrschte weitgehend Einigkeit im Hauptausschuss. „Ich finde es gut, dass wir von Vornherein die Arbeit der Verwaltung politisch mitgestalten“, meinte Sebastian Franz (CSU). Das Thema des Arbeitskreises Wohnen sei sehr weitreichend, fand Dasch, es gehe ja auch darum, Quartierswohnen zu entwickeln, damit etwa Ältere Alternativen zum zu groß gewordenen Haus im gewohnten Nahfeld finden können. Auch Betreutes Wohnen nannte Dasch als Beispiel. Die Frage sei nicht nur, was die Gemeinde mit ihren Liegenschaften anstelle, sondern wie man Investoren dazu bringen könne, zu realisieren, was die Gemeinde brauche.

Dem stand Schmid nicht grundsätzlich im Wege. Der Arbeitskreis müsse Leitplanken setzen, was erarbeitet werden solle. Holzkirchen habe einen extrem angespannten Wohnungsmarkt, stellte Schmid fest. „Wir müssen uns fragen, wer macht bei uns im Ort die Arbeit in den normal bezahlten Facharbeiterpositionen, weil die sich Holzkirchen unter Umständen nicht mehr leisten können. Es darf nicht so weit kommen.“

[Merkur, 01.12.2023]