Eine andere Idee, günstigen Wohnraum zu schaffen, hat der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung abgelehnt. Die Bürgerinitiative „Gemeinsam anders wohnen“ hatte gefordert, dass der Markt seine Grundstücke künftig nicht mehr verkauft, sondern in Erbpacht vergibt. So könne sich die Gemeinde über einen Zeitraum von mindestens 80 Jahren Einfluss sichern, etwa auf die Miethöhe. Holzkirchner mit mittlerem Einkommen, so die Idee, müssten damit keinen teuren Grund kaufen.
Den Gemeinderat überzeugte die Idee nicht. Man wäre durch eine pauschale Festlegung auf Erbpacht nicht mehr flexibel. Es gebe weitere Instrumente, Wohnraum zu schaffen, etwa durch eine mit dem Bauwerber festgelegte Mietpreisbindung. „Schade“, findet Sebastian Oppermann von der Bürgerinitiative. „Mit der Erbpacht hätte die Gemeinde 80 Jahre lang Einfluss haben können.“ Bei vertraglichen Regelungen könnte der Mietpreis etwa nur für 20 bis 30 Jahre festgeschrieben werden.
Bezahlbarer Wohnraum ist
knapp in Holzkirchen. Nun will die Marktgemeinde bei der Schaffung neuer Wohnungen
einen Weg gehen, der bayernweit einzigartig ist. Fraglich ist jedoch, ob die
Regierung von Oberbayern mitspielt.
Holzkirchen – Wer in Holzkirchen eine Wohnung mieten will, muss laut aktuellen Erhebungen fast 13 Euro pro Quadratmeter berappen. Das kann sich nicht jeder leisten.
Zwischen Heignkamer Straße, Am Ackerrain und Flachsfeldstraße will die Gemeinde nun günstigen Wohnraum schaffen – und wählt einen ungewöhnlichen Weg: Statt selbst zu bauen, will sie fertige Wohnungen zum Herstellungspreis kaufen. Die Idee hatte Christoph Schmid, Fraktionsvorsitzender der CSU. Er verspricht sich davon eine rasche Umsetzung des Baus. „Wenn wir jedes Gewerk ausschreiben müssen, dauert das ewig. Lassen wir den Bau dagegen in einem Guss vom Bauwerber realisieren, hat das viele Synergieeffekte.“
Hintergrund ist, dass der Eigentümer der fast 5000 Quadratmeter großen Fläche auf dem Grundstück sechs Mehrfamilienhäuser samt Tiefgarage bauen will. Schon 2018 hatte er eine entsprechende Änderung des Bebauungsplans beantragt, die Gemeinde beschloss daraufhin die Umwandlung in ein reines Wohngebiet. Bisher war das Areal zweigeteilt: Entlang der Gleise (und der Straße), wo jetzt die Wohnhäuser gebaut werden sollen, war nur Gewerbe zulässig. Nur die Bauzeile dahinter war für Wohnen vorgesehen.
Weil eine solche Änderung langfristig mehr Verkehr und einen höheren Bedarf an Kita-Plätzen bedeutet, müssen Bauwerber in der Regel einen Teil der Fläche an die Kommune abtreten – als Gegenleistung für diese Infrastrukturlast. Zu einem Preis, der günstiger ist als der Quadratmeterpreis nach der Umwandlung in Baugrund. Die Gemeinde verkauft den Grund dann weiter oder bebaut ihn selbst.
Schmid schlug vor, statt Grund einen Teil der Wohnungen zu erwerben, die der Bauwerber baut. „Zum Gutachterpreis“, sagt Schmid. Der Preis müsste widerspiegeln, dass die Gemeinde an der Wertsteigerung des Grunds durch die Umwandlung in ein Wohngebiet beteiligt ist. Der Bauwerber würde beim Verkauf an die Gemeinde praktisch keinen Gewinn machen, müsste seine Baukostenkalkulation offenlegen. Laut Schmid habe der Bauwerber bereits Zustimmung signalisiert. „Bis die Bagger rollen können, vergehen eineinhalb bis zwei Jahre“, schätzt Schmid.
Die Idee steht und fällt jedoch mit der Zustimmung durch die Regierung von Oberbayern. Juristen müssen klären, ob das Vorgehen vergaberechtlich möglich ist. „Wir sind hier Vorreiter einer Idee, die es bisher in Bayern nicht gibt“, sagt Bürgermeister Olaf von Löwis (CSU). Außerdem sei zu klären, ob für den Kauf der Wohnungen Fördergeld fließen könnte.
Der Gemeinderat hat bereits grünes Licht gegeben. „Ich kann das nur unterstützen. Ein interessantes Modell, Wohnungen zum Einkaufspreis zu erwerben“, fand Ulrike Küster (Grüne). Auch die SPD stimmte zu – „unter der Voraussetzung, dass die Gemeinde an der Wertsteigerung von mindestens 100 Prozent beteiligt ist“, erklärte Hans Putzer (SPD). Darauf werde seine Fraktion achten. Seine Fraktionskollegin Elisabeth Dasch sagte: „Ich hoffe, dass die Regierung zustimmt.“ Hubert Müller (FWG) dagegen sieht die Umwandlung in ein Wohngebiet kritisch. Er fürchtet Lärmbelästigung durch die nahen Bahngleise.
Wohnen,
Verkehr, Kitas und der Eissport: Es sind die großen Themen, die bei der
Bürgerversammlung in Holzkirchen am Mittwoch (wieder) zur Sprache kamen.
Rathauschef Olaf von Löwis gab einen kompakten Überblick darüber, was die
Marktgemeinde bewegt, aber auch über das, was sie ausbremst.
Holzkirchen – Die Marktgemeinde Holzkirchen hat jede Menge
Projekte vor der Brust. Einige kleine, viele große. Was sie alles vorhat, wie
es vorangeht und woran es in Einzelfällen hakt, zeigte Bürgermeister Olaf von
Löwis am Mittwoch bei der Bürgerversammlung in seinem zweieinhalbstündigen
Vortrag auf. Gut 200 Holzkirchner waren in den Oberbräu-Festsaal gekommen. Ein
kurzer Abriss eines ausführlichen Abends mit emotionalem Schlussakt.
Der
Dauerbrenner Es
ist das Thema, das die Marktgemeinde umtreibt wie kein zweites: Wohnraum.
Preisgünstige Wohnungen sind rar, aber akut nachgefragt. Die Gemeinde selbst
hat am Sommerfeld 16 gebaut. Als nächstes geht sie die Entwicklung eines
Wohnquartiers „für Jung und Alt“ (Löwis) an der Tölzer Straße an.
Hohe Wohnqualität „zu günstigen Preisen“. „Der Fokus liegt nicht
auf Gewinnmaximierung“, versicherte der Bürgermeister. Das sei mit den
anderen Grundeigentümern abgesprochen. Damit griff er einem Antrag zuvor, der
später am Abend behandelt werden sollte. Die Bürgerinitiative Gemeinsam anders
wohnen regte wie berichtet an, dass die Gemeinde ihren Grund nicht mehr
verkaufen darf, sondern fortan in Erbpacht vergeben soll. „So bleibt
gemeindlicher Grund auf Jahre in gemeindlicher Hand“, erläuterte Sprecher
Sebastian Oppermann. Doch auch der Bürgermeister bekräftigte seinen Standpunkt:
Ziel sei es, kurz- bis mittelfristig preisgünstige Wohnungen zu bauen. Aber:
„Eine solch pauschale Regelung bietet uns nicht die nötige Flexibilität,
um auf Eigenheiten der jeweiligen Situation reagieren zu können“, sagte
Löwis. Zudem gingen „erhebliche“ Einnahmen aus Grundstücksverkäufen
verloren. Die Bürgerversammlung stimmte dem Antrag mit dünner Mehrheit dennoch
zu. Somit muss nun der Gemeinderat über den Verkaufsstopp befinden. Für die
Tölzer soll derweil ein Architektenwettbewerb Entwürfe liefern. Löwis:
„Das Preisgericht hat schon getagt.“
Das
Endlos-Ärgernis Bürgermeister
Löwis und sein Otterfinger Amtskollege Jakob Eglseder haben sich was
vorgenommen: Sie wollen irgendwann einmal gemeinsam über den Radweg im
Teufelsgraben radeln, der ihre Gemeinden eigentlich seit Jahren verbinden
sollte. Nachdem erst der Naturschutz den Bau aufgehalten hatte, sind es nun
Leitungen der Deutschen Bahn, die neben den Gleisen verlegt sind. „Was wir
als Routine angesehen haben, entpuppt sich als echtes Hindernis“, sagt
Löwis. Die Bahn müsse erst zustimmen, bevor die Bauarbeiten anlaufen können.
„Aktuell eine Mammutaufgabe“, sagte Löwis und fügte an: „Wir
wollen doch nur einen Radweg.“
Die
Unnachgiebigen Eigentlich
hatten sich Gemeinderat und Runder Tisch Sport ja auf ein Vorgehen geeinigt:
Die Gemeinde gibt einen Sportentwicklungsplan in Auftrag, in dem der Status quo
der örtlichen Sportstätten aufgezeigt und die Wünsche der beteiligten Vereine
überprüft werden. Die Eis- und Mehrzweckhalle landet nun jedoch vorher schon im
Gemeinderat. Ein Bürger hatte beantragt, in der nächsten Sitzung
„bestehende Konzepte inklusive eines möglichen Standorts“ für eine
Halle für „Kultur und Sport“ zu behandeln. Ein solches hat der Verein
Holzkirchner Halle bekanntlich bereits ausgearbeitet. Löwis’ Hinweise, dass
weder eine geeignete Fläche noch Finanzmittel bereit stehen, die sich eh in
einer „nicht vorstellbaren“ Größenordnung bewegen, änderte nichts an
der breiten Zustimmung für den Antrag. Am lautesten jubelten die jungen
Eissportfans, die bei der Abstimmung energisch ihr Hände gehoben hatten, als
ihm zugestimmt wurde.
Der
Aufreger Zum
Abschluss wurde es hitzig. Ein Anwohner der Flinspachstraße nutzte eine
Wortmeldung, um eine verkehrsberuhigte Spielstraße am dortigen Spielplatz zu
beantragen. Als ihm Löwis erklärte, dass Anträge vorab eingereicht werden
müssen, berief er sich auf die Gemeindeordnung. Was für Kopfschütteln bei
Rathausgeschäftsführer Robert Haunschild sorgte. Zur Erinnerung: Die Gemeinde
räumt seit jeher eine Frist für Anträge und Anfragen ein; heuer Anfang Februar.
Das wollte der Spontan-Antragssteller nicht akzeptieren. Sein lautstarker
Protest ging aber im Stühlerücken und Jackengeraschel derer unter, die sich auf
den Heimweg machten. Löwis versicherte ihm jedoch – erst am Pult, später im
persönlichen Gespräch –, dass man die Anregung mitnehme.
Statt sie zu
verkaufen, soll die Marktgemeinde ihre Grundstücke fortan in Erbpacht vergeben.
Das fordert die Bürgerinitiative Gemeinsam anders wohnen in einem Antrag für
die morgige Bürgerversammlung. Dem Bürgermeister ist dieser Weg zu rigoros.
Holzkirchen – Wer in Holzkirchen Bauland ergattern will,
braucht entweder viel Glück oder noch viel mehr Geld. Bezahlbarer Wohnraum ist
rar, wenngleich enorm gefragt, wie sich jüngst am Sommerfeld gezeigt hat. Für
die acht kommunalen Wohnungen, die die Marktgemeinde frei vermietet, sind über
500 Bewerbungen eingegangen (https://www.merkur.de/lokales/region-holzkirchen/holzkirchen-ort28831/nachfrage-ist-riesig-ueber-500-bewerber-fuer-acht-wohnungen-in-holzkirchen-11755585.html).
Damit das Leben im Ort nicht zu einem Luxus mutiert, fordert die
Bürgerinitiative Gemeinsam anders wohnen nun einen Verkaufsstopp für
gemeindeeigene Grundstücke. In ihrem Antrag „Für bezahlbaren Wohnraum,
gegen den Ausverkauf“, den die Initiative für die Bürgerversammlung am
morgigen Mittwoch (19.30 Uhr) eingereicht hat, plädiert sie stattdessen für
eine Verpachtung von Grundstücken über einen Zeitraum von mindestens 80 Jahren.
Ein Erbpacht-Modell also, das für größere wie kleinere Grundstücke gelten soll,
welche die Gemeinde einer Bebauung zuführen will. Unabhängig vom Bauträger:
Privatperson, Investor oder Genossenschaft. So ließe sich
(Grundstücks-)Spekulationen ein Riegel vorschieben. „Die Gemeinde behält
langfristig einen Daumen auf dem Grund“, erklärt Sebastian Oppermann,
Sprecher der Bürgerinitiative, auf Anfrage. „Sie kann Investoren so daran
hindern, bloß am meisten Profit aus den Grundstücken zu ziehen.“ Er sieht
Vorteile für alle Beteiligten: Der Bauträger, etwa Holzkirchner mit mittlerem
Einkommen, müsse kein teures Grundstück kaufen, sondern finanziere das Haus und
bezahle die Erbpacht an die Gemeinde. Die wiederum bleibe im Besitz des Grunds
und könne vertraglich Einfluss auf die mögliche Miete nehmen. Ein Verkauf,
heißt es in dem Antrag, dürfe nur in „ganz besonderen Ausnahmefällen“
durchgeführt werden und bedarf demnach einer Zweidrittelmehrheit des
Marktgemeinderats. Der Vorstoß der Bürgerinitiative zum jetzigen Zeitpunkt ist
nicht ganz uneigennützig.
Für ihr Mehrgenerationen-Wohnprojekt sucht sie seit einiger
Zeit nach einem geeigneten Grundstück (https://www.merkur.de/lokales/region-holzkirchen/holzkirchen-ort28831/trotz-plaenen-und-kooperationspartner-buergerinitiative-findet-aber-keinen-baugrund-10222032.html).
An der Tölzer Straße entwickelt die Gemeinde aktuell ein Wohnquartier. 35
Prozent der Fläche gehören ihr. Wer die Parzellen bebaut, steht noch nicht
fest. Investoren haben bereits Interesse angemeldet – ebenso die Initiative (https://www.merkur.de/lokales/region-holzkirchen/holzkirchen-ort28831/naechste-bitte-hier-plant-marktgemeinde-ein-neues-wohnbaugebiet-10279678.html).
„Wir haben die Befürchtung, dass wenn ein Investor baut, kein bezahlbarer
Wohnraum entsteht“, sagt Oppermann. In einem Wettbieten um die Bauflächen
rechnet sich die Initiative keine Chancen aus. Das Modell Erbpacht käme ihr
hingegen entgegen. Der Idee steht Bürgermeister Olaf von Löwis grundsätzlich
offen gegenüber. Von einem Verkaufsstopp als Ultima Ratio hält er aber nichts.
„Wir sollten den Gemeinderat nicht auf irgendeine Art und Weise
beschneiden“, sagt er und wirbt dafür, sich „so viel Spielraum wie
möglich zu erhalten, um bezahlbaren Wohnraum schaffen zu können“. Selbst
bei einem Verkauf an Investoren ließe sich die Miete vertraglich regeln. Wie
viel Gemeinde-Fläche an der Tölzer Straße überhaupt für Wohnbebauung zur
Verfügung steht, ist eh unklar. Im Quartier soll eine Kita entstehen. Und die,
betont Löwis, muss auf Gemeindegrund gebaut werden.
Holzkirchen — Am Samstag, 17. November, lädt die
Bürgerinitiative für bezahlbaren Wohnraum „Gemeinsam anders wohnen“ zur
Exkursion nach München ein. Wagnis4 ist das dritte Projekt der wagnis eG. Die
lebendige Wohnanlagemit 53 Wohneinheiten, idyllischem Dachgarten, begrünten
Innenhof mit Apfelhain und miteinander verbundenen Laubengängen mit Freisitzen
war bereits im Kino im Dokumentarfilm „wer wagt beginnt” zu sehen. Nun wird
sich die Bürgerinitiative das Wohnprojekt vor Ort anschauen. In einer
exklusiven Führung von den Bewohnern wird aufgezeigt, wie Gemeinschaft und
Partizipation in einem genossenschaftlichen Wohnkonzept funktioniert. Los
geht’s um 10.15 Uhr. Anmeldung per E-Mail an info@gemeinsamanderswohnen.de.
Mikro-Apartment, Mehrgenerationenhaus, Genossenschaften –
alternative Ansätze mischen den Mietmarkt auf. Sie sind die kreative Antwort
auf die immer schwierigere Wohnungssituation in Großstädten
von Andrea Hoffmann-Topp
Alle Wege von der Eingangstür sind kurz: zwei Schritte zum Klo, drei zum Bett, vier zur Küche. Willkommen im Mikro-Apartment. Auf 20 bis 40 Quadratmetern schaffen Architekten wahre Platzwunder. So wie in der Schwabinger Anlage, in der Student Daniel wohnt. Es gibt Dusche, Toilette, Hochbett, Kochstelle und klare Regeln: Nägel in die Wand schlagen ist verboten; Bilder kommen an die Galerieschiene. Alles hat hier seinen festen Platz.
In Schwarmstädten wie München, die unter chronischem
Wohnungs- und Platzmangel leiden, sind solche vollmöblierten Komplettpakete zu
einem Erfolgsmodell geworden. Kein Wunder: Die Zahl der Alleinwohnenden steigt,
in München machen sie bereits 54 Prozent aller Haushalte aus. Mikro-Apartments
sind aber nur eine von vielen alternativen Wohnkonzepten, mit denen
Stadtplaner, Architekten, Baugesellschaften und Bürger auf mangelnden Platz und
steigende Preise reagieren. Einige Ideen muten extrem an: In Hamburg etwa leben
manche inzwischen in schwimmenden Luxushäusern in Hafennähe, während ein
schwedisches Start-up kleine Wohnwagons entwickelt hat, deren Bewohner dank
Solarpaneelen, Wassertank und Dachgemüsegarten nicht nur überall, sondern auch
autark wohnen können.
Von derart unkonventionellen Bauformen ist Sebastian
Oppermann weit entfernt, aber auch ihm geht es um anderes Wohnen, genauer: um
„Gemeinsam anders wohnen“. Diesen Namen trägt eine Bürgerinitiative, die er
2017 als Stammtisch ins Leben gerufen hat, um in Holzkirchen ein
genossenschaftliches Wohnprojekt zu realisieren. „6000 Euro pro Quadratmeter
für eine Eigentumswohnung sind auch im Umland von München keine Seltenheit
mehr“, weiß Oppermann aus eigener Erfahrung. Die einzige Chance für
Normalverdiener, etwas Eigenes zu kaufen, sei die Abkopplung vorn Markt.
„Dieser regelt sich leider nur in eine Richtung selbst — nämlich nach oben“‚
sagt Oppermann, der den genossenschaftlichen Wohnungsbau für die beste Antwort
auf diese Misere hält.
Wer sich seinem Modell anschließt, zahlt eine Einlage in die
Genossenschaft und erhält im Gegenzug lebenslanges Wohnrecht. Nach Oppermanns
Planungen würde der einmalige Pflichtanteil für eine Zweizimmerwohnung mit 50
Quadratmetern bei 25OOO Euro liegen, zahlbar in Teilraten gemäß Baufortschritt.
Nach Einzug läge die Kaltmiete für einen Neubau bei moderaten zehn Euro pro
Quadratmeter.
„Sicher wie Eigentum – flexibel wie Miete“: Auf diese simple
Formel bringen Befürworter die Vorteile genossenschaftlichen Wohnens. Jedes
Genossenschaftsmitglied ist Teil der Eigentümergemeinschaft und muss weder
Kündigung noch Mieterhöhung nach Weiterverkauf fürchten. Das lebenslange
Wohnrecht erlischt nur, wenn das Mitglied wegzieht – dafür gibt es dann die
anfangs gezahlte Einlage zurück.
Dieses Modell ist zwar nicht neu, doch in Zeiten rapide
ansteigender Miet- und Kaufpreise zunehmend attraktiv — und damit Antrieb für
Initiativen wie die von Sebastian Oppermann. Insgesamt werden deutschlandweit
derzeit rund 2,2 Millionen Wohnungen von Genossenschaften verwaltet, in ihnen
leben fünf Millionen Menschen. Wer sich auf ein genossenschaftliches
Wohnprojekt einlässt, sollte sich aber auch darüber im Klaren sein, dass das
soziale Miteinander und auch die materielle Teilhabe im Vordergrund stehen. Bei
Oppermanns Modell bedeutet das im Alltag: Alle Mitglieder teilen sich
Werkstatt, Gästezimmer, Rasenmäher und Bohrmaschine. Mitbestimmt wird, wenn es
um projektbezogene Themen wie Gebäudeeinrichtungen und das Zusammenleben der
Gemeinschaft geht. Unabhängig von der Größe seiner Wohnung hat jeder Eigentümer
das gleiche Stimmrecht und bringt sich aktiv in AGs ein, die die Hausverwaltung
regeln, sich über Ausstattung von Gemeinschaftsräumen Gedanken machen und
nachbarschaftliche Hilfe organisieren. Das Ziel? „Die robuste
Hausgemeinschaft“‚ wünscht sich Oppermann.
So etwas hat Rudi, 79, für sich bereits gefunden: Er lebt im
Südwesten Münchens in der Wohngemeinschaft seiner Träume und ist dort
Märchenonkel für sechs Kinder im Vorschulalter. „Ein Job, den ich nicht mehr
missen möchte.“ Vor vier Jahren hat sich Rudi entschlossen, in ein
Mehrgenerationenhaus einzuziehen. „Nachdem meine Frau gestorben war und wir
keine Kinder haben, wollte ich nicht einsam in unserem Haus bleiben.“
Inzwischen bewohnt er eine 70 Quadratmeter große Erdgeschosswohnung mit
Terrasse und Blick auf Gemeinschaftshäuser und -gärten. In der Tageszeitung
hatte er von dem neuen Wohnkonzept erfahren, das ihn schnell überzeugte. „Hier
ist immer was los. Es erinnert mich an das Leben in Großfamilien, nach dem ich
mich immer gesehnt hatte. Einsamkeit kenne ich hier nicht, aber es gibt auch
Rückzugsorte, wenn ich allein sein will.“
„Der Wohnungsmarkt
regelt sich leider nur in eine Richtung selbst – nach oben«
Die Leitidee der bundesweit mehr als 540
Mehrgenerationenhäuser liegt im sozialen und nachbarschaftlichen Miteinander
und im aktiven Austausch der Altersgruppen: Rudi liest vor, die Kinder bringen
am Samstag die Frühstückssemmeln, ihre Eltern begleiten Rudi bei Behördengängen
oder übernehmen den Fahrdienst zum Arzt. Grundsätzlich kann jeder in einem
Mehrgenerationenhaus leben, der sich in der Gemeinschaft kontinuierlich und
verantwortlich engagiert. Gegenseitige Hilfe ist schließlich der Kerngedanke
des Konzepts. Und: In einem Mehrgenerationenhaus treffen viele Menschen mit
unterschiedlichsten Lebensgeschichten aufeinander. „Da kracht es schon mal
kräftig“‚ schmunzelt Rudi. Kein Problem, wenn Konflikte gleich bewältigt
werden. Damit das gelingt, ist soziale Kompetenz ein Kriterium bei der Vergabe
der begehrten Wohnungen.
Der Gemeinschaftsgedanke spielt auch in Daniels
Mikro-Apartment—Anlage eine Rolle, allerdings geht es eher um Spaß als um
gegenseitige Hilfe. Services wie ein hauseigenes Fitnessstudio, eine gemeinsame
Dachterrasse oder eine TV Lounge klingen mitunter nach Hotel. „So fühlt es sich
auch an“, sagt Daniel, als er abends von der Uni kommt und vom
Community-Manager in der Lounge begrüßt wird. Schnell noch ein Blick auf die
hauseigene App, was am Abend hier im Gebäude vor sich geht: Kochkurs oder
Studentenparty? Wer vernetzt ist, empfindet die eigenen vier Wände nicht mehr
ganz so klein. Fehlt denn überhaupt nichts? „Ich wohne in der sechsten Etage
ohne Balkon. Der Weg an die frische Luft ist also ziemlich weit. Ansonsten habe
ich mich gut sortiert“, sagt Daniel, der zum Masterstudium im Sommer nach
Berlin zieht – wieder in ein Mikro-Apartment.
Holzkirchen – Als Reaktion auf den Spatenstich der
Marktgemeinde Holzkirchen für die zwei kommunalen Wohngebäude mit 16
Wohneinheiten im Ortsteil Neuerlkam (wir haben berichtet), versammelten sich
jüngst 20 Vertreter der Bürgerinitiative „Gemeinsam anders wohnen“ an
selber Stelle. Die Bürgerinitiative begrüßte, dass die Marktgemeinde mit diesen
kommunalen Wohngebäuden „nun endlich auch an die Normal- und
Geringverdiener gedacht hat, nachdem bisher Bauland nur für Eigenheime an
Spitzenverdiener vergeben wurde“. Gerade Familien, Angestellte im
öffentlichen Sektor, im Einzelhandel oder Handwerk können sich Mieten von
inzwischen 16 Euro pro Quadratmeter und mehr nicht leisten, heißt es in der
Mitteilung der Initiative weiter. „Die Gemeinde darf sich jetzt nicht auf
dem Erreichten ausruhen. Wir Holzkirchner benötigen weit mehr bezahlbaren
Wohnraum als die 16 Einheiten“, fordert Sprecher und Initiator Sebastian
Oppermann. Es ist nach seinen Worten für die prekäre Situation bezeichnend,
dass die Baugenossenschaft Holzkirchen seit Jahren 200 und mehr Personenauf
ihrer Warteliste habe und die junge Bürgerinitiativ innerhalb kürzester Zeit
schon knapp 50 konkrete Wohnungsinteressenten vorweisen kann. Die
Baugenossenschaft Holzkirchen sei zudem immer noch mit der Sanierung ihres
Bestandes ausgelastet. Und so bietet Oppermann abschließend an: „Wir als
Bürgerinitiative – mit der Maro Genossenschaft als Kooperationspartner –
möchten mit dieser Aktion noch einmal deutlich machen, dass wir die Gemeinde
bei dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe – Wohnraum für alle zu schaffen –
unterstützen wollen und für ein entsprechendes Projekt bereitstehen.“
Wohnraum in
Holzkirchen ist knapp und teuer. Mit dem Bau von 16 „bezahlbaren“ Mietwohnungen
im Sommerfeld will die Marktgemeinde Druck aus dem Kessel nehmen. Ein Anfang,
wie die Bürgerinitiative „Gemeinsam Anders Wohnen“ findet. Aber bei
Weitem nicht genug.
Holzkirchen – Es tut sich was im Sommerfeld. Wenige Tage nach dem Spatenstich sieht die brachliegende Fläche im Neubaugebiet in Neuerlkam schon mehr nach Baustelle aus als noch beim symbolischen Startschuss für das erste kommunale Wohnbauprojekt der Marktgemeinde. Das Grundstück ist von einem Bauzaun umfasst, ein Bagger hat den Oberboden abgetragen. Im Laufe des Jahres entstehen hier zwei Mehrfamilienhäuser mit 16 Wohneinheiten (wir berichteten) – bezahlbarer Wohnraum für Geringverdiener auf dem überhitzten Wohnungsmarkt in der Region. Vornehmlich Erzieher und Gemeindemitarbeiter sollen einziehen. 4,2 Millionen Euro steckt die Marktgemeinde in dieses Pionierprojekt. Ein erster wichtiger Schritt. Aber nur ein erster, einsamer Tropfen auf den heißen Stein – diese Ansicht vertritt zumindest die Bürgerinitiative „Gemeinsam Anders Wohnen“. Zwar begrüße man, dass die Marktgemeinde mit den beiden kommunalen Wohngebäuden jetzt endlich an Normal- und Geringverdiener denken würde. „Sie darf sich jetzt aber nicht auf dem Erreichten ausruhen“, fordert Sebastian Oppermann, Sprecher und Initiator der Bürgerinitiative. ,,Wir Holzkirchner benötigen weit mehr bezahlbare Wohnungen als nur diese 16 Einheiten.“ Denn gerade Familien, Angestellte im Einzelhandel oder Handwerker könnten sich Mieten von inzwischen 16 Euro pro Quadratmeter und mehr nicht leisten. Bezahlbarer Wohnraum wird händeringend gesucht. Beispiele, wie angespannt und prekär die Wohnsituation in Holzkirchen mittlerweile ist, gebe es allerhand. Die Baugenossenschaft Holzkirchen etwa, berichtet Oppermann, habe seit Jahren über 200 Personen auf ihrer Warteliste stehen. Auch seine Bürgerinitiative, die sich erst im Herbst vergangenen Jahres gegründet hat, könne innerhalb kürzester Zeit knapp 50 Wohnungsinteressenten vorweisen. Die Nachfrage ist nachweislich groß. Nur am Angebot mangelt es. Hier will die Bürgerinitiative ansetzen. Im Gespräch mit unserer Zeitung hat Oppermann die Vision einer Baugenossenschaft mit Herz bereits vorgestellt: eine Wohngemeinschaft für Alt und Jung mit sozialem Gedanken. Auch ein Konzept mit konkreten Zahlen gibt es bereits. Die Eckdaten: Ein Mehrgenerationenbau mit 35 Wohneinheiten zwischen 30 bis 140 Quadratmeter groß für rund 70 Personen. Nur wo soll dieser bezahlbare Wohnraum entstehen? „Ein geeignetes Grundstück haben wir leider noch nicht“, sagt Oppermann. Mittlerweile hat die junge Initiative allerdings einen erfahrenen Kooperationspartner an ihrer Seite. Die Maro Genossenschaft würde den Bau eines Mehrgenerationen-Projekts federführend betreuen (siehe Kasten), vom Bau bis zur Vergabe der Wohnungen. Die Bürgerinitiative fungiere dabei als Vermittler zwischen Maro und Marktgemeinde, erklärt Oppermann. Letztere habe zwar Flächen, die bebaut werden könnten, allerdings sei sie mit dem Projekt in Neuerlkam ausgelastet. „Wir würden in die Bresche springen. „Als Zeichen für ihre Bau-Bereitschaft haben sich rund 20 Mitglieder der Bürgerinitiative kürzlich an der Baustelle im Sommerfeld getroffen. „Wir möchten mit dieser Aktion noch einmal deutlich machen, dass wir die Gemeinde bei dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe – Wohnraum für alle zu schaffen – unterstützen“, sagt Oppermann. „Wir stehen parat.“ Damit die beiden Mehrfamilienhäuser, die dort hinter den Bauzäunen in die Höhe wachsen, tatsächlich erst der Anfang sind.
Bürgerinitiative hofft auf neue Baugenossenschaft
Die MARO Genossenschaft für selbstbestimmtes und nachbarschaftliches Wohnen wurde im Sommer 2012 gegründet. Seither treibt sie den Bau von gemeinschaftlichen Wohnformen für junge und ältere Bewohner im ländlichen Raum voran. Aktuelle Projekte realisiert MARO im ganzen Oberland, unter anderem in Penzberg, Dietramszell und Unterhaching. Finanziert werden die Bauvorhaben zu weiten Teilen von den Mitgliedern. Die Genossenschaft wiederum kümmert sich um Planung und Realisierung der Bauprojekte, die Finanzierung sowie die Vergabe der Wohnungen. " Ein Kriterium dabei ist die Ortsansässigkeit beziehungsweise der Lebensmittelpunkt", sagt Sebastian Oppermann. Er hofft, dass die Mitglieder der Holzkirchner Bürgerinitiative gute Chancen hätten, sollte gemeinsam mit MARO ein Mehrgenerationen-Komplex in Holzkirchen entstehen.
Initiativen-Sprecher Sebastian Oppermann über eine Wohnbau-Vision mit sozialen Grundwerten
Holzkirchen – Vom Stammtisch zur Genossenschaft: Aus einem
Treffen in einer Wirtschaft und einer losen Idee hat sich in Holzkirchen eine
Initiative mit handfesten Zielen entwickelt. „Gemeinsam anders
wohnen“ strebt ein Baugenossenschaftsmodell an, in dem soziale Werte und
das gegenseitige Einanderhelfen großgeschrieben werden. Im Interview erklärt
Sprecher Sebastian Oppermann, worauf es in der Gemeinschaft ankommt, wieso ein
Mitglieder-Casting deswegen durchaus hilfreich wäre und wie Jung und Alt vom
Konzept profitieren können.
Herr Oppermann, warum
braucht Holzkirchen eine zweite Baugenossenschaft?
Oppermann: In
Holzkirchen sind Wohnungen knapp. Vor allem die für Leute, die keine
Superverdiener sind. Da hat die Baugenossenschaft Holzkirchen schon Großartiges
geleistet. Aber es ist ja so, dass sie sich in den vergangenen Jahren auf die
Instandhaltung des Bestandes konzentriert hat. Da ist verständlicherweise das
Bauen ins Hintertreffen geraten.
Sie wollen also
weniger als Konkurrent auftreten, sondern eher in die Bresche springen?
Oppermann: Ich
sehe es generell nicht als Konkurrenz, weil das genossenschaftliche Modell ein
Miteinander ist. Da ist Konkurrenzdenken fehl am Platz. Wenn man sich den
Wohnungsmarkt anschaut, kann es gar nicht genug Genossenschaften geben.
Viele Genossenschaften
beschränken sich auf die reine Bautätigkeit. Ihre Vision geht ein gutes Stück
weiter. Es soll eine Gemeinschaft entstehen und geformt werden.
Oppermann:
Richtig, das spiegelt sich ja in unserem Namen wider. Nicht nur nebeneinander
her, sondern miteinander wohnen. Das Miteinander ist ein ganz zentrales Ziel.
Dass man sich gegenseitig unterstützt, dass man Synergieeffekte nutzt.
Wie soll das
funktionieren?
Oppermann: Der
eine ist handwerklich begabter als der andere, dafür hat jemand anderes einen
grünen Daumen. So kann man sich mit seinem Wissen und Fähigkeiten unterstützen.
Was auch dazu führt, dass ältere Menschen möglichst lange in der Wohnung leben
können. Und nicht, nur weil die Person nicht mehr einkaufen gehen können, in
ein Altenheim müssen. Das Einkaufen kann von einem Nachbarn übernommen werden.
Diese Struktur – jung
und alt bunt gemischt – soll über die Größe der Wohnungen geregelt werden. Gibt
es Beispiele, wo das funktioniert?
Oppermann: Das,
was wir uns für Holzkirchen wünschen, gibt es andernorts schon. Die Wogeno in
München testet sogenannte Cluster-Einheiten, die man früher salopp als WG
bezeichnet hat. Das ist immer mehr im Kommen, und das gibt es auch für
Senioren. Innerhalb der Cluster können sich die Bewohner aber in ihre eigenen
vier Wände zurückziehen.
In Ihrem Konzept sind
bereits erste Zahlen verankert. Lose Anfragen oder handfeste Interessenten?
Oppermann: Wir
haben im Moment 40 Unterstützer, von denen die Hälfte konkret Wohnraum sucht.
Die Erfahrung, auch von anderen Genossenschaften, hat gezeigt: Wenn man so
einen Gemeinschaftsgedanken hat, wird dieser umso einfacher zu leben, umso mehr
Personen auf dem Areal wohnen. So hängt man nicht aufeinander, und es treten
seltener Konflikte auf.
Viele Bewohner, viele
Charaktere treffen dort aufeinander. Einig müssten die sich vor allem in einem
sein, damit das Zusammenleben funktioniert: die Überzeugung, sich einbringen zu
wollen. Braucht es dafür ein Casting?
Oppermann: Klar,
wir werden an dem Konzept noch arbeiten. Grundvoraussetzung ist am Ende aber,
dass man sich damit identifiziert. Wenn das nicht der Fall ist, dann passt man
eben nicht zusammen. Einen sozialen Charakter sollte man mitbringen, sonst ist
die Idee der Nachbarschaftshilfe obsolet. Andernfalls wird die Person in diesem
Konstrukt nicht glücklich – und alle anderen auch nicht. Wenn Sie das Casting
nennen wollen, bitte (lacht).
Was Sie beschreiben,
geht weit über eine Zweck-Genossenschaft hinaus. Ist Ihr Ansatz eher eine Genossenschaft
mit Herz?
Oppermann:
Definitiv. Eben ein genossenschaftliches Modell, das dem Menschen zugutekommt –
und nicht dem Objekt. Dafür müssen wir das Rad nicht neu erfinden. Es gibt
überall Projekte, die auf diese Weise funktionieren. Allein hier in Holzkirchen
das Repair-Café. Daraus ist der Gedanke entstanden, einen Werkraum
einzurichten. Da kann ich hingehen, wenn mein Fahrrad kaputt ist, ich aber zwei
linke Hände habe.
Was muss man
mitbringen, um Mitglied zu werden?
Oppermann: Wir
sind ja noch eine Initiative, daher können Sie noch nicht Mitglied werden. Aber
wir sind um jede Person dankbar, die unsere Vision mitträgt und Tatkraft
einbringt, um unsere Vision Wirklichkeit werden zu lassen.
Wie konkret ist diese
Vision denn? Haben Sie etwa schon ein bestimmtes Grundstück ins Auge gefasst?
Oppermann: Wir
haben schon mit verschiedenen Baugenossenschaften in der Region Gespräche
geführt und abgetastet, was machbar ist und was nicht. Auch bei der Gemeinde
haben wir angefragt. Aber noch ist alles offen.
Wer in Holzkirchen nicht nur arbeiten, sondern auch wohnen will, hat’s nicht leicht. Wohneigentum ist teuer, und selbst Mietwohnungen sind selten erschwinglich. Jetzt will die Gemeinde dagegen steuern.
Holzkirchen – Einen Anstoß für die Debatte hatte ein Antrag in der Bürgerversammlung gegeben. Eine Bürgerin forderte, die Gemeinde solle bezahlbaren, seniorengerechten Wohnraum schaffen. Auch Bürgermeister Josef Höß (CSU) sieht großen Handlungsbedarf. Derzeit habe die Gemeinde 150 eigene Wohnungen, erklärte er im Gemeinderat. „Aber 50 davon stammen aus den 50er Jahren – die sollten energetisch und behindertengerecht ertüchtigt werden.“ Die Idee geht aber noch weiter: Die Gemeinde will ein Konzept erarbeiten, um selbst bezahlbaren Wohnraum für Mieter zu schaffen, statt das Feld allein privaten Investoren zu überlassen, die wenig Interesse haben, die Preisspirale zurückzudrehen. Einige Grundstücke könnten sich dafür schon anbieten. Etwa in Maitz und im Bereich Flachsfeldstraße, wo sich der Markt Grundstücke gesichert hat. Oder im Zentrum, wo demnächst attraktive Stellen für Mehrparteienhäuser frei werden – etwa an der Frühlingstraße, wenn die Polizei an den HEP-Kreisel umzieht. Der Gemeinderat nahm den Ball aus der Bürgerversammlung gern an – allerdings nicht nur beschränkt auf Senioren. „Das betrifft eigentlich alle Altersgruppen“, meinte Marcus Ernst (FWG). Das sieht auch Bernd Weinmann jun. (CSU) so: „Ich glaube, dass wir auch allgemein Wohnungen für abhängig Beschäftigte ohne Vermögenbrauchen.“ Dem konnte Robert Wiechmann (Grüne) nur zustimmen: „Es gibt viel zu viele, die in Holzkirchen mit Löhnen hantieren müssen, die eigentlich zu gering sind.“ Wobei klar sei, dass das Projekt bezahlbarer Wohnraum nicht auf die Schnelle umgesetzt werden könne, meinte Weinmann: „Das wird eine Aufgabe sein, die uns in nächster Zeit beschäftigen muss.“ SPD-Fraktionssprecherin Elisabeth Dasch bat darum, dem Thema eine Sondersitzung zu reservieren. „Es wäre schade, wenn wir das in einer halben Stunde abhandeln müssten.“ Ernst warnte indes davor, den Fokus allein auf den Hauptort Holzkirchen zu richten. „Es wäre sehr bedauerlich, wenn Föchinger, Fellacher und Hartpenninger dann gezwungen wären, hierherzuziehen.“ Gerade, weil sie besonders in die Dorf-Vereine eingebunden seien. An klassischen sozialen Wohnungsbau, für den auch Fördergelder fließen, sei allerdings nicht gedacht, erklärte Bürgermeister Höß. Bei Sozialwohnungen läge die Entscheidung, wer als Mieter den Zuschlag bekommt, nämlich beim Landkreis Miesbach, nicht bei der Gemeinde. Das bedeute freilich nicht, dass Sozialfälle gar nicht zum Zuge kämen, erklärte er auf Nachfrage von Irmi Ammer (SPD). Nur: „Wer Bedarf hat in unserem Ort, das wissen wir hier am besten“, meinte Höß. Und schließlich sollen auch normale Arbeitnehmer von erschwinglicheren Wohnungen profitieren nicht nur soziale Härtefälle. Die Verwaltung werde umfangreiche Vorbereitungen treffen, kündigte Höß an. „Dann wird man diskutieren, welcher Weg hier einzuschlagen ist.“ Das soll in Bälde geschehen. Die Umsetzung wird aber wohl nicht mehr in Höß‘ letzter Amtszeit als Bürgermeister angepackt, die Ende April 2014 endet. „Der nächste Gemeinderat ist zur Umsetzung aufgefordert“, so Höß.