03 Jul

Verfahren mit Mehrwert

Holzkirchen – Die Bürgerinitiative „Gemeinsam anders wohnen“ freut sich über den erfolgten Startschuss der Konzeptvergabe für das gemeindliche Grundstück in der Maitz. „Endlich können wir und andere Holzkirchner Gruppierungen die Früchte ernten, die wir mit unseren Aktionen und unserem Engagement gesät haben“, betont Sprecher Sebastian Oppermann in einer Pressemitteilung.

Es war Ende 2017, als sich der Stammtisch zur Bürgerinitiative „Gemeinsam anders wohnen“ formierte. Es folgten viele Gespräche mit der Gemeinde und Grundbesitzern sowie öffentlichkeitswirksame Aktionen. Anfang 2019 stellte die Bürgerinitiative in der Bürgerversammlung den Antrag, dass Grundstücke von der Gemeinde nur noch in Erbpacht vergeben werden. Dieser Antrag fand zwar die Zustimmung der Anwesenden, nicht jedoch später der Gemeinderäte – einzelne Punkte gingen dem Gremium zu weit. „Nichtsdestotrotz hat die Idee dahinter im Juli 2019 dafür gesorgt, dass der Gemeinderat beschlossen hat, das Grundstück in der Maitz mittels Konzeptvergabe in Erbpacht zu vergeben“, schreibt die Initiative. Kürzlich veröffentlichte das Rathaus die Ausschreibungsunterlagen, bis Anfang Oktober sind nun Bewerbungen möglich (wir berichteten).

„Das Ergebnis zeigt, dass es sich lohnt, sich politisch und gesellschaftlich zu engagieren“, sagt Oppermann. Dieser Startschuss soll in seinen Augen nur der erste von vielen weiteren Konzeptvergaben in Erbpacht sein. „Die Bevölkerung und die Gemeinderäte werden den Mehrwert dieser Art der Wohnraumschaffung aufgrund der zahlreichen kreativen und fundierten Bewerbungen sehr schnell erkennen“, ist sich Oppermann sicher.

Mitstreiter der Bürgerinitiative arbeiten selbst an einer Bewerbung auf das Grundstück in der Maitz. Für Januar 2022 ist der Beschluss des Gemeinderats geplant, im Februar 2022 könnte die Reservierungsphase beginnen.

[Merkur, 03.07.2021]

23 Jun

Mehr Chancen für Ortsansässige

Holzkirchen – Bürgermeister Christoph Schmid (CSU) zeigte sich zufrieden: „Wir geben einen großen Wert der Gemeinde in Erbpacht weiter“, sagte er. Und nach „ein paar „Zwischentiefs“ – die Gemeinde musste sich bei Haushalts- und EU-Beihilferecht juristisch beraten lassen, um sich nicht die Finger zu verbrennen – sei es nun geschafft. Die finalen Vergabeunterlagen für das Konzeptverfahren an der Maitz stehen. Damit beschäftigte sich nun der Gemeinderat in der Sitzung. Natalie Schaller vom Beraterbüro, der stattbau münchen GmbH, stellte alle Kriterien und Eckpunkte vor. 

Hintergrund ist der Wunsch der Gemeinde, günstigen Wohnraum primär für Ortsansässige zu schaffen. Wie berichtet, vergibt der Markt 2300 Quadratmeter gemeindlichen Baugrund am westlichen Ortsrand von Holzkirchen nicht an Höchstbietende, sondern für 80 Jahre in Erbpacht an Gruppen mit einem überzeugenden Konzept für gemeinschaftliches Wohnen. Unter anderem gewürzt mit pfiffigen Ideen in Sachen Gemeinwohl. Zudem müssen Interessenten eine Stellplatzreduzierung von 25 Prozent vorweisen sowie ein Mobilitätskonzept. Sie sollen ferner eine professionelle Begleitung nennen und hinsichtlich Realisierbarkeit und Finanzierbarkeit ihres Projektes überzeugen, erklärte Schaller. Die besten Konzepte gewinnen. 

Zwei Häuser sollen entstehen. Beide sollen an Baugenossenschaften gehen, Baugemeinschaften wurden ausgeschlossen. Auf diese Weise verhindert es die Gemeinde, angesichts der Unterwertvergabe, gegen das Haushaltsrecht zu verstoßen.

Ein Gutachter habe einen Verkehrswert des Grundstücks von 3 510 000 Euro ermittelt. Die Wirtschaftlichkeitsberechnung ergab bei einer Zielmiete von zwölf Euro pro Quadratmeter einen Erbpachtzins von 0,65  Prozent pro Jahr. Der ortsübliche liegt bei 2,5 Prozent. „Damit wäre kein bezahlbares Wohnen möglich gewesen“, meinte Schaller.

Die Abwicklung über eine Genossenschaft verhindere es zudem, gegen das EU-Beihilferecht zu verstoßen. Laut Marktbaumeister Florens Hintler verbietet dieses Gemeinden, Grund zu vergünstigten Konditionen an einen beschränkten Teilnehmerkreis zu vergeben. Zusätzlich sichere sich die Gemeinde über einen Betrauungsakt ab, in dem sauber dargestellt sei, warum es sich hier nicht um einen beihilferechtlichen Vorgang handle.

50 Prozent der künftigen Bewohner sollen einen Ortsbezug haben. Das ist nach Ansicht der Juristen verträglich mit dem EU-Beihilferecht. Ursprünglich hatte die Gemeinde vorgeschlagen, dass Bewerber für mindestens ein Jahr mit Hauptwohnsitz in Holzkirchen leben oder hier arbeiten müssen. Auch Personen, die ein Jahr in Holzkirchen ein Ehrenamt ausführen, sollten zum Zug kommen. Doch diese Vorgaben waren vielen Gemeinderäten zu lasch. 

Michael Wohlschläger (CSU) fand ein Jahr zu kurz. Ihm würden vier bis fünf Jahre besser gefallen. Fraktionskollege Sebastian Franz nickte, man solle die Bedingungen für Ortsansässigkeit verschärfen. Auch Simon Ammer (SPD) möchte Einheimische stärker fördern, genau wie Torsten Hensel (FWG). Dieser glaubt, dass sich das Konzept „als Blaupause für weitere Projekte eignet“. Ähnlich denkt Elisabeth Dasch (SPD). Dann habe sich der Aufwand gelohnt. Robert Wiechmann (Grüne): „Auf das Ergebnis kommt es an.“ 

Ammer fragte, wie man das Kriterium Ehrenamt genau definiert. Schmid räumte ein, dass es schwer sei, Tätigkeiten zu vergleichen. Zumal es aktive und passive Mitglieder in Vereinen gibt. Johannes Dörder (CSU) gab zu bedenken, dass viele Ehrenamtliche vom Wohnungsmarkt verdrängt wurden. Diesen müsste man Chancen geben.

Am Ende einigte sich der Gemeinderat darauf, die Kriterien Hauptwohnsitz, Arbeitsplatz und Ehrenamt auf drei Jahre festzulegen. Einmütig stimmte er dafür, die Grundstücke zu genannten Voraussetzungen zu vergeben. Anhand der Unterlagen soll die Verwaltung das Vergabeverfahren einleiten. 

Termine

Veröffentlichung der Ausschreibungsunterlagen: Freitag, 25. Juni; Abgabefrist für Rückfragen zu den Ausschreibungsunterlagen: Montag, 5. Juli; Rückfragenkolloquium (der Link wird rechtzeitig veröffentlicht): Donnerstag, 15. Juli; Ende der Bewerbungsfrist: Freitag, 1. Oktober. Für Januar 2022 ist der Beschluss des Gemeinderats geplant, im Februar 2022 könnte die Reservierungsphase beginnen. 

[Merkur, 23.06.2021]

16 Jun

„Wir müssen Kompromisse eingehen“

Holzkirchen – Bezahlbaren Wohnraum schaffen war ein zentrales Thema beim Forum Innovation Transformation (FIT) der Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee (wir berichteten). Einer, der das Thema bei der Podiumsdiskussion aufmerksam verfolgt und bei der anschließenden Diskussion Stellung bezogen hat, ist Bürgermeister Christoph Schmid (51, CSU). Wir sprachen mit Holzkirchens Rathauschef, der als ehemaliger Firmenkundenberater bei der Sparkasse das Immobiliengeschäft gut kennt, über Nutzen und Grenzen von Kommunalunternehmen sowie die Frage, warum sich Kommunen beim Wohnraum allgemein so schwertun.

Herr Schmid, wie groß ist aus Ihrer Sicht die Notwendigkeit, bezahlbare Wohnungen zu schaffen?

Grundsätzlich muss man feststellen, dass der Wohnungsbau keine gesetzlich vorgeschriebene Pflichtaufgabe ist. Ich sehe es dennoch als Pflichtaufgabe an. Denn wie wollen wir sonst Ortsentwicklung betreiben und dabei ausreichend Wohnraum sicherstellen? Wobei man erst mal definieren muss, was bezahlbarer Wohnraum eigentlich ist. Denn bezahlt werden die hohen Preise bei uns ja.

Aber halt nicht von den Leuten, die in weniger gut bezahlten Berufen ihr Geld verdienen. Wie viel kostet denn Ihrer Meinung nach bezahlbarer Wohnraum?

Ich sehe ihn realistisch im niedrigen zweistelligen Bereich, also von zehn bis zwölf Euro pro Quadratmeter. Dieser Wert ergibt sich aus den aktuellen Baupreisen, resultierend aus den Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) und dem allgemeinen Qualitätsanspruch. Natürlich gilt diese Preisangabe für neu zu errichtende Gebäude.

Wie groß erwarten Sie den Siedlungsdruck in den nächsten Jahren?

Sehr groß. Wir liegen im Bereich der Metropolregion München. So soll die Landeshauptstadt bis 2045 um 285 000 Einwohner wachsen – das strahlt ab auf Kommunen mit guter Infrastruktur. Und da gibt es eigentlich nichts Besseres als Holzkirchen. Wir sind dankbar, dass wir mit der S-Bahn den Anschluss an den MVV haben, aber wir zahlen auch einen Preis für diese Attraktivität – auch mit dem Verkehrsdruck, der dadurch entsteht, dass man aus anderen Gemeinden nach Holzkirchen kommt.

Warum ist Wohnungsbau Ihrer Meinung nach eine kommunale Aufgabe?

Sinn und Zweck ist es ja, die nächste Generation am Ort halten zu können. Diese Nachwuchssicherung soll bei uns über eine Kombination aus Arbeitsplätzen und Wohnraum geschehen.

Ist ein Kommunalunternehmen der richtige Weg, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen?

Es muss kein Kommunalunternehmen sein. Ich habe beispielsweise vor fünf Jahren als Gemeinderat den Antrag gestellt, dass eine neue Stelle in der Liegenschaftsverwaltung nicht mit jemandem aus der Verwaltung besetzt wird, sondern mit jemandem aus der Immobilienbranche. Das haben wir gemacht – mit Erfolg. Der zentrale Punkt ist: Man braucht im Rathaus Fachkompetenz.

Was spricht denn für ein Kommunalunternehmen?

Der Vorteil ist sicher die eigene Rechnungslegung, denn sonst gehen die Mieteinnahmen im Haushalt der Gemeinde unter. Letztlich leidet dann die Bewirtschaftung des Immobilienbestandes. Aber man braucht eine gewisse Größe. Entweder in der Verwaltung ohne Unternehmen oder beim Wohnungsbestand für ein eigenes Unternehmen. Die Untergrenze für ein Kommunalunternehmen würde ich bei rund 100 Wohnungen sehen. Schon allein wegen des administrativen Aufwandes mit Bilanzierung und Steuerberater sowie einem kleinen Vorstand und einem Aufsichtsrat.

Wäre ein Kommunalunternehmen auf Kreisebene eine Option? Immerhin könnte man so kleinere Gemeinden mitbetreuen.

Ein Zusammenschluss wäre sicher sinnvoll wegen des angesprochenen Aufwands, aber ich bezweifle, ob da der Landkreis die richtige Ebene ist. In der FIT-Diskussion wurde ja die Anregung laut nach einem Masterplan, der gemeindeübergreifend Wohnungsbauprojekte erfasst und aufzeigt, wo man was machen will. Aber genau dem steht die Planungshoheit der Gemeinden entgegen. Man stößt da schnell an Grenzen: Was will der Landkreis mit einem Kommunalunternehmen? Was will welche Gemeinde? Das ist ja derzeit gut beim Thema Ersatzbau des Landratsamts in Miesbach zu sehen, wo der Landkreis bei der Dachgestaltung andere Vorstellungen hat als die für die Bauleitplanung zuständige Kreisstadt. Was aber sinnvoll und vorstellbar wäre, ist ein Kommunalunternehmen, das zwei, drei Nachbargemeinden gemeinsam betreiben. Warum nicht? Aber auf Kreisebene wären die Reibungsverluste wohl zu groß.

Wird das Thema Wohnungsbau von den Kommunen ernst genommen oder eher verdrängt?

Ernst nehmen es alle in Diskussionen, aber das Handeln ist eine ganz andere Hausnummer. Was auch verständlich ist. Man operiert mit sehr viel Geld, das nur langsam zurückfließt. Dafür erhöht sich die Verschuldung zum Teil immens. Außerdem braucht man Kompetenz im Haus, geschultes Personal. Das ist ein eigenes, für viele neues Geschäftsfeld. Da bringt es wenig, die Aufgabe Kollegen aus der Kämmerei zusätzlich auf den Tisch zu legen und zu sagen: Mach das mal mit.

In der Podiumsdiskussion wurde festgestellt: Die Kommunen brauchen einen Plan. Ist ein solcher so einfach zu entwickeln?

Ein solcher Plan muss individuell je Kommune entwickelt werden, und dies ist alles andere als einfach. Man muss den Bedarf kennen und verfügbare Grundstücke haben. Und man darf nicht vergessen: Wir haben es beim Wohnungsbau mit konkurrierenden Zielen zu tun. Einerseits will man mehr Wohnraum, aber man will häufig nicht weiter wachsen und auch nicht weitere Flächen versiegeln. Außerdem muss man sich, wie ich fürchte, von einigen Grundsätzen wohl verabschieden.

Inwiefern?

Ich glaube, dass der kommunale Wohnungsbau mehr in die Höhe gehen muss, um den Platz effektiver zu nutzen und die Kosten für das Grundstück somit auf mehr Wohnfläche umlegen zu können. Dafür gibt es grundsätzlich Zustimmung, „aber bitte nicht bei mir in der Nachbarschaft“. Da ist eine gewisse Doppelmoral vorhanden. Wir müssen uns aber von einigen Erwartungen freimachen und Kompromisse eingehen.

Wie sehen die Ihrer Meinung nach aus?

Da ist die Frage: Muss es immer Eigentum sein oder reicht Erbbaurecht? Denn die Grundstückskosten verteuern eine Immobilie enorm. Barrierefreiheit ist auch ein solches Thema. Sie ist wichtig, aber teuer. Allein schon der Aufzug verbraucht Fläche und verteuert den Unterhalt.

Was schlagen Sie vor?

Vielleicht sollten wir uns mehr trauen, auch mal „quick and dirty“ zu bauen. Zum Beispiel ein kostengünstiges Gebäude, in dem man vielleicht nicht bis ins hohe Alter leben kann, da es eben nicht über alle Etagen barrierefrei ist. Und man muss sich auch mal trauen, ein Geschoss mehr draufzusetzen. Wir kommen in Zukunft nicht darum herum, in die Höhe zu gehen. Auch beim Thema Parkplätze müssen wir umdenken. Da braucht es intelligente Mobilitätslösungen, damit nicht jede Wohnung Stellplätze für zwei Autos nachweisen muss. Wir haben Mobilitätsbedarf, aber es braucht Lösungen, um auf das Auto verzichten und trotzdem auf eines bei Bedarf zurückgreifen zu können. Solche Strukturen zu etablieren dauert – das zeigt unser E-Car-Sharing in Holzkirchen. Aber es beginnt zu laufen.

Das sind einige Zugeständnisse, die Sie da verlangen.

Naja. Vom kommunalen Wohnungsbau erwartet man gerne High-End-Qualität für sieben Euro pro Quadratmeter. Aber das wird sich nicht machen lassen.

Wie kommen Kommunen an Bauland, ohne marktübliche Preise zu bezahlen?

Entweder man entwickelt die Wiese am Ortsrand oder man partizipiert davon, dass ein privater Investor Bauland ausgewiesen haben möchte. Dann kann sich die Gemeinde einkaufen oder an der planungsbedingten Wertsteigerung partizipieren.

Wie plant Holzkirchen?

Wir arbeiten auf mehreren Ebenen: Wir bauen selbst, wir schöpfen einen Teil der Wertsteigerung ab, und wir kaufen uns bei fremden Projekten ein. Dazu entwickeln wir mit der Konzeptvergabe in der Maitz ein sehr spannendes Projekt.

Ist es ein sinnvoller Ansatz, mehr auf zentrumsnahe, seniorengerechte, barrierefreie Wohnungen zu setzen, damit Senioren ihre großen Häuser für Familien frei machen können? 

Wir stellen fest, dass die Bereitschaft, sein Haus zu verlassen, erst noch wachsen muss. Allerdings: Wenn man in seinem gewohnten Umfeld oder Quartier durch einen Tausch bleiben kann, ist das durchaus ein Thema. Viele ältere Leute leben ja zu zweit in für sie viel zu großen Häusern. Generell kann man sagen: Es gibt beim Wohnungsbau keine Blaupause für alle Kommunen. Es ist vielmehr ein Baukastensystem, in dem jede Kommune die passenden Teile finden muss. Also nicht die eine große Lösung, sondern eine Vielzahl an Mosaiksteinen.

Das Gespräch führte Dieter Dorby. 

[Merkur, 14.06.2021]

09 Jun

Landkreis teurer als die Stadt

In der Pandemie haben viele die Vorzüge des Lebens auf dem Land entdeckt. Deshalb ist das Wohnen heute im Landkreis München teurer als in der Stadt. Ralf Hirschberger, dpa 

Seit 2005 steigen die Immobilienpreise in Deutschland kontinuierlich an. Besonders betroffen ist der Großraum München, in dem sieben der zehn teuersten Landkreise Deutschlands liegen. Das zeigt die aktuelle Studie „Wohnen in Deutschland 2021“, eine Zusammenarbeit der Sparda-Banken, dem Institut der deutschen Wirtschaft und dem Institut für Demoskopie Allensbach.

Preissprung

Laut der Studie sind am Wohnungsmarkt keine Einbrüche zu erwarten. Besonders das Umland der Metropolen ist attraktiver geworden und das schlägt sich in den Preisen nieder: Kostete der Quadratmeter im Landkreis München im Jahr 2020 durchschnittlich noch 6314 Euro, sind es dieses Jahr 8301 Euro. In der Stadt selbst sank der Preis sogar leicht auf 7153 Euro. Der Bundesdurchschnitt liegt derzeit bei 2686 Euro pro Quadratmeter. Seit 2018 waren die Preise in der Stadt um nur 4,3 Prozent, im Landkreis aber um 16,8 Prozent gestiegen.

Noch stärker gestiegen als im Landkreis München waren die Preise seit 2005 nur im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen (140,3 Prozent), Augsburg (150,2 Prozent) und dem Spitzenreiter Berlin (165,7 Prozent).

Laut der Studie bedingen vor allem die wegen der aktuell niedrigen Zinsen hohe Nachfrage und das niedrige Angebot in den Ballungsräumen die Preisentwicklung. Viele Menschen zöge es wegen Homeoffice und den pandemiebedingten Beschränkungen des öffentlichen Lebens aus der Stadt. Gefragt seien jetzt weniger eine zentrale Lage und die Nähe zum Arbeitsplatz, sondern gute Luft, mehr Platz und weniger Verkehr. Ein Großteil der Kaufinteressenten wolle aber nicht mehr als 30 Kilometer in die Arbeit pendeln, was den Druck auf den Landkreis München erhöht. Jeder Vierte würde auch mehr als 30 Kilometer und jeder Elfte sogar einen Arbeitsweg über 50 Kilometer in Kauf nehmen. Es sind vor allem die 30- bis 50-Jährigen, die die Städte verlassen, um aufs Land zu ziehen.

Neben den Immobilienpreisen stiegen laut der Sparda-Studie auch die Kaufnebenkosten seit 2010 um 72 Prozent. Kosteten Grunderwerbsteuer, Makler- und Notarkosten vor elf Jahren noch durchschnittlich 25 000 Euro, sind es heute 44 000.

Der Vorstandschef der Sparda München, Helmut Lind, sieht den Verbesserungsbedarf hinsichtlich der Rahmenbedingungen beim Immobilienerwerb: „Gerade für die jüngeren Interessenten sind in den vergangenen Jahren insbesondere die Erwerbs- und Baunebenkosten zu einer großen Hürde geworden.“ 

Baubremse befürchtet

Die Situation könnte sich in Zukunft noch verschärfen: Die politischen Vorgaben für den Klimaschutz werden nach Einschätzung der bayerischen Wohnungswirtschaft den Wohnungsbau bremsen und die Mieten verteuern. „Ich glaube, dass der Neubau bei unseren Unternehmen zurückgehen wird“, sagte Hans Maier, Verbandsdirektor der bayerischen Wohnungswirtschaft. „Wir müssen davon ausgehen, dass das Wohnen teurer wird.“ Im Verband der Wohnungswirtschaft sind 493 Unternehmen Mitglied – zum großen Teil Genossenschaften und kommunale Vermieter, denen über eine halbe Million Wohnungen in Bayern gehören.

Ein wesentlicher Preistreiber wird nach Einschätzung des Verbands das Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2045 sein. Die Große Koalition hatte im Mai den Entwurf des neuen Klimaschutzgesetzes beschlossen. Das beinhaltet verschärfte Vorgaben für Gebäude. Der Bundestag muss das Gesetz noch verabschieden, wesentliche Änderungen sind aber nicht zu erwarten. „Wir müssen mindestens 400 000 Wohnungen pro Jahr in den nächsten 20 Jahren klimagerecht herrichten“, sagte Maier. Im vergangenen Jahr haben die Wohnungsunternehmen 2,2 Milliarden Euro investiert, davon zwei Drittel in den Neubau und ein Drittel in den Bestand. Dieses Verhältnis werde sich drehen, prophezeite Maier.

[Merkur, 09.06.2021]

23 Mai

Neubaumieten werden immer teurer

Zwei Studien belegen Preisanstieg – 270 Euro Differenz zu Bestandswohnung

Dass die Mieten in München teuer sind, ist nicht neu. Wie teuer sie sind, das ist dann aber doch immer wieder unfassbar. Schwarz auf weiß belegen das zwei neue Untersuchungen: der neue „Residential Report Deutschland“ für 2020 der Firma BNP Paribas Real Estate und eine Erhebung des Portals Immowelt.

Der Residential Report dokumentiert die Preisentwicklungen für Mieten und Neubauten in ganz Deutschland für den Zeitraum zwischen 2014 und 2020, aufgeschlüsselt nach einzelnen Städten. München ist ihm zufolge immer noch der teuerste Standort vor Berlin, Frankfurt und Stuttgart.

Außerdem ist die Bayerische Landeshauptstadt unter den Metropolen Deutschlands unangefochtener Spitzenreiter, was Neubaupreise für Eigentumswohnungen betrifft: Ganze 9400 Euro pro Quadratmeter muss man im Schnitt für ein neu gebautes Eigenheim hinlegen – 59 Prozent mehr als vor sechs Jahren. Da waren es noch 5900 Euro pro Quadratmeter.

Aber nicht nur die Baupreise für Eigentumswohnungen klettern unaufhaltsam, sondern auch die Entwicklung der Mietpreise: Vor allem die Entwicklung in und um Schwabing bis nach Freimann ist enorm. Seit 2014 stieg die durchschnittliche Miete von Bestandswohnungen um ganze 53 Prozent. Sie liegt mittlerweile bei 24,25 Euro pro Quadratmeter. In Neuhausen sieht es kaum besser aus: Hier ist die Miete seit 2014 um 49 Prozent gestiegen, der Durchschnitt liegt bei 22,95 Euro pro Quadratmeter. Im oberen Segment von Wohnungen ist die Entwicklung noch weitaus krasser: Seit 2014 sind die Mieten im höherpreisigen Bereich um stolze 64 Prozent gestiegen.

Eine vergleichsweise niedrige Zunahme hat die Gegend von Forstenried bis Obersendling: „Nur“ 31 Prozent teurer sind hier Bestandswohnungen geworden, die Mieten für Neubauten sind um 38 Prozent gestiegen. Immerhin: Zusammen mit Frankfurt hat München die niedrigste Leerstandsquote aller Metropolen zu verzeichnen: Die liegt seit fünf Jahren stabil bei 0,2 Prozent.

Auch für die Zukunft prognostiziert der Report für den Münchner Wohnungsmarkt eine angespannte Situation. Immer weiter und vor allem kontinuierlich steigende Mieten deuten nicht drauf hin, dass sich die Lage entspannen wird. Und auch wenn in den letzten Jahren im Schnitt 7000 neue Wohnungen gebaut wurden, reichen die nicht aus, um die stetig hohe Nachfrage zu decken.

Laut der Studie von Immowelt müssen Mieter in der Bayerischen Landeshauptstadt deutlich mehr für eine Neubauwohnung zahlen als für eine Bestandswohnung. Die Miete für eine neue 80-Quadratmeter-Wohnung mit drei Zimmern im zweiten Stock (Baujahr 2017 und jünger) kostet im Durchschnitt 1570 Euro. Die Angebotsmieten von Bestandswohnungen liegen bei 1300 Euro – und sind damit immer noch deutlich teurer als die von Neubauten in anderen deutschen Städten. So zahlt man etwa in Berlin, Hamburg, Köln und Frankfurt „nur“ 980, 1070, 1010 und 1160 Euro für Neubauwohnungen. Abgeschlagen am Ende der Liste liegt Essen, wo man im Schnitt 680 Euro für den Neubau hinlegt.

Die Differenz zwischen Neubau- und Bestandswohnungsmieten ist mit 270 Euro in München ebenfalls deutlich größer als andernorts. Nur in Stuttgart ist die Kluft noch breiter, die Schwabenmetropole führt mit 310 Euro vor München die Liste an (siehe Grafik). Auch in hochpreisigen Großstädten wie Hamburg und Frankfurt beträgt die Differenz zwischen Neubau und Bestand schon über 200 Euro. In Düsseldorf ist sie mit 130 Euro noch vergleichsweise gering.

[Merkur, 28.04.2021]

22 Mai

Betreiber für Senioren-WG gesucht

Holzkirchen – Die Bürgerbeteiligung ist abgeschlossen, nun nimmt die Planung für das neue Wohnquartier „Winklbauer Höfe“ am Valleyer Weg in Holzkirchen weiter Gestalt an. Der Gemeinderat befasste sich in seiner jüngsten Sitzung mit dem städtebaulichen Entwurf der Quest AG, die als Bauträger auftritt. Es galt zu klären, ob die Marktgemeinde eine geplante Senioren-WG selbst betreibt und ob ein Spielplatz für Kinder ab drei Jahren angelegt werden soll.

Max von Bredow, Vorstandsvorsitzender der Quest AG, bezeichnete den Prozess der Bürgerbeteiligung als „sehr erfolgreich“. Er sehe es als positiv, dass es bereits Anfragen gebe, Wohnungen im neuen Quartier zu kaufen. Dabei halte man sich an das Versprechen, dass Holzkirchner Bürger ein Vorkaufsrecht eingeräumt bekommen. Er habe aber auch E-Mails bekommen, die ihn getroffen hätten, so von Bredow weiter – „nicht in der Sache, aber im Ton“. Wie berichtet, bläst dem Großprojekt mit fünf Mehrfamilienhäusern mit bis zu 70 Wohnungen Gegenwind von Nachbarn entgegen, die die Bebauung als zu massiv empfinden. 

Architekt Christoph von Oefele vom Münchner Architekturbüro n-v-o skizzierte die Idee hinter den aktuellen Quartiersplänen, in denen sich die Wohngebäude mit zwei und drei Vollgeschossen um öffentlich zugängliche Höfe gruppieren. Man wolle damit Treffen und Begegnungen ermöglichen. Während der westliche Hof meditativen Charakter aufweise, sei der östliche Hof ein Ort der Geselligkeit, heißt es in der Entwurfsbeschreibung. Das zum Bahnübergang gelegene „Quartiersgebäude“ mit kleiner Gastronomie, Paketstation und Mobilitätsstützpunkt soll herausgehoben sein, erläuterte der Architekt.

Verkehrsplaner Matthias Reintjes erklärte, dass man Mobilität sicherstellen und zugleich den Verkehr geringhalten wolle. Kapazitäten, das Mehr an Verkehr durch die neuen Bewohner aufzunehmen, seien vorhanden, das habe ein Verkehrsgutachten ergeben. Durch Carsharing und Fahrradverleih wolle man das eigene Auto aber überflüssig machen.

An der Architektur eines Wohnhauses im nördlichen Bereich übte Martina Schweighofer (CSU) Kritik. Es sei zu lang, urteilte auch Wolfgang Huber (SPD), und damit „nicht typisch“ für Holzkirchen. Von Oefele argumentierte dagegen: „Lange Gebäude sind völlig unkritisch, sie haben Ruhe und Kraft“.

Zu weiteren Diskussionen kam es mit Blick auf die Kinder. Die Bayerische Bauordnung eröffnet die Möglichkeit, anstelle einer vorgeschriebenen Errichtung eines Spielplatzes eine Ablöse an die Kommune zu zahlen. Diese kann dann andernorts Spielflächen bauen oder ergänzen. Dass die Quest AG diese Möglichkeit nutzen will, kam bei Sebastian Franz (CSU) nicht gut an: „Eine Ablöse ist kein Trostpflaster, wenn man Kinder woanders hinschiebt.“ Auch Birgit Eibl (FWG) sagte, man könne Kinder nicht ausgrenzen, sie gehörten zum Leben dazu. Von Bredow machte deutlich, dass es nicht um ein Abschieben gehe. „Spielplätze kamen in der Beteiligung aber nicht vor.“ Elisabeth Dasch (SPD) sah in den aktuellen Entwürfen genügend Gelegenheiten für generationsübergreifende Begegnungen: „Es ist doch schön, wenn Opa und Enkel in den Höfen garteln können.“ Gegen die Stimmen von Josef Sappl (CSU), Franz und Martin Taubenberger (FWG) sprach sich der Gemeinderat für die Ablöse aus.

Der Gemeinderat entschied zudem, dass nicht die Marktgemeinde selbst, sondern ein privater Träger eine im Quartier geplante Senioren-WG betreiben und die Räumlichkeiten dafür erwerben soll. Die Quest AG wurde beauftragt, einen entsprechenden Käufer zu finden. Für den Kauf der betreffenden Wohnfläche durch die Kommune hatte zuvor Robert Wiechmann (Grüne) argumentiert. Mit Teilen seiner Fraktion und der CSU schloss er sich der Beschlussvorlage nicht an, die mit 19:5 Stimmen abgesegnet wurde. 

[Merkur, 22.05.2021]

19 Mai

Nachverdichtung möglich machen

Holzkirchen – Die ganze Vielfalt der Holzkirchner Bebauungsgeschichte sei dort zu sehen, sagt Holzkirchens Bürgermeister Christoph Schmid (CSU). Gemeint ist das Areal zwischen der Rosenheimer Straße und den Bahngleisen, am Ortsausgang Richtung Föching nach dem Bahnübergang. Dort stehen Geschossbauten neben Einfamilien- und Doppelhäusern. Und es besteht teilweise Potenzial zur Nachverdichtung, wie aus Schmids Erläuterungen deutlich wurde. Aus diesem Grund hat der Bauausschuss des Holzkirchner Gemeinderats nun den Weg für eine Änderung des entsprechenden Bebauungsplans freigemacht.

Der Bebauungsplan ist der älteste in Holzkirchen, die erste Fassung stammt aus dem Jahr 1963. Um die Nachverdichtung städtebauverträglich zu gestalten, hatte sich die Marktgemeinde die Expertise des Planungsverbands Äußerer Wirtschaftsraum München (PV) eingeholt. Der PV berät seine Mitglieder laut Website in allen Fragen der Ortsplanung.

Eigentlich hätte Architektin Anna-Maria Martin vom PV per Videoschalte an der Ausschusssitzung teilnehmen sollen. Da dies aus technischen Gründen nicht funktionierte, übernahm Schmid selbst, zusammen mit Isabella Britze von der Bauamt-Verwaltung, die Vorstellung des Planungsstandes. Demnach wurde das Gebiet im Norden Holzkirchens in drei Bereiche aufgeteilt. Während der Bereich östlich der Rosenheimer Straße bis hin zu den Bahngleisen (Strecke Holzkirchen – Rosenheim) bereits eine hohe Baudichte aufweist, besteht insbesondere für den nordwestlichen Bereich des Areals, zwischen Lindenstraße und Birkenstraße, Potenzial für Nachverdichtung.

„Da kommt ein Generationenwechsel auf uns zu“, erläuterte Schmid und zielte damit auf einen veränderten Wohnbedarf ab. Dieser entsteht, wenn die Nachkommen der bisherigen Bewohner eigenen Wohnraum in dem Areal benötigen. Es werde beispielsweise nötig, so Schmid, die zulässigen Wandhöhen zu verändern. Laut Beschlussvorlage sollen bei den Nachverdichtungsmaßnahmen das Ortsbild geschützt, die Grundeigentümer gleichbehandelt und Mehrbelastungen vermieden werden. Wie Britze ergänzte, sollen im nächsten Schritt die Bewohner des Gebietes informiert werden.

Eine Änderung des Bebauungsplans, die die Bauamt-Verwaltung anstrebt, betrifft die Änderung der sogenannten Grundflächenzahl (GFZ). Damit wird angegeben, wie groß die Fläche eines Grundstücks ist, die bebaut werden darf. Für den nordwestlichen Teil des Areals habe der Planungsverband eine GFZ von 0,3 vorgeschlagen. Dies erlaube eine deutliche Nachverdichtung, wie es in der Beschlussvorlage heißt.

Wolfgang Huber (SPD) fragte, ob nicht auch im Gebiet westlich der Rosenheimer Straße Nachverdichtungspotenzial bestehe. Das läge an den Eigentümern, erwiderte Schmid und ergänzte, dass die Gemeinde selbst dort keine Grundstücke besitze. Einstimmig nahm der Bauausschuss den Vorschlag der Verwaltung an, wonach der Bebauungsplan 1 seine nun 15. Änderung erfährt.

[Merkur, 19.05.2021]

17 Mai

Rekord bei Wohnraumrettung

München hat seit 1972 eine sogenannte Zweckentfremdungssatzung. Diese regelt, dass Wohnraum auch als solcher genutzt werden muss. Verwendet jemand beispielsweise eine Wohnung als Büro oder als Praxis, ist das nicht erlaubt. Das gilt auch für Vermieter, die Wohnraum mehr als acht Wochen im Jahr als Ferienwohnung anbieten. Ebenfalls ahndet die Stadt, wenn Wohnraum länger als drei Monate leer steht.

2020 hat die Verwaltung 441 dieser Räume mit einer Fläche von rund 29 000 Quadratmetern wieder dem Wohnungsmarkt zugeführt. Ferner wurden Zwangsgelder in Höhe von mehr als einer Million Euro angedroht, Zwangsgelder in Höhe von rund 278 000 Euro eingenommen und Bußgelder in Höhe von fast 740 000 festgesetzt. Das geht aus einem Bericht hervor, der dem Stadtrat am Donnerstag vorgelegt werden soll. Das stellt einen neuen Rekord dar. Zum Vergleich: 2019 hatte die Stadt 350 Wohnungen gerettet, 2018 waren es 359.

Seit 2018 betreibt die Stadt die Plattform www.raum-fuermuenchen.de, auf der jedermann, auch anonym, mutmaßlich zweckentfremdete Objekte melden kann. Dort sind insgesamt 2922 Meldungen eingegangen, 1736 anonym. Bei 785 Hinweisen handelte es sich um Mehrfachmeldungen, das heißt: Hinweise mit Bezug auf denselben Wohnraum. 1254 Hinweise gingen ein wegen des Verdachts, eine Wohnung stehe dauerhaft leer. In 781 Fällen gab es einen Verdacht auf illegale Nutzung als Büro, Praxis oder Arbeiterunterkunft. 81 Mal wurde mutmaßlicher Medizintourismus gemeldet, in 840 Fällen der Verdacht auf eine illegale Nutzung als Ferienwohnung.

Die Verwaltung geht aber auch anderen Hinweisen nach, sodass die Mitarbeiter des Außendienstes 2020 insgesamt 10 047 Wohneinheiten, also im Durchschnitt rund 27 Wohneinheiten pro Kalendertag, geprüft haben. Von den 441 vor einer Zweckentfremdung bewahrten Wohneinheiten waren 75 für gewerbliche Zwecke genutzt worden. 225 Wohnungen standen leer, in 141 Fällen lag eine illegale Nutzung als Ferienwohnung vor.

Grünen-Stadträtin Clara Nitsche sagte am Sonntag, dass sich die Stadt dem Entzug der Wohnungen vom Mietmarkt weiterhin entschlossen entgegenstellen müsse. „Wir fordern daher auch die Landesregierung auf, hier nachzuschärfen, um die Zweckentfremdung noch wirkungsvoller unterbinden zu können. Dazu gehört zum Beispiel eine Registrierungspflicht für Ferienwohnungen.“ Wie berichtet, hatte der Freistaat jüngst eine Verschärfung der Münchner Satzung wieder einkassiert. SPD-Stadtrat Christian Könings Kommentar dazu: „Fatal bleibt leider, dass die Vorgaben der Staatsregierung weiteren kommunalen Handlungsspielraum verhindern. Wir wollen in München alles dafür tun, dass Wohnraum nicht einfach dem Markt entzogen werden kann.

[Merkur, 17.05.2021]

12 Mai

„Zu massiv und zu eng“

Holzkirchen – Die Quest AG bebaut eine Wiese zwischen Valleyer Weg und Angerstraße in Holzkirchen. Geplant sind fünf Mehrfamilienhäuser mit insgesamt bis zu 70 Wohnungen (wir berichteten). Einen Teil davon erwirbt die Gemeinde. Die kürzlich stattfindende Abschlusspräsentation der Bürgerbeteiligung zum Wohnprojekt „Winklbauer Höfe“ hallt nach. Immer mehr kritische Anwohner melden sich nun erneut zu Wort.

Darunter Christoph Gerz, der einen selbst kreierten Alternativplan vorlegt, der allerdings kein Architektenplan sei. Die Reaktion der Anwohner sei negativ ausgefallen. „Die Bürgerbeteiligung war eine Farce“, wettert Gerz. „Von unseren Bedenken wurde nichts aufgenommen.“ Zumindest nichts Wesentliches.

Einfamilienhäuser wünsche er sich nicht. „Wir sehen durchaus die Dringlichkeit, mit der die Gemeinde sozialen Wohnraum schaffen muss.“ Er glaube auch nicht, dass die Gemeinde von der Geschossflächenzahl von 0,8 abrückt. Und ihm selbst gehe es nicht darum, weniger Wohnfläche zu schaffen. Unbehagen jedoch löse so manch architektonische Ausgestaltung aus. Kurz gesagt: „Für uns dominieren die Eindrücke massiv und eng.“ Gerz wünscht sich, dass die Bebauung luftiger ausfällt, ähnlich wie beim Klosteranger in Weyarn, wo Quest ebenfalls als Bauträger auftrat. So schlägt Gerz für Holzkirchen statt drei kleiner Höfe, zwei deutlich größere vor. Und statt fünf Mehrfamilienhäusern drei große Riegel. Seiner Meinung nach könne man dazu näher an die Bahngleise rücken. „Quest geht da den Weg des geringsten Widerstands“, findet Gerz. Um so teure Emissionsschutz-Maßnahmen zu umgehen.

Anwohnerin Silvia Siegel schreibt, dass ihr schon lange klar gewesen sei, dass die Wiese bebaut wird. „Verwunderlich nur, warum ein solches Ausmaß genehmigt wird.“ Die Anzahl der Wohnungen und die Geschosshöhen „schmiegen sich keinesfalls in die Umgebung ein“. Auch das Verkehrskonzept werfe viele Fragen auf. Sie bittet darum, dieses „Mega-Projekt“ zu überdenken. 

Auch Anlieger Georg Sigl hat Bauchweh: Er bedauert es, dass auf ein Schaugerüst verzichtet wird. Auf diese Weise könnte man erkennen, wie massiv die Bebauung werde. Ihm missfällt es, dass Quest die angedachte Spielfläche gegen eine Ablöse weglassen möchte. „Daraus könnte der Eindruck entstehen, nur teure Luxuswohnungen anzubieten.“ Die Gemeinde wachse enorm, deshalb seien Spiel- und Bolzplätze umso dringlicher und mehr wert als eine Geldspende. Wegen der schlechten Erschließung sei das Verkehrschaos programmiert. 

Max von Bredow, Vorstandsvorsitzender von Quest, wehrt sich gegen die Vorwürfe. „Natürlich können wir nicht alle Vorschläge zu 100 Prozent umsetzen.“ Sinn der Bürgerbeteiligung sei es, „den größten gemeinsamen Nenner zu finden“. So komme Quest zum Beispiel dem Wunsch nach Mehrgenerationenwohnen oder einer Gastronomie nach. Ein Spielplatz für größere Kinder sei in der Bürgerbeteiligung nicht platziert worden. Und auch wenn die Neubauten größer als die Gebäude der Umgebung seien, gehe es ebenso darum, Flächenversiegelung zu reduzieren. Näher an die Bahn zu rücken, davon habe ein Gutachter abgeraten. Städtebaulich gesehen würde das aber auch nicht viel verändern.  mar

[Merkur, 12.05.2021]

10 Mai

Von Schrankenbankerln und Miesepetern

Holzkirchen – Die Gefühle nach der Veranstaltung waren gemischt. Manche Zuhörer waren begeistert und schrieben „es war mega“ und „weiterhin so gute Information und Transparenz“. Wieder andere waren enttäuscht: „Auf die Größe wurde in keinem Punkt eingegangen. Inakzeptabel.“ Ein Bürger wünschte sich „nicht so große Häuserriegel sonder lieber kleinere“, ein anderer „Stellplatzangebote für Bewohner am Parkplatz Industriestraße“. Und einer fand: „Den ewigen Miesepetern wird man es nie recht machen.“ Neue Ideen und Konzepte für zukunftsfähiges Wohnen und Leben seien erforderlich.

Mit diesem Feedback endete die digitale Abschlusspräsentation zur Bürgerbeteiligung für das neue Wohngebiet „Winklbauer Höfe“ am Valleyer Weg. Circa 54 Haushalte nahmen am Livestream teil. Dabei wurden der städtebauliche Entwurf sowie das Mobilitäts- und Freiraumkonzept präsentiert, in die Bürgerwünsche eingeflossen waren. Auch Korbinian Kroiss von nonconform, der die Bürgerbeteiligung übernahm, Architekt Christoph von Oefele, Landschaftsarchitekt Uwe Schmidt, Verkehrsexperte Matthias Reintjes und Bürgermeister Christoph Schmid (CSU) waren zugeschaltet. Und natürlich Max von Bredow, Vorstandsvorsitzender der Quest AG, dem Bauträger. „Wir setzen auf kooperatives Bauen“, erklärte dieser.

Wie berichtet, bebaut Quest eine Wiese zwischen Valleyer Weg und Angerstraße. Geplant sind fünf Mehrfamilienhäuser mit insgesamt bis zu 70 Wohnungen. Einen Teil davon erwirbt die Gemeinde. Der Knackpunkt ist die Verkehrssituation. Anrainer befürchten ein Verkehrschaos, zumal es sich jetzt schon am Bahnübergang staue. Gemeinde und Quest wollen mit einem Mobilitätskonzept gegensteuern, das auch Autoverzichtserklärungen enthält. Anwohner hatten zudem die Massivität der Bebauung kritisiert.

Im Rahmen der digitalen Bürgerbeteiligung für das Quartier konnten Bürger und insbesondere Nachbarn Ende März ihre eigenen Vorstellungen in Form digitaler Ideenwerkstätten einbringen. Hier beteiligten sich insgesamt circa 50 Haushalte. Bei einem Ideenbüro in einem Zelt auf dem Projektgrundstück konnten Anwohner am Modell mittels Bauklötzchen die Winklbauer Höfe nach ihrem Geschmack bauen. Diese Aktion besuchten rund 15 Haushalte. „Ziel der Bürgerbeteiligung war es, frühzeitig die Holzkirchner und vor allem die umliegenden Nachbarn in die Planungen mit einzubeziehen und deren Wünsche und Vorstellungen der zukünftigen Winklbauer Höfe abzufragen“, erklärt Bredow gegenüber unserer Zeitung. „Denn nur so ist es möglich, ein Quartier für Holzkirchner Bürger zu entwickeln.“

Dabei kristallisierten sich viele verschiedene Ansätze heraus, die laut Bredow in die Planungen eingeflossen sind: So entstand für die Freiflächen zum Beispiel die Idee eines „Schrankenbankerls“ im südwestlichen Eck des Grundstückes, um das Warten am Bahnübergang erträglicher zu machen. Auch eine Art Quartierspark, wo man unter Bäumen sitzen und Leute treffen kann, wünschten sich die Bürger. Im Gespräch ist ein Gemeinschaftsgarten oder ein gemeinsamer Backofen zum Pizzabacken. Ferner sollen drei öffentliche Durchwegungen des Grundstücks für eine lockere Atmosphäre sorgen. Es soll Geschosswohnungsbau mit kleinen, barrierefreien Wohnungen entstehen. Die Wandhöhe ist auf neun Meter festgelegt. „Dabei ist ein großer Wert auf eine zeitgemäße und regionaltypische Architektur zu legen“, so Bredow. 

Auch soziale Funktionen tauchen in dem Konzept auf: So plant Quest eine Quartiersanlaufstelle. Angedacht ist etwa ein Kiosk – betrieben von Bewohnern, Omas oder Vereinen. Und eine Abholstelle für Pakete. Auch der Wunsch nach einem Mehrzweckraum für Yoga, Musik oder Turnen für Anwohner werde in das Konzept integriert. Genau wie Mehrgenerationenwohnen oder eine Form des Pflegewohnens.

Alternative Mobilitätsangebote in Form von Bike- und Carsharing werden angeboten, berichtet Bredow. Großzügige oberirdische Fahrradabstellmöglichkeiten sollen kommen. Eine Tiefgarage lasse Autos unterirdisch verschwinden, um mehr Aufenthaltsqualität zu ermöglichen. Die Straßen werden als multifunktionale Flächen angesehen. Verkehrsberuhigte Bereiche werden angestrebt.

Am morgigen Dienstag geht die Planung in den Gemeinderat. Und dieser entscheidet dann über das weitere Vorgehen.

[Merkur, 10.05.2021]