26 Mai

Bürgerversammlung: Fernwärme im Fokus

Redemarathon bei der Bürgerversammlung: Mehr als drei Stunden hat Holzkirchens Bürgermeister am Donnerstagabend referiert und 20 Anfragen beantwortet. Im Zentrum des Interesses: der Ausbau des Fernwärmenetzes.

Holzkirchen – Bürgermeister Christoph Schmid (CSU) räuspert sich, schenkt sich Ingwertee aus seiner Thermoskanne nach – ein Catering gibt es wegen Fachkräftemangels in der Gastronomie nicht an diesem Abend im Oberbräu-Festsaal – und legt wieder los. Kommunale Bauvorhaben, Energie- und Umweltthemen, Ortsentwicklung, Sport und Freizeit. Keine fünf Minuten Pause gönnt er sich nach seinem eineinhalbstündigen Referat, bevor er sich Anträgen und Anfragen widmet – sonst hätte sich die Versammlung wohl bis Mitternacht gezogen. Hier die wichtigsten Themen:

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Maitz

Die Projektgruppe „geMaitzam Wohnen“, die an der Maitz bezahlbaren Wohnraum schaffen wollte, das aber wegen Finanzierungsschwierigkeiten nicht weiterverfolgte (wir berichteten), hat sich mit einer bestehenden Wohnbaugenossenschaft zusammengeschlossen. Diese treibt das Vorhaben nun voran. Um welche Wohnbaugenossenschaft es sich handelt, will Schmid noch nicht sagen. Er ist zuversichtlich, dass ihr die Realisierung trotz schlechter Rahmenbedingungen gelingt. „Sie hat im Gegensatz zur Projektgruppe langjährige Erfahrung bei der Realisierung solcher Vorhaben.“ Anfang 2024 will die Genossenschaft ihren Entwurf präsentieren, der sich laut Schmid nicht wesentlich von dem der Projektgruppe unterscheidet. Wenngleich er kostengünstiger sein dürfte: „Die Wohnbaugenossenschaft weiß, dass nicht jeder Wunsch berücksichtigt werden kann, wenn man günstig wohnen will.“

Caritas-Hort

Sanierung und Aufstockung des Caritas-Kinderhortes an der Frühlingstraße 6 werden zurückgestellt. „Aktuell sind wir leider gezwungen, beim Haushalt selektiver vorzugehen“, sagt Schmid. Ende 2022 hatte der Gemeinderat beschlossen, das Gebäude im Zuge einer Sanierung aufzustocken, um Dienstwohnungen zu schaffen.

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Wohnen Tölzer Straße

Für das Bauvorhaben „Wohnen zwischen Tölzer Straße und Baumgartenstraße wird ein neues Verkehrsgutachten erstellt. Das alte datiert auf 2019, ist also vor dem Bürgerentscheid zu Umgehungsstraßen erstellt worden. Wie berichtet, fürchten Anwohner einen Verkehrskollaps, wenn dort wie geplant rund 200 Wohnungen und mehr als 300 Tiefgaragenplätze entstehen.

[Merkur, 26.05.2023]

13 Mai

Neues Quartier an Baumgarten-/Tölzer Straße: Droht Verkehrskollaps?

Mehr als 200 Wohnungen, eine Kita und ein Supermarkt: Zwischen Tölzer Straße und Baumgartenstraße soll eines der größten Wohnbauprojekte Holzkirchens entstehen. Jetzt ist die Bauleitplanung auf der Zielgeraden.

Holzkirchen – Bürgermeister Christoph Schmid (CSU) rechnet damit, dass die Bauleitplanung Ende des Jahres beziehungsweise Anfang 2024 abgeschlossen ist. Dann ist das Areal baureif, und es steht fest, was die sechs Eigentümer des fast vier Hektar großen Areals bauen dürfen. Ursprünglich war ein Baubeginn 2021 avisiert, doch die Gespräche mit den Grundbesitzern zogen sich bis jetzt.

Wann die Bauarbeiten beginnen, ist indes noch unklar: „Das hängt von den privaten Grundbesitzern ab, denen ich nicht vorgreifen kann“, sagt Schmid. Es sei dann an ihnen, einen Bauantrag zu stellen. In der Vergangenheit sei das sehr flott gegangen. Derzeit komme es aber aufgrund hoher Zinsen und Baukosten zu Kalkulations- und Vertriebsschwierigkeiten, weshalb eine Prognose zum Bauantragsverfahren schwierig sei. Auch die Marktgemeinde selbst hat sich Grund auf dem Areal gesichert. Schmid geht davon aus, dass die Eigentümer die zulässige Wohnungszahl – insgesamt sind 230 als Richtwert geplant – tatsächlich ausschöpfen, nicht zuletzt, weil Boden teuer sei.

Die Dimension des neuen Ortsteils stößt manchen Anliegern sauer auf. Vor allem die Zahl von 330 Tiefgaragenplätzen – sowie zahlreiche weitere Parkplätze an der Oberfläche – alarmiert sie: „Durch die massive Bebauung ist ein Verkehrskollaps Richtung Ortsmitte und Oskar-von-Miller-Platz zu erwarten“, heißt es in einer Stellungnahme, die der Redaktion vorliegt. Noch bis 25. Mai hat die Öffentlichkeit die Möglichkeit zum Bebauungsplan Nummer 150 Stellung zu nehmen und Einwände vorzubringen.

Schon jetzt komme es zu bestimmten Tageszeiten auf der Tölzer Straße und der Baumgartenstraße zu Staus – mit negativen Folgen wie Lärm und Luftverschmutzung. „Gibt es Planungen, wie man das lösen möchte?“, heißt es in dem Schreiben. Letztlich, so die Befürchtung, könnten auch Roggersdorfer Straße und Haidstraße verstopfen, weil anzunehmen sei, dass diese als Umgehung des Nadelöhrs Oskar-von-Miller-Platz genutzt würden. Dann müsse über den Bau eines Radwegs an der Roggersdorfer Straße nachgedacht werden, um Gefahren für Radler zu minimieren. Obendrein: Mehrung von Wohnungen in den Mehrfamilienhäusern ebenfalls an der Baumgartenstraße.

Schmid betont: „Wir nehmen die Einwände sehr ernst.“ Man werte alle Anregungen und Stellungnahmen aus und wäge sie ab. „Wir schauen auch, ob Einwände kommen, an die wir selbst nicht gedacht haben“, so Schmid. Er kann die Befürchtungen der Nachbarn des neuen Ortsteils nachvollziehen: „Die Sorgen sind berechtigt“, sagt er. Schon jetzt gebe es zu Stoßzeiten Verkehrsprobleme. „Vor allem bei Ausflugswetter nutzen auch Tagestouristen aus München die Baumgartenstraße gern als Alternative zur Tölzer Straße.“

Dennoch ist Schmid zuversichtlich, dass es nicht so schlimm kommt, wie Anwohner befürchten. „Die Idee ist ja, dieses Gebiet autark zu gestalten.“ Durch Kita (acht Gruppen sind in dem Bau an der Tölzer Straße geplant) und einen Nahversorger entstehe eine Gebiet der kurzen Wege.

Ob das Verkehrsgutachten des Büros Kaulen aus dem Jahr 2019 jetzt – nach dem Aus zu Umgehungsstraßen per Bürgerentscheid – überhaupt noch aussagekräftig ist, vermag Schmid aktuell nicht zu beantworten.

Wie berichtet, hatte sich beim städtebaulichen Wettbewerb 2019 ein Entwurf durchgesetzt, der sich in zwei Abschnitten realisieren lässt. Im ersten ist der Bau von 140 Wohnungen vorgesehen. Im zweiten könnten 90 weitere dazukommen, allerdings erst, wenn die Landwirtschaft im Norden des Areals nicht mehr betrieben wird. Vorgesehen sind mehrere Baukörper – darunter vier Wohnhöfe – um einen Grünanger mit Streuobstwiese herum.

Die Tiefgarage soll laut Plan über fünf Zufahrten erschlossen werden: Zwei an der Baumgartenstraße, zwei an der Holzstraße und eine an der Tölzer Straße. An der Tölzer Straße sind außerdem eine oder zwei Linksabbiegespuren zur Erschließung des Areals geplant. Zwar könne die Tölzer Straße ersten Berechnungen zufolge mehr als die aktuell 13 700 Fahrzeuge täglich verkraften, die Ausfahrt aus der Tiefgarage sei jedoch kritisch, heißt es in den Unterlagen, die derzeit im Bauamt ausliegen. Hier sei in der Spitzenstunde mit Rückstaus zu rechnen.

[Merkur, 13.05.2023]

07 Mai

Genossen in Finanznot

Genossenschaften galten lange als letztes Bollwerk gegen die absurd hohen Mieten in der Stadt. Jetzt machen die Kostensteigerungen im Bau auch ihnen zu schaffen. Neue Projekte stehen auf der Kippe und Bestandsmieter müssen tiefer in die Tasche greifen.

Die allgemeine Kostensteigerung – unter anderem wegen des Ukraine-Krieges – schläft auch bei den Genossenschaften voll durch. Zusätzlich dürfte die Zinsentwicklung nicht spurlos an den Genossen vorbeigehen. Mehrere der sozialen Bauträger erhöhen deshalb ihre Mieten. Sowohl Wogeno als auch Wagnis und die Wohnungsgenossenschaft München West kündigen Preissteigerungen an. „Es wird Zähneknirschen geben“, sagt Thomas Kremer, Vorstand der Wogene, „die Belastungen sind groß. In der Massivität, wie wir jetzt erhöhen, ist das außer der Reihe.“

Wie stark genau die Mietpreise steigen, erfahren die Wogeno-Mitglieder heute in einer Online-Konferenz. In einem Schreiben kündigt die Genossenschaft an: „Die stark gestiegenen Energie- und Baukosten, die immer noch steigenden Zinsen und Verbraucherpreise und Lohnerhöhungen setzen uns unter Druck. Daher sehen wir uns gezwungen, die Nutzungsgebühren im Bestand in den nächsten Monaten anzupassen.“

Bei Wagnis bezahlen die Bewohner der Projekte Wagnis Art, Wagnis 3 und Wagnis 4 bald mehr als bei ihrem Einzug, wobei es vor allem die Mieter von frei finanzierten Wohnungen trifft. Sie haben es künftig mit 14,30 Euro pro Quadratmeter zu tun (aktuell: 13 Euro). Das liegt zwar immer noch spürbar unter dem Marktdurchschnitt, aber die Werte nähern sich an.

Auch die Wohnungsgenossenschaft München West erhöht stärker als sonst. „Bei uns steigen die Mieten turnusmäßig alle zwei Jahre“, sagt Vorstand Thomas Schimmel, „diese Erhöhung hat letztes Jahr schon sechs Prozent betragen statt vier wie noch 2020.“ Das allerdings von einem niedrigen Sockel aus – bei der München West liegt der Preis im Schnitt noch bei 6,80 Euro.

„Das Hauptproblem sind die Zinsen“, sagt Natalie Schaller, Leiterin der städtischen Mitbauzentrale. „Gerade jüngere Wohnungsgenossenschaften stemmen Projekte nicht aus Eigenkapital, weil sie ihre Grundstücke nicht beleihen können. Inzwischen zahlt man für Darlehen aber drei Mal so viel wie vor einem Jahr.“ Was für die Zinsen anfällt, fehlt dann bei Betrieb und Instandhaltung der Bestandsbauten, die ebenfalls teurer werden – weshalb die Mieter einspringen müssen.

Die Genossenschaften erhöhen aber nicht nur die Mieten: Sie bauen auch nicht mehr. Obwohl man die Ausschreibungen lange erwartet hatte, bewarben sich 2022 zum Beispiel weder Wogeno noch Wagnis noch München West um ein Grundstück im Neubaugebiet Neufreimann. Eine dichte Bebauung mit Hochhäusern und Einzelhandel bedeute ein zu hohes Kostenrisiko. Zwar hat die Stadt im Februar ein Hilfspaket über 270 Millionen Euro für laufende Bauprojekte mit Niedrigmieten beschlossen. Dieses kam aber für viele Genossenschaften, die in Neufreimann oder auch im Kreativquartier an der Dachauer Straße gern zugeschlagen hätten, zu spät. Und: „Die Anstrengungen der Stadt sind anerkennenswert“, sagt Vorstand Kremer, „aber wir brauen gerade mit Anstrengung ein Projekt in Freiham fertig. Alles Weitere können wir uns in den nächsten Jahren nicht leisten.“

[Merkur, 07.05.2023]