23 Mai

Neubaumieten werden immer teurer

Zwei Studien belegen Preisanstieg – 270 Euro Differenz zu Bestandswohnung

Dass die Mieten in München teuer sind, ist nicht neu. Wie teuer sie sind, das ist dann aber doch immer wieder unfassbar. Schwarz auf weiß belegen das zwei neue Untersuchungen: der neue „Residential Report Deutschland“ für 2020 der Firma BNP Paribas Real Estate und eine Erhebung des Portals Immowelt.

Der Residential Report dokumentiert die Preisentwicklungen für Mieten und Neubauten in ganz Deutschland für den Zeitraum zwischen 2014 und 2020, aufgeschlüsselt nach einzelnen Städten. München ist ihm zufolge immer noch der teuerste Standort vor Berlin, Frankfurt und Stuttgart.

Außerdem ist die Bayerische Landeshauptstadt unter den Metropolen Deutschlands unangefochtener Spitzenreiter, was Neubaupreise für Eigentumswohnungen betrifft: Ganze 9400 Euro pro Quadratmeter muss man im Schnitt für ein neu gebautes Eigenheim hinlegen – 59 Prozent mehr als vor sechs Jahren. Da waren es noch 5900 Euro pro Quadratmeter.

Aber nicht nur die Baupreise für Eigentumswohnungen klettern unaufhaltsam, sondern auch die Entwicklung der Mietpreise: Vor allem die Entwicklung in und um Schwabing bis nach Freimann ist enorm. Seit 2014 stieg die durchschnittliche Miete von Bestandswohnungen um ganze 53 Prozent. Sie liegt mittlerweile bei 24,25 Euro pro Quadratmeter. In Neuhausen sieht es kaum besser aus: Hier ist die Miete seit 2014 um 49 Prozent gestiegen, der Durchschnitt liegt bei 22,95 Euro pro Quadratmeter. Im oberen Segment von Wohnungen ist die Entwicklung noch weitaus krasser: Seit 2014 sind die Mieten im höherpreisigen Bereich um stolze 64 Prozent gestiegen.

Eine vergleichsweise niedrige Zunahme hat die Gegend von Forstenried bis Obersendling: „Nur“ 31 Prozent teurer sind hier Bestandswohnungen geworden, die Mieten für Neubauten sind um 38 Prozent gestiegen. Immerhin: Zusammen mit Frankfurt hat München die niedrigste Leerstandsquote aller Metropolen zu verzeichnen: Die liegt seit fünf Jahren stabil bei 0,2 Prozent.

Auch für die Zukunft prognostiziert der Report für den Münchner Wohnungsmarkt eine angespannte Situation. Immer weiter und vor allem kontinuierlich steigende Mieten deuten nicht drauf hin, dass sich die Lage entspannen wird. Und auch wenn in den letzten Jahren im Schnitt 7000 neue Wohnungen gebaut wurden, reichen die nicht aus, um die stetig hohe Nachfrage zu decken.

Laut der Studie von Immowelt müssen Mieter in der Bayerischen Landeshauptstadt deutlich mehr für eine Neubauwohnung zahlen als für eine Bestandswohnung. Die Miete für eine neue 80-Quadratmeter-Wohnung mit drei Zimmern im zweiten Stock (Baujahr 2017 und jünger) kostet im Durchschnitt 1570 Euro. Die Angebotsmieten von Bestandswohnungen liegen bei 1300 Euro – und sind damit immer noch deutlich teurer als die von Neubauten in anderen deutschen Städten. So zahlt man etwa in Berlin, Hamburg, Köln und Frankfurt „nur“ 980, 1070, 1010 und 1160 Euro für Neubauwohnungen. Abgeschlagen am Ende der Liste liegt Essen, wo man im Schnitt 680 Euro für den Neubau hinlegt.

Die Differenz zwischen Neubau- und Bestandswohnungsmieten ist mit 270 Euro in München ebenfalls deutlich größer als andernorts. Nur in Stuttgart ist die Kluft noch breiter, die Schwabenmetropole führt mit 310 Euro vor München die Liste an (siehe Grafik). Auch in hochpreisigen Großstädten wie Hamburg und Frankfurt beträgt die Differenz zwischen Neubau und Bestand schon über 200 Euro. In Düsseldorf ist sie mit 130 Euro noch vergleichsweise gering.

[Merkur, 28.04.2021]

22 Mai

Betreiber für Senioren-WG gesucht

Holzkirchen – Die Bürgerbeteiligung ist abgeschlossen, nun nimmt die Planung für das neue Wohnquartier „Winklbauer Höfe“ am Valleyer Weg in Holzkirchen weiter Gestalt an. Der Gemeinderat befasste sich in seiner jüngsten Sitzung mit dem städtebaulichen Entwurf der Quest AG, die als Bauträger auftritt. Es galt zu klären, ob die Marktgemeinde eine geplante Senioren-WG selbst betreibt und ob ein Spielplatz für Kinder ab drei Jahren angelegt werden soll.

Max von Bredow, Vorstandsvorsitzender der Quest AG, bezeichnete den Prozess der Bürgerbeteiligung als „sehr erfolgreich“. Er sehe es als positiv, dass es bereits Anfragen gebe, Wohnungen im neuen Quartier zu kaufen. Dabei halte man sich an das Versprechen, dass Holzkirchner Bürger ein Vorkaufsrecht eingeräumt bekommen. Er habe aber auch E-Mails bekommen, die ihn getroffen hätten, so von Bredow weiter – „nicht in der Sache, aber im Ton“. Wie berichtet, bläst dem Großprojekt mit fünf Mehrfamilienhäusern mit bis zu 70 Wohnungen Gegenwind von Nachbarn entgegen, die die Bebauung als zu massiv empfinden. 

Architekt Christoph von Oefele vom Münchner Architekturbüro n-v-o skizzierte die Idee hinter den aktuellen Quartiersplänen, in denen sich die Wohngebäude mit zwei und drei Vollgeschossen um öffentlich zugängliche Höfe gruppieren. Man wolle damit Treffen und Begegnungen ermöglichen. Während der westliche Hof meditativen Charakter aufweise, sei der östliche Hof ein Ort der Geselligkeit, heißt es in der Entwurfsbeschreibung. Das zum Bahnübergang gelegene „Quartiersgebäude“ mit kleiner Gastronomie, Paketstation und Mobilitätsstützpunkt soll herausgehoben sein, erläuterte der Architekt.

Verkehrsplaner Matthias Reintjes erklärte, dass man Mobilität sicherstellen und zugleich den Verkehr geringhalten wolle. Kapazitäten, das Mehr an Verkehr durch die neuen Bewohner aufzunehmen, seien vorhanden, das habe ein Verkehrsgutachten ergeben. Durch Carsharing und Fahrradverleih wolle man das eigene Auto aber überflüssig machen.

An der Architektur eines Wohnhauses im nördlichen Bereich übte Martina Schweighofer (CSU) Kritik. Es sei zu lang, urteilte auch Wolfgang Huber (SPD), und damit „nicht typisch“ für Holzkirchen. Von Oefele argumentierte dagegen: „Lange Gebäude sind völlig unkritisch, sie haben Ruhe und Kraft“.

Zu weiteren Diskussionen kam es mit Blick auf die Kinder. Die Bayerische Bauordnung eröffnet die Möglichkeit, anstelle einer vorgeschriebenen Errichtung eines Spielplatzes eine Ablöse an die Kommune zu zahlen. Diese kann dann andernorts Spielflächen bauen oder ergänzen. Dass die Quest AG diese Möglichkeit nutzen will, kam bei Sebastian Franz (CSU) nicht gut an: „Eine Ablöse ist kein Trostpflaster, wenn man Kinder woanders hinschiebt.“ Auch Birgit Eibl (FWG) sagte, man könne Kinder nicht ausgrenzen, sie gehörten zum Leben dazu. Von Bredow machte deutlich, dass es nicht um ein Abschieben gehe. „Spielplätze kamen in der Beteiligung aber nicht vor.“ Elisabeth Dasch (SPD) sah in den aktuellen Entwürfen genügend Gelegenheiten für generationsübergreifende Begegnungen: „Es ist doch schön, wenn Opa und Enkel in den Höfen garteln können.“ Gegen die Stimmen von Josef Sappl (CSU), Franz und Martin Taubenberger (FWG) sprach sich der Gemeinderat für die Ablöse aus.

Der Gemeinderat entschied zudem, dass nicht die Marktgemeinde selbst, sondern ein privater Träger eine im Quartier geplante Senioren-WG betreiben und die Räumlichkeiten dafür erwerben soll. Die Quest AG wurde beauftragt, einen entsprechenden Käufer zu finden. Für den Kauf der betreffenden Wohnfläche durch die Kommune hatte zuvor Robert Wiechmann (Grüne) argumentiert. Mit Teilen seiner Fraktion und der CSU schloss er sich der Beschlussvorlage nicht an, die mit 19:5 Stimmen abgesegnet wurde. 

[Merkur, 22.05.2021]

19 Mai

Nachverdichtung möglich machen

Holzkirchen – Die ganze Vielfalt der Holzkirchner Bebauungsgeschichte sei dort zu sehen, sagt Holzkirchens Bürgermeister Christoph Schmid (CSU). Gemeint ist das Areal zwischen der Rosenheimer Straße und den Bahngleisen, am Ortsausgang Richtung Föching nach dem Bahnübergang. Dort stehen Geschossbauten neben Einfamilien- und Doppelhäusern. Und es besteht teilweise Potenzial zur Nachverdichtung, wie aus Schmids Erläuterungen deutlich wurde. Aus diesem Grund hat der Bauausschuss des Holzkirchner Gemeinderats nun den Weg für eine Änderung des entsprechenden Bebauungsplans freigemacht.

Der Bebauungsplan ist der älteste in Holzkirchen, die erste Fassung stammt aus dem Jahr 1963. Um die Nachverdichtung städtebauverträglich zu gestalten, hatte sich die Marktgemeinde die Expertise des Planungsverbands Äußerer Wirtschaftsraum München (PV) eingeholt. Der PV berät seine Mitglieder laut Website in allen Fragen der Ortsplanung.

Eigentlich hätte Architektin Anna-Maria Martin vom PV per Videoschalte an der Ausschusssitzung teilnehmen sollen. Da dies aus technischen Gründen nicht funktionierte, übernahm Schmid selbst, zusammen mit Isabella Britze von der Bauamt-Verwaltung, die Vorstellung des Planungsstandes. Demnach wurde das Gebiet im Norden Holzkirchens in drei Bereiche aufgeteilt. Während der Bereich östlich der Rosenheimer Straße bis hin zu den Bahngleisen (Strecke Holzkirchen – Rosenheim) bereits eine hohe Baudichte aufweist, besteht insbesondere für den nordwestlichen Bereich des Areals, zwischen Lindenstraße und Birkenstraße, Potenzial für Nachverdichtung.

„Da kommt ein Generationenwechsel auf uns zu“, erläuterte Schmid und zielte damit auf einen veränderten Wohnbedarf ab. Dieser entsteht, wenn die Nachkommen der bisherigen Bewohner eigenen Wohnraum in dem Areal benötigen. Es werde beispielsweise nötig, so Schmid, die zulässigen Wandhöhen zu verändern. Laut Beschlussvorlage sollen bei den Nachverdichtungsmaßnahmen das Ortsbild geschützt, die Grundeigentümer gleichbehandelt und Mehrbelastungen vermieden werden. Wie Britze ergänzte, sollen im nächsten Schritt die Bewohner des Gebietes informiert werden.

Eine Änderung des Bebauungsplans, die die Bauamt-Verwaltung anstrebt, betrifft die Änderung der sogenannten Grundflächenzahl (GFZ). Damit wird angegeben, wie groß die Fläche eines Grundstücks ist, die bebaut werden darf. Für den nordwestlichen Teil des Areals habe der Planungsverband eine GFZ von 0,3 vorgeschlagen. Dies erlaube eine deutliche Nachverdichtung, wie es in der Beschlussvorlage heißt.

Wolfgang Huber (SPD) fragte, ob nicht auch im Gebiet westlich der Rosenheimer Straße Nachverdichtungspotenzial bestehe. Das läge an den Eigentümern, erwiderte Schmid und ergänzte, dass die Gemeinde selbst dort keine Grundstücke besitze. Einstimmig nahm der Bauausschuss den Vorschlag der Verwaltung an, wonach der Bebauungsplan 1 seine nun 15. Änderung erfährt.

[Merkur, 19.05.2021]

17 Mai

Rekord bei Wohnraumrettung

München hat seit 1972 eine sogenannte Zweckentfremdungssatzung. Diese regelt, dass Wohnraum auch als solcher genutzt werden muss. Verwendet jemand beispielsweise eine Wohnung als Büro oder als Praxis, ist das nicht erlaubt. Das gilt auch für Vermieter, die Wohnraum mehr als acht Wochen im Jahr als Ferienwohnung anbieten. Ebenfalls ahndet die Stadt, wenn Wohnraum länger als drei Monate leer steht.

2020 hat die Verwaltung 441 dieser Räume mit einer Fläche von rund 29 000 Quadratmetern wieder dem Wohnungsmarkt zugeführt. Ferner wurden Zwangsgelder in Höhe von mehr als einer Million Euro angedroht, Zwangsgelder in Höhe von rund 278 000 Euro eingenommen und Bußgelder in Höhe von fast 740 000 festgesetzt. Das geht aus einem Bericht hervor, der dem Stadtrat am Donnerstag vorgelegt werden soll. Das stellt einen neuen Rekord dar. Zum Vergleich: 2019 hatte die Stadt 350 Wohnungen gerettet, 2018 waren es 359.

Seit 2018 betreibt die Stadt die Plattform www.raum-fuermuenchen.de, auf der jedermann, auch anonym, mutmaßlich zweckentfremdete Objekte melden kann. Dort sind insgesamt 2922 Meldungen eingegangen, 1736 anonym. Bei 785 Hinweisen handelte es sich um Mehrfachmeldungen, das heißt: Hinweise mit Bezug auf denselben Wohnraum. 1254 Hinweise gingen ein wegen des Verdachts, eine Wohnung stehe dauerhaft leer. In 781 Fällen gab es einen Verdacht auf illegale Nutzung als Büro, Praxis oder Arbeiterunterkunft. 81 Mal wurde mutmaßlicher Medizintourismus gemeldet, in 840 Fällen der Verdacht auf eine illegale Nutzung als Ferienwohnung.

Die Verwaltung geht aber auch anderen Hinweisen nach, sodass die Mitarbeiter des Außendienstes 2020 insgesamt 10 047 Wohneinheiten, also im Durchschnitt rund 27 Wohneinheiten pro Kalendertag, geprüft haben. Von den 441 vor einer Zweckentfremdung bewahrten Wohneinheiten waren 75 für gewerbliche Zwecke genutzt worden. 225 Wohnungen standen leer, in 141 Fällen lag eine illegale Nutzung als Ferienwohnung vor.

Grünen-Stadträtin Clara Nitsche sagte am Sonntag, dass sich die Stadt dem Entzug der Wohnungen vom Mietmarkt weiterhin entschlossen entgegenstellen müsse. „Wir fordern daher auch die Landesregierung auf, hier nachzuschärfen, um die Zweckentfremdung noch wirkungsvoller unterbinden zu können. Dazu gehört zum Beispiel eine Registrierungspflicht für Ferienwohnungen.“ Wie berichtet, hatte der Freistaat jüngst eine Verschärfung der Münchner Satzung wieder einkassiert. SPD-Stadtrat Christian Könings Kommentar dazu: „Fatal bleibt leider, dass die Vorgaben der Staatsregierung weiteren kommunalen Handlungsspielraum verhindern. Wir wollen in München alles dafür tun, dass Wohnraum nicht einfach dem Markt entzogen werden kann.

[Merkur, 17.05.2021]

12 Mai

„Zu massiv und zu eng“

Holzkirchen – Die Quest AG bebaut eine Wiese zwischen Valleyer Weg und Angerstraße in Holzkirchen. Geplant sind fünf Mehrfamilienhäuser mit insgesamt bis zu 70 Wohnungen (wir berichteten). Einen Teil davon erwirbt die Gemeinde. Die kürzlich stattfindende Abschlusspräsentation der Bürgerbeteiligung zum Wohnprojekt „Winklbauer Höfe“ hallt nach. Immer mehr kritische Anwohner melden sich nun erneut zu Wort.

Darunter Christoph Gerz, der einen selbst kreierten Alternativplan vorlegt, der allerdings kein Architektenplan sei. Die Reaktion der Anwohner sei negativ ausgefallen. „Die Bürgerbeteiligung war eine Farce“, wettert Gerz. „Von unseren Bedenken wurde nichts aufgenommen.“ Zumindest nichts Wesentliches.

Einfamilienhäuser wünsche er sich nicht. „Wir sehen durchaus die Dringlichkeit, mit der die Gemeinde sozialen Wohnraum schaffen muss.“ Er glaube auch nicht, dass die Gemeinde von der Geschossflächenzahl von 0,8 abrückt. Und ihm selbst gehe es nicht darum, weniger Wohnfläche zu schaffen. Unbehagen jedoch löse so manch architektonische Ausgestaltung aus. Kurz gesagt: „Für uns dominieren die Eindrücke massiv und eng.“ Gerz wünscht sich, dass die Bebauung luftiger ausfällt, ähnlich wie beim Klosteranger in Weyarn, wo Quest ebenfalls als Bauträger auftrat. So schlägt Gerz für Holzkirchen statt drei kleiner Höfe, zwei deutlich größere vor. Und statt fünf Mehrfamilienhäusern drei große Riegel. Seiner Meinung nach könne man dazu näher an die Bahngleise rücken. „Quest geht da den Weg des geringsten Widerstands“, findet Gerz. Um so teure Emissionsschutz-Maßnahmen zu umgehen.

Anwohnerin Silvia Siegel schreibt, dass ihr schon lange klar gewesen sei, dass die Wiese bebaut wird. „Verwunderlich nur, warum ein solches Ausmaß genehmigt wird.“ Die Anzahl der Wohnungen und die Geschosshöhen „schmiegen sich keinesfalls in die Umgebung ein“. Auch das Verkehrskonzept werfe viele Fragen auf. Sie bittet darum, dieses „Mega-Projekt“ zu überdenken. 

Auch Anlieger Georg Sigl hat Bauchweh: Er bedauert es, dass auf ein Schaugerüst verzichtet wird. Auf diese Weise könnte man erkennen, wie massiv die Bebauung werde. Ihm missfällt es, dass Quest die angedachte Spielfläche gegen eine Ablöse weglassen möchte. „Daraus könnte der Eindruck entstehen, nur teure Luxuswohnungen anzubieten.“ Die Gemeinde wachse enorm, deshalb seien Spiel- und Bolzplätze umso dringlicher und mehr wert als eine Geldspende. Wegen der schlechten Erschließung sei das Verkehrschaos programmiert. 

Max von Bredow, Vorstandsvorsitzender von Quest, wehrt sich gegen die Vorwürfe. „Natürlich können wir nicht alle Vorschläge zu 100 Prozent umsetzen.“ Sinn der Bürgerbeteiligung sei es, „den größten gemeinsamen Nenner zu finden“. So komme Quest zum Beispiel dem Wunsch nach Mehrgenerationenwohnen oder einer Gastronomie nach. Ein Spielplatz für größere Kinder sei in der Bürgerbeteiligung nicht platziert worden. Und auch wenn die Neubauten größer als die Gebäude der Umgebung seien, gehe es ebenso darum, Flächenversiegelung zu reduzieren. Näher an die Bahn zu rücken, davon habe ein Gutachter abgeraten. Städtebaulich gesehen würde das aber auch nicht viel verändern.  mar

[Merkur, 12.05.2021]

10 Mai

Von Schrankenbankerln und Miesepetern

Holzkirchen – Die Gefühle nach der Veranstaltung waren gemischt. Manche Zuhörer waren begeistert und schrieben „es war mega“ und „weiterhin so gute Information und Transparenz“. Wieder andere waren enttäuscht: „Auf die Größe wurde in keinem Punkt eingegangen. Inakzeptabel.“ Ein Bürger wünschte sich „nicht so große Häuserriegel sonder lieber kleinere“, ein anderer „Stellplatzangebote für Bewohner am Parkplatz Industriestraße“. Und einer fand: „Den ewigen Miesepetern wird man es nie recht machen.“ Neue Ideen und Konzepte für zukunftsfähiges Wohnen und Leben seien erforderlich.

Mit diesem Feedback endete die digitale Abschlusspräsentation zur Bürgerbeteiligung für das neue Wohngebiet „Winklbauer Höfe“ am Valleyer Weg. Circa 54 Haushalte nahmen am Livestream teil. Dabei wurden der städtebauliche Entwurf sowie das Mobilitäts- und Freiraumkonzept präsentiert, in die Bürgerwünsche eingeflossen waren. Auch Korbinian Kroiss von nonconform, der die Bürgerbeteiligung übernahm, Architekt Christoph von Oefele, Landschaftsarchitekt Uwe Schmidt, Verkehrsexperte Matthias Reintjes und Bürgermeister Christoph Schmid (CSU) waren zugeschaltet. Und natürlich Max von Bredow, Vorstandsvorsitzender der Quest AG, dem Bauträger. „Wir setzen auf kooperatives Bauen“, erklärte dieser.

Wie berichtet, bebaut Quest eine Wiese zwischen Valleyer Weg und Angerstraße. Geplant sind fünf Mehrfamilienhäuser mit insgesamt bis zu 70 Wohnungen. Einen Teil davon erwirbt die Gemeinde. Der Knackpunkt ist die Verkehrssituation. Anrainer befürchten ein Verkehrschaos, zumal es sich jetzt schon am Bahnübergang staue. Gemeinde und Quest wollen mit einem Mobilitätskonzept gegensteuern, das auch Autoverzichtserklärungen enthält. Anwohner hatten zudem die Massivität der Bebauung kritisiert.

Im Rahmen der digitalen Bürgerbeteiligung für das Quartier konnten Bürger und insbesondere Nachbarn Ende März ihre eigenen Vorstellungen in Form digitaler Ideenwerkstätten einbringen. Hier beteiligten sich insgesamt circa 50 Haushalte. Bei einem Ideenbüro in einem Zelt auf dem Projektgrundstück konnten Anwohner am Modell mittels Bauklötzchen die Winklbauer Höfe nach ihrem Geschmack bauen. Diese Aktion besuchten rund 15 Haushalte. „Ziel der Bürgerbeteiligung war es, frühzeitig die Holzkirchner und vor allem die umliegenden Nachbarn in die Planungen mit einzubeziehen und deren Wünsche und Vorstellungen der zukünftigen Winklbauer Höfe abzufragen“, erklärt Bredow gegenüber unserer Zeitung. „Denn nur so ist es möglich, ein Quartier für Holzkirchner Bürger zu entwickeln.“

Dabei kristallisierten sich viele verschiedene Ansätze heraus, die laut Bredow in die Planungen eingeflossen sind: So entstand für die Freiflächen zum Beispiel die Idee eines „Schrankenbankerls“ im südwestlichen Eck des Grundstückes, um das Warten am Bahnübergang erträglicher zu machen. Auch eine Art Quartierspark, wo man unter Bäumen sitzen und Leute treffen kann, wünschten sich die Bürger. Im Gespräch ist ein Gemeinschaftsgarten oder ein gemeinsamer Backofen zum Pizzabacken. Ferner sollen drei öffentliche Durchwegungen des Grundstücks für eine lockere Atmosphäre sorgen. Es soll Geschosswohnungsbau mit kleinen, barrierefreien Wohnungen entstehen. Die Wandhöhe ist auf neun Meter festgelegt. „Dabei ist ein großer Wert auf eine zeitgemäße und regionaltypische Architektur zu legen“, so Bredow. 

Auch soziale Funktionen tauchen in dem Konzept auf: So plant Quest eine Quartiersanlaufstelle. Angedacht ist etwa ein Kiosk – betrieben von Bewohnern, Omas oder Vereinen. Und eine Abholstelle für Pakete. Auch der Wunsch nach einem Mehrzweckraum für Yoga, Musik oder Turnen für Anwohner werde in das Konzept integriert. Genau wie Mehrgenerationenwohnen oder eine Form des Pflegewohnens.

Alternative Mobilitätsangebote in Form von Bike- und Carsharing werden angeboten, berichtet Bredow. Großzügige oberirdische Fahrradabstellmöglichkeiten sollen kommen. Eine Tiefgarage lasse Autos unterirdisch verschwinden, um mehr Aufenthaltsqualität zu ermöglichen. Die Straßen werden als multifunktionale Flächen angesehen. Verkehrsberuhigte Bereiche werden angestrebt.

Am morgigen Dienstag geht die Planung in den Gemeinderat. Und dieser entscheidet dann über das weitere Vorgehen.

[Merkur, 10.05.2021]