08 Dez

FW verhindern Steuer auf unbebaute Grundstücke

Die Freien Wähler geben sich sehr gerne als Partei der Kommunen. Nun aber hat ihre Landtagsfraktion ausdrücklich gegen den Willen der Städte und Gemeinden gehandelt. In der Kabinettssitzung am Sonntag haben die Freien Wähler durchgesetzt, dass die Kommunen im Bayern künftig keine besondere Steuer auf baureife Grundstücke erheben können, die von ihren Besitzern in der Absicht nicht bebaut werden, damit Spekulationsgewinne zu erzielen. Die Städte und Gemeinden fordern diese Steuer, die sogenannte Grundsteuer C, seit Langem, um Zugriff auf solche Flächen zu bekommen und damit etwas gegen den Flächenverbrauch außerhalb der Ortschaften tun zu können. Die CSU wollte ihnen die Möglichkeit geben, sie einzuführen.

Der Chef der FW-Fraktion im Landtag, Florian Streibl, sprach von einem großen Erfolg. „Jetzt ist klar, dass das neue Grundsatzsteuergesetz nicht die Grundsteuer C beinhalten wird“, sagte er. „Eigentum bleibt gesichert und vor allem wird den vielen kleinen Grundstücksbesitzern geholfen.“ Die FW-Fraktion löse ein „essenzielles Versprechen“ ein, sagte Streibl. „Mit uns wird es keine Steuererhöhungen geben.“ Schon früher hatten die Fraktion bei jeder Gelegenheit betont, dass die Grundsteuer C „keine Vorteile für unsere Gemeinden bringt“, wie zum Beispiel der FW-Abgeordnete Hans Friedl sagte.

Die Kommunen haben kein Verständnis für diese Position. Viele Bürgermeister haben das Problem, dass Grundbesitzer auf ihren zentral gelegenen Grundstücken trotz Baurechts teils Jahre lang keine Wohnungen errichten, weil sie auf eine Wertsteigerung der unbebauten Flächen spekulieren. Oft bleibt den Kommunen dann nur übrig, an den Ortsrändern Bauland auszuweisen. Das heizt den Flächenfraß an. Mit der Grundsteuer C für baureife innerörtliche Flächen könnten die Kommunen das Problem angehen. Deshalb üben sie scharfe Kritik an den FW. Der Gemeindetagschef und Abensberger Bürgermeister Uwe Brandl (CSU) spricht sogar von einem „kommunalfeindlichen Akt“. Auch an der FW-Basis gibt es kein Verständnis. „Man kann nicht Flächensparen predigen, wie das unsere Landespolitiker tun“, sagt die FW-Bürgermeisterin des Marktes Erlbach, Birgit Kress. „Und uns Kommunen die Instrumente dafür verweigern.“

[Süddeutsche Zeitung, 08.12.2020]

https://www.sueddeutsche.de/bayern/bayern-freie-waehler-grundsteuer-c-kritik-1.5140248

07 Dez

Viel ungenutztes Baurecht in Holzkirchen

Holzkirchen – Bei seinen Fahrradtouren durch Holzkirchen sei ihm aufgefallen, dass es an vielen Stellen in der Gemeinde Baurecht gibt, das noch nicht genutzt wird, erzählte Bürgermeister Christoph Schmid (CSU) den Mitgliedern des Bauausschusses. An diesen Stellen dürfte also gebaut werden, ohne dass die Gemeinde gefragt werden muss. Mitunter liegen die Beschlüsse des Gemeinderates Jahre oder sogar Jahrzehnte zurück, ergänzte das Gemeindeoberhaupt.

Doris Hötzendorfer (Bauamt-Verwaltung) zeigte im Bauausschuss auf, wo diese Stellen liegen. „Die größten Flächen liegen vor allem im Norden“, so Hötzendorfer. Doch Flächen mit Baurecht zögen sich durch den ganzen Ort. Ein grober Überblick habe ergeben, dass derzeit rund 100 Wohneinheiten gebaut werden dürften. Das Brisante daran ist: Wohnraum ist in Holzkirchen knapp – und teuer. Wenn nicht gebaut wird, fehlt also dringend benötigter Wohnraum.

Eine direkte Schlussfolgerung daraus zog Schmid selbst: „Ein Bebauungsplan, mit dem nichts passiert, kann auch wieder aufgehoben werden.“ Er fügte aber an, dass er dies nicht als Drohung verstanden wissen wolle. „Es ist keine Praxis in Holzkirchen, Baupläne wieder aufzuheben“, so Schmid auf die Frage von Wolfgang Huber (SPD), was jetzt schon aufgehoben werden könnte.

Für das Gemeindeoberhaupt ist die Information über nicht genutztes Baurecht als „eine wesentliche Leitlinie für den Ortsentwicklungsplan“ anzusehen, gab er zu verstehen. „Es ist das erste Mal seit Mai, dass ich von Dir begeistert bin“, sagte Robert Wiechmann (Bündnis 90/Die Grünen) zu dieser Anregung Schmids. Es käme nun darauf an, welche Schlüsse man daraus zieht. Martin Taubenberger (FWG) betonte, dass bei zehn Jahre alten Bauplänen anzunehmen sei, dass diese doch wieder im Gemeinderat landen werden. „Aber 100 mögliche Wohnungen, das ist auch ein Pfund“, kommentierte er die Ausführungen Hötzendorfers. Für Schmid lautet eine der zentralen Fragen, die sich mit Blick auf nicht genutztes Baurecht jetzt stellt: „Wo entwickelt sich Holzkirchen ohne unser Zutun?“ Inspirationen dazu dürfte das Gemeindeoberhaupt nicht zuletzt auf weiteren Fahrradtouren durch die Gemeinde erhalten.

[Merkur, 07.12.2020]

01 Dez

„Holzkirchen geht einen neuen Weg“

Holzkirchen – Bürgermeister Christoph Schmid (CSU) ist guter Dinge: „Wir kommen mit regelmäßigen Schritten dem Thema näher.“ Robert Wiechmann (Grüne) findet: „Holzkirchen geht hier einen ganz neuen Weg.“ Zumindest für Holzkirchner Verhältnisse. Anderswo seien solche Projekte längst Realität. Mit dem Bauprojekt im Neubaugebiet Maitz hat sich der Gemeinderat jetzt in seiner Sitzung beschäftigt. Natalie Schaller vom Beraterbüro, der stattbau münchen GmbH, stellte Kriterien zum Vergabeverfahren vor.

Wie berichtet, vergibt der Markt gemeindlichen Baugrund nicht an Höchstbietende, sondern in Erbpacht an Gruppen mit einem überzeugenden Konzept für gemeinschaftliches Wohnen. Unter anderem gewürzt mit pfiffigen Ideen in Sachen Mobilität, Nachbarschaft und Bauökologie. Leistbares Wohnen ist ebenfalls ein Ziel. Es handelt sich um eine rund 2300 Quadratmeter große Fläche am westlichen Ortsrand von Holzkirchen. Zwei Häuser sollen entstehen, beide gehen an eine Genossenschaft oder Baugruppe. Bei einem Ortstermin im Oktober stellten sich bereits vier Interessenten-Gruppen vor. Die besten Bewerber dürfen am Ende bauen.

Die Ausschreibung ist für das erste Quartal 2021 geplant, die Bewerbungsfrist soll drei Monate dauern. Um mehr Planungssicherheit zu bekommen, müssen bei der Bewerbung mindestens 20 Prozent der Bewohner namentlich feststehen. Um zu gewährleisten, dass die Umsetzung realistisch ist, müssen Interessenten Mindestanforderungen erfüllen: So sollen sie zum Beispiel eine professionelle Begleitung nennen und eine Grobkostenschätzung vorlegen. Vorab soll daher ein Gutachter im Namen der Gemeinde den Verkehrswert des Grundstücks sowie den Erbpachtzins ermitteln, ergänzte Schaller.

Laut Marktbaumeister Florens Hintler gilt als Eingangskriterium auch, dass Einheimische mit dabei sind. Schaller zufolge kann man hierbei für die ortsansässige Bevölkerung eine Quote von 50 Prozent festlegen, was eine Rücksprache mit Juristen ergab. Sie warnte davor, den Begriff, „Einheimische“ zu verwenden, das sei juristisch kritisch. Robert Wiechmann (Grüne) plädierte dafür, den Begriff der „indigenen Bevölkerung“ – wie er witzelte – so zu formulieren, „dass es uns später nicht um die Ohren fliegt“. Johannes Dörder (CSU) möchte, dass „junge Holzkirchner an Wohneigentum kommen“.

Schaller empfahl, den Umfang der Bewerbungsunterlagen konkret vorzuschreiben, um vergleichbare Ergebnisse zu bekommen. Liegen alle Dokumente vor, übernehmen Verwaltung und das stattbau-Büro die Vorprüfung. Anschließend formuliert ein Gremium, bestehend aus Verwaltung und Politik (etwa mit Bürgermeister und Fraktionsvertretern), die Vergabeempfehlung. Es führt auch Bewerbungsgespräche. Die letzte Entscheidung trifft dann der Gemeinderat.

Die kostenlose Reservierungsphase dauert laut Schaller 18 Monate, mit einer Option auf sechs Monate Verlängerung, für die eventuell Kosten anfallen. „In dieser Phase sichern wir die Qualität“, erklärte die Beraterin. Hierbei müssen die Bewerber gewisse Schritte einhalten, etwa eine Vorplanung einreichen.

Karl Bär (Grüne) wollte wissen, ob es bei Verzögerungen eine Deadline gebe. Schmid verwies darauf, dass man sowieso in ständigem Kontakt mit den Interessenten stehe. Das diene als Frühwarnsystem. „Wenn es hakt, begleitet unsere Verwaltung den Prozess.“ Sebastian Franz (CSU) befürwortet ein zeitliches Limit: „Wir wollen kein Dauerprojekt der Reservierung.“

Torsten Hensel (FWG) ist begeistert von dem Projekt: „Wir denken, Bedarf und Interesse sind da.“ Er glaubt, dass das Vorhaben in der Maitz eine Blaupause für weitere Projekte sein kann. Elisabeth Dasch (SPD) nickte: „Das Modell lässt sich bestimmt kopieren.“ Am Ende stimmte der Gemeinderat einmütig für das Vergabeverfahren. Die Verwaltung bereitet jetzt die Ausschreibung vor.

[Merkur, 01.12.2020]