Neue Satzung lässt Herzen höherschlagen
Holzkirchen – Die neue kam auf allen Seiten gut an. Sebastian Franz (CSU) plädierte für die Satzung: Sie sei „gerechter, bürgerfreundlicher und innovativer“. Sie mache eine spürbare Reduzierung der Parkplätze möglich und garantiere günstige Mietpreise. Robert Wiechmann (Grüne) schloss sich diesem „positiven Zungenschlag“ an. „Wir beackern hier viele Felder.“ Man könne damit „neue Wohnformen pushen“, der ökologische Aspekt komme zum Tragen. „Es ist der richtige Weg.“ Auch Wolfgang Huber (SPD) zeigte sich angetan. In dem neuen Regelwerk stecke „viel Hirnschmalz“.
Es ist ein auf den ersten Blick eher trockenes Thema, das viele Herzen höherschlagen lässt und das der Bauausschuss kürzlich abgesegnet hatte (wir berichteten): die neue Stellplatzsatzung für Holzkirchen. Jetzt schlug das Thema im Gemeinderat auf, der das letzte Wort dazu hat.
Doris Hötzendorfer vom Bauamt erinnerte daran, dass der Gemeinderat 1995 die Stellplatzsatzung in Form eines Bebauungsplans beschloss. Diese regelt, wie viele Parkplätze ein Wohnbauprojekt braucht. „Aber viele Regelungen darin sind jetzt nicht mehr zeitgemäß“, erklärte sie. Eine neue Stellplatzsatzung muss her.
Zum einen will die Gemeinde damit preisgünstigen Wohnraum fördern. So muss ein Bauwerber zum Beispiel 25 Prozent weniger Pkw-Stellplätze vorweisen, wenn er sich über einen Zeitraum von 20 Jahren dazu verpflichtet, eine Miete zu verlangen, die 25 Prozent unter dem ortsüblichen Durchschnitt liegt. Auch besondere Wohnformen wie Genossenschaften sollen von der neuen Satzung profitieren. Genau wie Teilnehmer eines Konzeptvergabeverfahrens, wie es derzeit im Neubaugebiet Maitz läuft (wir berichteten). Zusätzlich bis zu 30 Prozent an Parkplätzen können Bauherren im Hauptort Holzkirchen künftig einsparen, wenn sie ein Mobilitätskonzept vorlegen, das für 20 Jahre gilt. Hierunter fallen etwa Car-Sharing-Projekte.
Zudem senkt die Gemeinde laut Hötzendorfer den Parkplatzschlüssel bei Verkaufsräumen, gewerblichen Anlagen, Büro- oder Praxisräumen sowie Gaststätten. Im Gegenzug werden tendenziell mehr Radparkplätze gefordert, deren Qualität steigen soll. Neu ist ein Ablösebetrag von 12 000 Euro pro Kfz-Parkplatz, der künftig einheitlich für alle Gemeindeteile gilt.
Christian Bitter vom Beraterbüro stattbau münchen GmbH erklärte: Wenn die Gemeinde in das Radwegenetz investiere, sei ein „hohes Verlagerungs-Potenzial“ vom Auto auf das Fahrrad da. Was den Öffentlichen Personennahverkehr angehe, sei die Gemeinde zwar gut aufgestellt. Allerdings hake es an der Taktung. Rechtsanwalt Michael Beisse von der Kanzlei Döring-Spieß bemerkte: Da ein Mobilitätskonzept nicht in der Bayerischen Bauordnung auftauche, gebe es die Möglichkeit, dieses in einem städtebaulichen Vertrag festzuhalten. Auch ein entsprechender Eintrag im Grundbuch sei ratsam, so Hötzendorfer.
Hubert Müller (FWG) wollte wissen, wie die Einhaltung des Mobilitätskonzepts über die Jahre geprüft wird, etwa, wenn Mieter eingezogen sind. Er befürchtet einen „riesen Verwaltungsaufwand“. Laut Bitter handelt es sich um größere Wohnanlagen, um die sich eine Hausverwaltung kümmert. „Aber als Verwaltung wird man nicht umhinkommen, ab und zu zu prüfen.“ Josef Sappl senior (CSU) sorgte sich eher um die Besucherparkplätze, die auch Handwerker und Pflegedienste nutzen. Laut Hötzendorfer aber sollen diese im öffentlichen Raum liegen. Simon Ammer (SPD) verstand nicht, warum man das Mobilitätskonzept auf 20 Jahre befristet. „Mir wäre es lieber ohne Fristbindung.“ Bürgermeister Christoph Schmid (CSU) erklärte: „Wir wissen nicht, wie sich Mobilität in der Zukunft verändert.“ Und: „Wir haben vielleicht nicht jedes Beispiel bis zur kleinsten Schraube durchgerechnet“, sagte er. „Aber wir haben uns viele Gedanken gemacht.“ Bei Bedarf müsse man nachjustieren.
Am Ende stimmte der Gemeinderat einhellig für die Satzung und hob zugleich den alten Bebauungsplan auf. Laut Hötzendorfer soll das neue Regelwerk noch heuer in Kraft treten.
[Merkur, 28.11.2020]