Immobilien werden noch unerschwinglicher
Eine eigene Immobilie wird für immer mehr Menschen ein unerfüllbarer Traum bleiben. Schuld daran sind vor allem gestiegene Zinsen und höhere Baukosten. In Großstädten wie München ist die Lage besonders heikel.
Köln/München – Wohneigentum wird in Großstadtregionen wie München immer weniger erschwinglich. Höhere Baukosten und Zinsen sowie die Energiekrise erschweren die ohnehin schon angespannte Lage auf dem Immobilienmarkt. Das zeigt eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW).
Demnach konnten sich Ende 2022 Haushalte mit mittleren deutschen Einkommen von rund 3730 Euro netto nur noch 28 Prozent der angebotenen Einfamilienhäuser leisten. Laut der IW-Forscher waren es Anfang des Jahres noch 40 Prozent gewesen. Selbst für die 20 Prozent mit dem höchsten Einkommen in Deutschland war mehr als die Hälfte der angebotenen Immobilien zu teuer. Vor allem in Großräumen wie Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und Stuttgart ist die Lage brisant. Dort habe sich der Anteil der erschwinglichen Inserate in nur einem Jahr fast halbiert, so das IW. Als erschwinglich gilt eine Immobilie laut Studie dann, wenn die Haushalte höchstens 30 Prozent ihres Einkommens für Zins und Tilgung aufwenden müssen. In München ist das besonders selten der Fall. „Hier ist ein weiterer starker Rückgang von erschwinglichem Wohneigentum zu verzeichnen“, sagt Michael Voigtländer vom IW, der die Studie mitverfasst hat.
Schuld an der weiteren Zuspitzung sind zum einen höhere Bauzinsen. Konnte man noch vor einem Jahr bei einem Prozent Zins ein Darlehen von 400 000 Euro mit einer monatlichen Annuität von 1500 Euro und 3,5 Prozent Tilgung in 25 Jahren abzahlen, braucht man heute bei einem Zinssatz von drei Prozent schon 37 Jahre. Zudem sind die Baukosten explodiert. Die Preise für Rohbauarbeiten stiegen innerhalb eines Jahres um 16 Prozent, die für Ausbauarbeiten um 17 Prozent. Auch politische Maßnahmen bewirkten eine Verteuerung. Unter anderem wurde Anfang 2022 die Förderung für Gebäude der sogenannten Effizienzhaus-Stufe 55 beendet und jene für Sanierungsmaßnahmen eingeschränkt. Auch deshalb ist ein rasanter Rückgang von Neubauten zu verzeichnen (siehe Grafik).
Entwarnung bei den Immobilienpreisen ist derzeit nicht in Sicht: Die starke Nachfrage und der weiter steigende Zuzug sprechen eher für weitere Preissteigerung. Erstaunlich sei auch, dass die inserierten Kaufpreise trotz der Kaufzurückhaltung bisher weitestgehend stabil geblieben sind, so die Forscher. Wem kaufen zu teuer sei, der miete nun – und treibe damit auch die Preise am Mietmarkt mit nach oben.
Um leichtere Finanzierungen zu ermöglichen, fordern die Autoren daher einen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer für Ersterwerber, wodurch mehr Eigenkapital für den Immobilienkauf zu Verfügung stünde. Auch die KfW könnte zinsgünstige Darlehen gewähren. Schließlich sollte laut IW eine staatliche Hypothekensicherung nach niederländischem Vorbild eingeführt werden.
[Merkur, 20.01.2023]