06 Mai

Baustopp wegen Preisexplosion

Hohe Kosten bremsen Wohnungsbau

München – Der rasante Anstieg der Baukosten bremst den Wohnungsbau in Bayern: Die Mehrheit der genossenschaftlichen und kommunalen Wohnungsunternehmen will neue Bauprojekte auf Eis legen. Auch Sanierungen bestehender Wohnungen werden sich verzögern. Das ergab eine Umfrage des Verbands bayerischer Wohnungsunternehmen (VdW) unter seinen knapp 500 Mitgliedsunternehmen. Falls der Preisanstieg nicht gestoppt wird, wollen demnach 60 Prozent der Mitglieder des Verbands Neubau- und Modernisierungsprojekte zurückstellen. Betroffen wären rund 3500 Wohnungen ab 2023.
„Die Wohnungswirtschaft kämpft schon lange mit den steigenden Baukosten“, sagte Verbandsdirektor Hans Maier. „Doch die jüngsten Kostensteigerungen sind für unsere Mitgliedsunternehmen kaum noch zu tragen.“ Aktuelle Bauvorhaben werden laut VdW im Vergleich zur ursprünglichen Kostenkalkulation um über 20 Prozent teurer.

Dem VdW gehören 493 bayerische Wohnungsunternehmen an. Die aktuelle Entwicklung kommt laut Verband zu einer Unzeit – die Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt sei weiterhin groß, die Branche stünde vor einer großen Herausforderung.


Die Entwicklung kommt laut dem Verband bayerischer Wohnungsunternehmen zu einer Unzeit: 60 Prozent der Mitglieder des Verbands bayerischer Wohnungsunternehmen (VdW Bayern) würden Projekte zurückstellen, falls der Preisanstieg am Bau nicht gestoppt wird. Das ergab eine Umfrage des VdW Bayern. Insgesamt sei wegen des immensen Kostenanstiegs die Kalkulation von 6600 Wohnungen die neu gebaut werden sollen, sowie die Modernisierung von 5200 Wohnungen, infrage gestellt, teilte der VdW Bayern am Mittwoch mit.

„Es handelt sich dabei um Projekte, die in der Planungsphase sind und bei denen erste Kostenvoranschläge ausgearbeitet wurden“, erklärt Tobias Straubinger, Sprecher des VdW Bayern. Werfe man einen Blick auf die wenige Monate alten Ausarbeitungen, seien diese meist schon nicht mehr aktuell, da in der Zwischenzeit die Preise weiter in die Höhe gegangen sind, erklärt Straubinger. Als Beispiel nannte er einen geplanten Dachgeschossausbau in Bad Tölz: Die Preise aus dem Kostenvoranschlag vom Januar waren bereits im April um 40 Prozent gestiegen.

Einfach umlegen könne man die hohe Kostensteigerung nicht. Unter den rund 500 Mitgliedern des VdW Bayern sind nach Angaben des Verbands kirchliche und kommunale Wohnungsunternehmen. Der Fokus liegt auf bezahlbarem Wohnen. „Von der Mietpreisgestaltung her haben wir keinen Spielraum nach oben“, sagt VdW-Sprecher Straubinger.

Nicht nur der gestiegene Preis für Kraftstoff, der für Baumaschinen benötigt wird, schlägt sich in den Kostenkalkulationen nieder. Der Preis für Betonstahl in Stäben lag beispielsweise im März um 19,3 Prozent höher als noch im Februar – im Vergleich zum Vorjahr sogar 60,4 Prozent über dem Niveau. Das gab der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie unlängst bekannt. Zuvor meldete das Bayerische Landesamt für Statistik, dass im Zeitraum von Februar 2021 bis Februar 2022 die Baupreise für den Neubau von Wohngebäuden um 13,5 Prozent gestiegen seien. Besonders starke Preissteigerungen würden sich laut dem Bayerischen Landesamt für Statistik bei Dämm- und Brandschutzarbeiten an technischen Anlagen abzeichnen, mit einem Plus von 20 Prozent.

„Über viele Jahre haben wir viel geleistet und gebaut“, sagt VdW-Sprecher Florian Straubinger, „jetzt sind unsere Mitglieder an einem Punkt, an dem es nicht mehr weitergeht.“

Nach der Auswertung der Umfrage des VdW Bayern würden die Wohnungsunternehmen dann ihre Projekte auf Eis legen, würde der Preisanstieg nicht gestoppt werden. „Wer wann reagiert kann jedoch nicht gesagt werden, das hängt von den einzelnen Unternehmen ab“, erklärt Straubinger auf Nachfrage. Auch welche Bauvorhaben genau betroffen sind, könne nach Abschluss der Umfrage nicht beantwortet werden.

Insgesamt komme die Entwicklung laut Straubinger in mehrfacher Hinsicht denkbar ungelegen. Zum einen kommen durch den Krieg in der Ukraine viele Geflüchtete nach Deutschland, die Unterkünfte suchen. Gleichzeitig schauen sich anerkannte Flüchtlinge, die bereits länger hier leben, nach eigenen Wohnungen um. Zum anderen sei die Situation auf dem Wohnungsmarkt ohnehin angespannt, so Straubinger.

Die hohe Inflation beschleunige die Nachfrage nach Immobilien derzeit zusätzlich, gab Stephan Kippes, Leiter des Marktforschungsinstituts des Immobilienverband Deutschland (IVD) am Dienstag bekannt. So stiegen die Immobilienumsätze in Bayern im ersten Quartal um 11,9 Prozent auf insgesamt 19,4 Milliarden Euro.

[Merkur, 05.05.2022]