Firmen wünschen sich mehr Wohnraum
Wer in Holzkirchen eine Wohnung sucht, der braucht Glück und einen dicken Geldbeutel. Der Mangel an bezahlbaren Wohnungen wächst sich langsam auch zu einem Problem für Unternehmen aus. Diesen Schluss legt eine Umfrage der Bürgerinitiative „Gemeinsam anders wohnen“ nahe. Die Initiative fordert die Gemeinde auf, mutiger und schneller zu reagieren.
Holzkirchen – „Wohnen – ein Standortvorteil?“ Unter diesem Titel versandte die Bürgerinitiative (BI) „Gemeinsam anders wohnen“ in den vergangenen Wochen (16. Juli bis 15. August) Umfragebögen an rund 230 Holzkirchner Unternehmen, Praxen und Einrichtungen. Die BI wollte wissen, wie die Firmen die Wohnsituation ihrer Mitarbeiter in Holzkirchen einschätzen – und ob dies aufs Geschäft durchschlägt.
Immerhin 21 Antworten kamen zurück und der Tenor überrascht kaum: Unternehmen bereitet es zunehmend Probleme, dass Mitarbeiter keine Wohnung finden. „Die Ergebnisse zeigen, dass der Mangel an günstigen Miet-Wohnungen nicht nur für Bürger ein echtes Problem ist“, sagt BI-Sprecher Sebastian Oppermann, „es ist ein Problem für den Wirtschaftsstandort Holzkirchen.“
Obwohl nur zehn Prozent der angeschriebenen Betriebe antworteten, stuft Oppermann die Aussagekraft der durch Spenden finanzierten Umfrage als relevant ein: „Für eine privat organisierte Umfrage ist die Rücklauf-Quote in Ordnung.“
Nur rund ein Fünftel der 21 Firmen hält das Wohnungsangebot in Holzkirchen für gut. Zwischen 70 und 90 Prozent stellen dagegen fest, dass der Wohnraummangel sowohl für Mitarbeiter als auch für Unternehmen ein reales Problem darstellt. Fast alle (85 Prozent) sind der Ansicht, dass Wohnraum in Holzkirchen zu teuer ist.
Die Hälfte der Unternehmen berichtet von Mitarbeitern, die aktuell eine Wohnung suchen. Neben dem allgemeinen Fachkräftemangel machen zwei Drittel der Unternehmen fehlenden Wohnraum dafür verantwortlich, dass sie Stellen nicht besetzen können. Zusammenfassend sehen 65 Prozent Standortnachteile in Holzkirchen, die sie auf die aktuelle Wohnraumsituation zurückführen.
Die Botschaft sei deutlich, glaubt Oppermann. „Die Gemeinde hat Möglichkeiten, sie muss mehr Dampf machen beim Wohnungsbau.“ Konkret in der Maitz, in absehbarer Zeit an der Tölzer Straße und auf „einigen weiteren privaten Grundstücken“ gebe es genug Optionen, eine Offensive für bezahlbaren Wohnraum zu starten. Angekündigt sei vieles, „es müssen nur endlich auch Taten folgen“.
Die BI „Gemeinsam anders wohnen“ setzt sich seit Jahren für ein neues Wohnprojekt in Holzkirchen ein. Ihr Ziel ist der Bau einer Anlage gemeinsam mit der „Maro Genossenschaft für selbstbestimmtes und nachbarschaftliches Wohnen“, die mehrere Projekte in der Region realisiert hat. „Die Maro wird sich am Konzeptwettbewerb in der Maitz beteiligen“, kündigt Oppermann an. Dort will die Gemeinde ein Grundstück für 15 bis 20 Wohneinheiten zur Verfügung stellen (wir berichteten). Das beste Konzept soll den Zuschlag erhalten. Ende September ist eine erste Online-Präsentation für Interessierte geplant.
„Bezahlbarer Wohnraum“ heißt in der Regel, dass 30 Prozent des Netto-Einkommens in die Miete fließen. „In Holzkirchen geht teilweise die Hälfte des Einkommens für Miete drauf“, sagt der BI-Sprecher. Statt zehn bis zwölf Euro für den Quadratmeter würden bei Neubauten bereits 14 bis 16 Euro verlangt. Gesucht sind laut Oppermann besonders Ein- und Zwei-Zimmer-Einheiten für Lehrlinge, Studenten oder ältere Bürger, „die sich verkleinern wollen“.
Neun der 21 Firmen, die sich an der Umfrage beteiligten, beschäftigen weniger als 15 Mitarbeiter; drei haben über 100 Angestellte. 28 Prozent können sich vorstellen, sich an der Schaffung von Wohnungen für Mitarbeiter zu beteiligen. Darüber hinaus wünschen sich die Unternehmen mehr Tempo-30-Zonen und einen Ausbau des öffentlichen Personennahverkehr nach Bad Tölz und Miesbach. „Wenn Mitarbeiter im Ort keine Wohnung finden, weichen sie in die nächstgünstigere Umlandgemeinde aus“, sagt Oppermann. Sie werden zu Einpendlern, „und das verschärft die Verkehrsproblematik im Ort“.
[Merkur, 31.08.2020]