VON NADJA HOFFMANN UND SUSANNE SASSE
Eine gute Nachricht für München: 3090 neue Genossenschaftswohnungen sollen in den kommenden acht Jahren entstehen. Wegen ihres günstigen Mietpreises werden sie heiß begehrt sein.
Für viele Münchner sind sie wie ein Sechser im Lotto: Genossenschaftswohnungen. Ihre großen Vorteile: Der Mietpreis ist deutlich günstiger, niemand braucht Angst vor einer Eigenbedarfskündigung zu haben, dazu gibt es Gemeinschaftsangebote wie etwa Handwerkerleistungen. 23 000 Genossenschaftswohnungen haben die 28 Organisationen vermietet, die zur Genossenschaftlichen Immobilienagentur München (Gima) gehören. Und es werden immer mehr: Allein in den vergangenen sechs Jahren sind 5436 neue Einheiten hinzugekommen. Bis 2028 wird noch mal eine Schippe draufgelegt: Wie die Gima am Dienstag erklärte, sind 3090 günstige Wohnungen in Planung. „Darauf sind wir schon stolz“, sagte Vorstand Christian Stupka.
Nicht in jedem Fall handelt es sich dabei um neuen Wohnraum, teilweise werden auch alte Häuser abgerissen und neu gebaut. In der Regel haben die Genossenschaften zwei Optionen: Den Bestand nachverdichten oder neue Flächen in der Stadt nutzen. Wie zum Beispiel auf dem Gelände der ehemaligen Bayernkaserne im Norden. Diese Projekte täten München gut, sagte Stupka: Denn bei diesen Häusern hätten Spekulanten keine Chance, es werde nicht an der Preisschraube gedreht. Das zeige sich am Mietpreis pro Quadratmeter, der in München durchschnittlich bei satten 16,70 Euro liegt (auch Preise über 20 Euro sind nicht ungewöhnlich). In Genossenschaftswohnungen zahle man viel weniger, betonte Supka. Sein Vorstandskollege Thomas Schimmel nannte als Beispiel 9,80 Euro pro Quadratmeter. „Das gibt das System her.“
Seinen Worten nach würden viele Gima-Genossenschaften gern noch mehr günstigen Wohnraum anbieten. Allein in den Dachgeschossen der bestehenden Immobilien wäre Platz für 200 Einheiten. Wohnungen zu schaffen, sei aber nicht immer leicht: Wolle man etwa zwischen bestehende Gebäude bauen, also nachverdichten, gelte es unglaublich vielschichtige Faktoren zu beachten: Werden Abstände eingehalten? Müssen Bäume stehen bleiben? Was sagen die Nachbarn? Wie steht’s um den Brandschutz? Und dann gibt es noch den Denkmalschutz. Schimmels Wunsch an Stadt: „Nicht gleich sagen, was nicht geht, lieber gemeinsam Lösungen finden.“ Stadtbaubaurätin Elisabeth Merk erklärte ihre Bereitschaft dazu, spielte den Ball aber gleich zurück und warb für mehr Kooperation – auch mit Blick auf die Nachbarschaften und das das jeweilige Quartier.
Laut der Stadt gibt es mehr als 50 Wohnungsgenossenschaften. Häufig aber haben sie Aufnahmestopp, da die Nachfrage stark gestiegen ist. Am Ball bleiben lohnt sich: Immer wieder gibt es bei bestehenden Genossenschaften neue Chancen, beizutreten. Außerdem gründen sich auch neue Organisationen, die noch Mitglieder suchen. Nachzulesen auf www.bugeg.de, www.wagnis.org, www.progeno.de, www.ko operative-grossstadt.de.
[Merkur, 05.08.2020]